Seminar: Ausnahmezustand ohne Ende?

Haus der Jugend, Frankfurt (Deutschherrnufer 12, 60594 Frankfurt)

Perspektiven für den Widerstand gegen ein autokratisches Regime – am Beispiel El Salvadors

Wohin geht der Weg? Demonstration sozialer Bewegungen gegen die Repression in El Salvador am 1.Mai 2023
Wohin geht der Weg? Demonstration sozialer Bewegungen gegen die Repression in El Salvador am 1.Mai 2023. Bildquelle: © Natalia Alberto, Revista FACTum

Auf den ersten Blick waren die Ergebnisse der Wahlen am 4. Februar 2024 in El Salvador wenig überraschend: Während sich Präsident Nayib Bukele verfassungswidrig für eine zweite Amtszeit wählen ließ, holte seine Partei Nuevas Ideas bei den Parlamentswahlen die große Mehrheit der Abgeordnetensitze. Auch bei den Kommunalwahlen im März lag Nuevas Ideas vorne. Bei einer genaueren Analyse zeigen die Wahlergebnisse, dass Nayib Bukele den Zenith seiner Popularität überschritten hat. So hat der Rechtspopulist zwar nach offiziellen Angaben 84 Prozent der gültigen Stimmen erhalten, doch hatte er als Wahlziel 90 Prozent ausgegeben. Zudem wurden zahlreiche Manipulationen bekannt, ohne die Bukele und vor allem Nuevas Ideas deutlich weniger Stimmen bekommen hätten. Es wurden Dutzende Fälle bekannt, in denen die Wahlergebnisse zugunsten des Präsidenten und seiner Partei verändert wurden.

Bitcoin-Desaster und stetig steigende Verschuldung

Das Thema Sicherheit scheint angesichts der wachsenden Armut im Land mittlerweile an Bedeutung zu verlieren. Zugleich erweist sich das Modell Bukele ökonomisch als immer unhaltbarer. Dies wird am Bitcoin-Desaster und der stetig steigenden Verschuldung deutlich. Die Regierung sitzt auf Rechnungen in Höhe von mehreren Hundert Millionen US-Dollar. Im April hat die Regierung Anleihen von fast einer Milliarde US-Dollar mit einer sechsjährigen Laufzeit und zu einer Verzinsung von zwölf Prozent auf genommen – um andere Schuldtitel mit einer deutlich niedrigeren Verzinsung abzulösen, die teils noch gar nicht fällig waren.

„Je mehr Menschen zu den Verlierer*innen gehören, desto mehr könnte Bukele an Rückhalt verlieren.“

Je mehr Menschen zu den Verlierer*innen gehören, desto mehr könnte Bukele an Rückhalt verlieren. Doch zugleich wird er noch weniger bereit sein, auf Kritik zu hören, und noch unerbittlicher gegen jene vorgehen, die sich seinem Modell nicht unterwerfen wollen und Widerstand leisten. Mit einer weiteren Verschärfung der Repression in seiner zweiten Amtszeit und einer zusätzlichen Beschränkung der politischen Spielräume ist also zu rechnen. Zudem setzte Bukele im April 2024 eine – illegale – Verfassungsänderung durch, die ihm noch mehr Möglichkeiten gibt, Gesetze nach Gutdünken zu ändern. Angesichts der Schwäche der Opposition – einschließlich einer zerstrittenen FMLN, die enorm an Bedeutung verloren hat – wird sich Widerstand vor allem „von unten“ entwickeln.

Über die aktuelle politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage in El Salvador und die Perspektiven für den Widerstand gegen die Bukele-Diktatur werden wir beim Tagesseminar mit zwei Expertinnen diskutieren:

Vidalina Morales
Quelle: ADES

Vidalina Morales ist Präsidentin der Nichtregierungsorganisation ADES und seit vielen Jahren im Widerstand gegen Bergbauprojekte in der Region Cabañas. Derzeit koordiniert sie die Kampagne für die fünf Umweltaktivisten der Gemeinde Santa Marta und von ADES, die 2023 unter sehr schweren Bedingungen neun Monate in Haft waren und derzeit im Hausarrest auf ein Verfahren gegen sie warten.


Marisela Ramírez ist Sprecherin des Bloque de Resistencia y Rebeldía Popular, einer zivilgesellschaftlichen Initiative, an der sich mehr als 30 Organisationen beteiligen. Das Bündnis versucht, die Öffentlichkeit durch Mobilisierung, öffentliche Aktionen und Positionierung in den Medien für die Bedeutung der Friedensabkommen von 1992, für die Erhaltung der Grundlagen der Demokratie und gegen die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen während des andauernden Ausnahmezustandes in El Salvador zu sensibilisieren. Marisela gehört auch dem Movimiento de la Juventud Popular Salvadoreña an und ist Koordinatorin des Projekts „Organisation und Advocacy für die Durchsetzung des Rechts der Frauen am Land" im Verband Confras, der sich für eine Agrarreform in El Salvador einsetzt.


Zum Programm:

Am Vormittag sind zwei Vorträge mit ausführlicher Diskussion geplant:

LMarisela Ramírez: (??)
Vidalina Morales: Soziale Kämpfe gegen Bergbau und Repression
Am Nachmittag vertiefen und erweitern wir besprochenen Themen in zwei parallelen Arbeitsgruppen mit den Referent*innen und erörtern Handlungsmöglichkeiten:

El Salvador im Ausnahmezustand – die Zerstörung der Demokratie
Soziale Mobilisierung und Bündnisse gegen die Repression


Anmeldung:

Das Tagesseminar ist Teil des jährlichen Bundestreffens der El Salvador-Solidarität. Es kann separat gegen Spende (Vorschlag: 10 Euro) besucht werden.

Verbindliche Anmeldung bis 20.9. bei Antonia Rodríguez unter: elsalvador@oeku-buero.de Bitte mit einer Angabe, ob Teilnahme am Mittagessen und Nachmittags-Kaffee gewünscht ist. Der Preis ist vor Ort zu entrichten, wegen der Planung der Küche benötigen wir jedoch die Angabe vorab.

Wir empfehlen sehr, am gesamten Bundestreffen teilzunehmen. Dort gibt es viel mehr Möglichkeiten zum Austausch mit den Referentinnen, zum Kennenlernen anderer Gruppen und aktiver Einzelpersonen und zur Vernetzung. Das Bundestreffen beginnt am Freitag, 27.9. um 18 Uhr mit dem Abendessen und endet am Sonntag 29.9. um 13 Uhr mit dem Mittagessen.

 

Veranstaltende:

Infostelle El Salvador (Frankfurt/Main), INKOTA-netzwerk (Berlin), Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V. (München), Zentralamerika-Sekretariat (Zürich)

 

Gefördert durch Engagement Global mit Mitteln des


Sowie durch Aktion Selbstbesteuerung und Brot für die Welt

Haus der Jugend, Deutschherrnufer 12, 60594 Frankfurt

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