Honduras vor den Wahlen: Kein Recht, Menschenrechte zu verteidigen
MÜNCHEN (oekubuero). Vom 1. bis zum 8. September 2017 fand die mittlerweile dritte Delegationsreise des Honduras Forums Schweiz statt, an der unsere Honduras-Referentin im Zuge ihrer Dienstreise als Bürgerin des Nachbar"kantons" ebenfalls teilgenommen hat. Vielen Dank an das Honduras Forum Schweiz für diese Möglichkeit!
Im folgenden der Abschlußbericht der Reise und vorab einige persönliche Eindrücke:
EU-Wahlbeobachtung wird als Billigung illegitimer Wiederwahl verstanden
Hervorhebenswert finde ich unter all dem, was uns vorgetragen wurde, auch die verfassungsrechtlichen Bedenken, was die Wiederwahl des amtierenden Präsidenten Juan Orlando Hernández angeht und die enorme Skepsis im Hinblick auf Unregelmäßigkeiten vor und während der Wahl am 26. November: Druck durch Schlägerbanden in Stadtviertel, Stimmenkauf, das "richtige" Kreuz bzw. die "raya" - der Strich für die Liste der Nationalen Partei - muss z.B. per Handyfoto nachgewiesen werden; Unregelmäßigkeiten bei den Wählerlisten, weiterhin Intransparenz bei der Kampagnenfinanzierung und vieles mehr. Es konsolidieren sich derzeit mehrere Bündnisse gegen den kompletten Bankrott selbst der formalen Demokratie - von realer Partizipation ganz zu schweigen - allerdings in einem Ambiente, das wie wir feststellen konnten, Gewalt und autoritäres Vorgehen normalisiert hat und immer stärker von Repression gegen jegliche Opposition geprägt ist. Die Entsendung von kurzfristigen Wahlbeobachtungsmissionen durch OEA und EU wurde in Honduras ganz eindeutig als Unterstützung für den Wahlprozess "komme was da wolle" und vor allem als Legitimation der Kandidatur von Juan Orlando Hernández interpretiert. Dass alles "business as usual" abläuft und kritische Stimmen gar nicht nach außen dringen, hat bei manchen Frustration, bei vielen auch eine gewisse Resignation hervorgerufen. Dem Sieg JOHs scheint nichts im Wege zu stehen. Wenn ihn noch etwas zu Fall bringt, so die Meinung mehrerer Gesprächspartner*innen, dann nicht der Wählerwillen und schon gar nicht energischer Druck der internationalen Gemeinschaft, sondern nur der Nachweis einer für die USA nicht mehr tolerablen Nähe zum organisierten Verbrechen - der aber bisher nicht geführt wurde.
Neues Strafrecht fördert Kriminialisierung sozialen Protests
Auffallend ist insgesamt die immer weiter fortschreitende Erosion der Gewaltenteilung und der Einsatz des Strafrechts gegen alle, die wirtschaftliche und/oder politische Interessen in Frage stellen, insbesonders auch gegen Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen. Die Delegation konnte aus nächster Nähe miterleben wie Handlungsspielräume für alle, die Rechte verteidigen wollen, inklusive internationaler Menschenrechtsbeobachter*innen, immer weiter eingeschränkt werden. Es ist zu befürchten, dass sich diese Tendenz u.a. aufgrund der skandalösen und rückschrittlichen Reform des Strafgesetzbuches weiter fortsetzen wird. Die Ausarbeitung des neuen Gesetzbuchs wurde von der EU über die spanische Entwicklungszusammenarbeit unterstützt. Es war interessant zu erfahren, dass der spanische Berater, der den Kodex mit auf den Weg gebracht hat, nun offenbar sein Werk als Gehaltsempfänger des honduranischen Kongresses vollendet.
Zermürbungsstrategie gegen soziale Bewegungen
Die meisten Organisationen, die ich im Vorfeld der Delegation oder mit den Schweizer*innen besucht habe, berichteten von unverändert hoher Straflosigkeit in den Fällen von Menschenrechtsverletzungen, die sie angezeigt haben. Das gilt leider insbesondere auch für Hassverbrechen gegen Transgender, Lesben und Schwule. Viele Gruppen scheinen fast nur noch damit beschäftigt zu sein, ihre kriminalisierten Mitglieder zu verteidigen und nach sicheren Räumen oder temporären Ausreisemöglichkeiten für bedrohte Aktivist*innen Ausschau zu halten. Die Repression gegen die Studierenden der Nationalen Universität UNAH und die ganz wenigen Menschenrechtsverteidiger*innen, die es wagen sie zu begleiten und zu berichten, hat extreme Ausmaße angenommen. Vorhandene Schutzmechanismen und Gremien funktionieren gar nicht oder nicht ausreichend; Diskreditierung, Desinformation, Fragmentierung und Angst werden systematisch eingesetzt. Offizielle Diskurse sind von Feindbilddenken geprägt. Manchmal fühlte ich mich an die Counterinsurgency-Strategien des vergangen Jahrhunderts erinnert - nur ohne insurgentes.
Umstrittene Solarkraftwerke im Süden – gleiche Repressionsmuster wie im Fall von Berta Cáceres
Die Delegation befasste sich vor allem auch mit der Situation im Süden des Landes und dort mit der Problematik großer Fotovoltaikanlagen, die von transnationalen Unternehmen mit entsprechender Finanzierung errichtet werden. Am heutigen 28. September beginnt in der Stadt Choluteca ein Prozess gegen 14 Mitglieder von Protestcamps gegen Solarkraftwerke aus sechs Gemeinden, wegen angeblicher Nötigung von Sicherheitspersonal.
Das Muster ähnelt dem der Kriminalisierung von Berta Cáceres und ihrer Organisation COPINH. Seit Bertas Ermordung im März 2016 hat sich nichts an der Verfolgung sozialer Basis- und Umweltorganisationen in Honduras geändert. Vermeintlich "grüne" Energieprojekte werden weiter gegen die Bedürfnisse, Bedenken und Rechte der lokalen Gemeinden rigoros durchgesetzt. Der Beginn der Hauptverhandlung gegen die mutmaßlichen materiellen Täter und Mittelsmänner des Mordes an Berta Cáceres - nicht gegen Auftraggeber und Hintermänner - wird im übrigen für Februar/März 2018 erwartet. Die Nebenkläger*innen werden weiterhin nicht genügend informiert und bekommen bisher keine ausreichende Einsicht in diverse Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft, um ihre Anklage fachgerecht aufbauen zu können. Der Abschlussbericht der internationalen juristischen Unterstützungskommission (GAIPE), die allerdings kein offizielles Mandat hatte, steht noch aus. Als möglicher Termin für die Veröffentlichung wird Oktober 2017 genannt.
Dritte Delegationsreise zur Beobachtung der Menschenrechtslage in Honduras Honduras-Forum Schweiz
01.- 08. September 2017
Einleitung
Das Honduras Forum Schweiz unternahm vom 1. bis zum 8. September 2017 seine dritte Delegationsreise zur Beobachtung der Menschenrechtslage in Honduras. Während acht Tagen sprachen wir Teilnehmenden aus der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen, darunter Menschenrechtsorganisationen, soziale Bewegungen, staatliche Institutionen und internationale Organisationen. Besonders wichtig war uns die Begegnung auch mit den Opfern von Menschenrechtsverletzungen. Ihre schmerzlichen Zeugnisse machten uns die Situation begreiflich, in der sie sich in Honduras gegenwärtig befinden. Die Betroffenen versuchen, mit entsetzlichen Situationen irgendwie zurechtzukommen, ohne dass es seitens des honduranischen Staates irgendeine Reaktion gäbe, die ihnen ein Licht am Ende des Tunnels signalisieren würde. Ohne dass sie Hoffnung auf ein Ende der Straflosigkeit haben könnten und darauf, dass ihre Rechte wiederhergestellt werden. Im Gegenteil - ihr Zustand der Wehrlosigkeit setzt sie immer neuen Todesrisiken aus.
In unserem im Jahr 2015 veröffentlichten Bericht betonten wir unsere hochgespannten positiven Erwartungen wegen der bevorstehende Eröffnung des Länderbüros des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (engl. UNHCHR). Das Büro nahm im vergangenen Jahr in der Tat seine Arbeit auf, und wir konnten uns davon überzeugen, dass es mittlerweile eine bedeutsame Rolle für das Land spielt. Angesichts des starken Drucks, dem es aufgrund seiner Arbeit ausgesetzt ist, rufen wir die internationale Gemeinschaft auf, das Büro des UNHCHR energisch zu unterstützen. Für ihre Hilfe beim Aufbau des Büros des UNHCHR danken wir der DEZA (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit). Wir erachten es als wichtig, dass die DEZA diese Unterstützung fortsetzt, um das Büro weiter zu stärken. Schließlich hat es in einem Land begonnen zu arbeiten, das sich in einer Menschenrechtskrise befindet, mit einer überaus fragilen Rechtstaatlichkeit, welche die Straflosigkeit begünstigt, und die Honduraner*innen völlig wehrlos macht.
Im folgenden Bericht beleuchten wir die Stationen unserer Rundreise und heben Punkte hervor, denen dringend Beachtung geschenkt werden sollte. Wir versuchen, einige der Umstände kenntlich und sichtbar zu machen, die das Leben derer in Gefahr bringen, die ihre Stimme erheben, um Rechte zu verteidigen.
1. Wahlen
Die Frustration und Verzweiflung verschiedener Akteur*innen und Gruppierungen angesichts der Nichterfüllung der Verfassungsgrundsätze bezüglich der Präsidentschaftswahlen im kommenden November ist offensichtlich. Der wachsende Autoritarismus des gegenwärtigen Präsidenten der Republik, Juan Orlando Hernández, und sein Beharren auf Kontinuität im Amt öffnen die Tür für eine Verschärfung all der Praktiken, die einem respektvollen, demokratischen Dialog unmöglich machen. Daraus werden ein immer größerer Zerfall der Gesellschaft und noch mehr Menschenrechtsverletzungen erwachsen. Derzeit ist das Land tief gespalten und man scheint oft nur noch auf die Ergebnisse der Wahlen zu starren.
In vielen Ländern ist die Wiederwahl eines/r Präsidentschaftskandidat/in erlaubt und rechtmäßig. Folglich verstößt sie nicht per se gegen demokratische Spielregeln. Jedoch ist im Falle von Honduras die Tatsache dass der gegenwärtige Amtsinhaber Hérnandez erneut zur Wahl antritt, unrechtmäßig und verfassungswidrig. Darauf hat auch der UN-Menschenrechtsausschuss hingewiesen.(1) Die Wiederwahl an sich kann nur durch die honduranische Bevölkerung mittels einer Volksabstimmung in der honduranischen Verfassung verankert werden. In Honduras erklärten Richter*innen des Obersten Gerichtshofs die Wiederwahl für zulässig. Sie selbst waren allerdings genau zu diesem Zweck vom Parlament dafür ausgewählt worden und haben sich, so unsere Interpretation, schlicht in den Dienst der amtierenden Regierung gestellt. Die Regierungspartei (Nationale Partei) versucht ganz offensichtlich mit allen Mitteln, die Wiederwahl zu legitimieren. Die Tatsache, dass ausländische Missionen, wie die Organisation Amerikanischer Staaten (spanisch OEA) und die Europäische Union bestätigt haben, dass sie Wahlbeobachter*innen ins Land senden werden, wurde von unseren Gesprächspartner*innen als besorgniserregend wahrgenommen, kann diese Zusage doch durch die Nationale Partei zur Legitimierung der erneuten Kandidatur von Juan Orlando Hernández instrumentalisiert werden.
Weiteren Grund zur Sorge bereitet vielen die Tatsache, dass jene Instanz, welche die Transparenz der Wahlresultate überwacht, nämlich das Oberste Wahlgericht (spanisch TSE), ebenfalls mit den Interessen des gegenwärtigen Präsidenten konform geht. Somit stehen dem Land nicht nur illegitime und verfassungswidrige Wahlen bevor. Es kann auch nicht mit Instanzen und Mechanismen rechnen, welche die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit in Bezug auf die Ermittlung der Wahlresultate garantieren könnten. Eine funktionierende Demokratie, in der die ganze Bevölkerung in ihren verschiedenen Facetten repräsentiert ist, muss die Verfassung der Republik respektieren. Wir sind überzeugt, dass das Demokratiekonzept viel mehr umfasst als nur die Stimmabgabe zur Wahl.
Empfehlungen
- In Solidarität mit der honduranischen Bevölkerung und unter Berufung auf die fundamentalen Prinzipien einer Demokratie, drängen wir die honduranische Generalstaatsanwaltschaft und den Obersten Gerichtshof, sofort Verfahren gegen die beabsichtigte Wiederwahl des Präsidenten einzuleiten.
- Wir fordern die ausländischen Beobachtungs-Missionen auf, in ihren Berichten nicht nur den Wahlprozess an sich aufzunehmen, sondern auch über den vorgängigen Kontext und den illegitimen und verfassungswidrigen Charakter dieser Präsidentschaftswahlen zu berichten
2. Demokratie, Rechtsstaat und menschliche Sicherheit
Auf ihren Reisen in den Jahre 2013 und 2015 hat die Delegation des Honduras-Forums Schweiz ihre Besorgnis über eine starke und fortwährende Machtkonzentration des Präsidenten geäußert, auf Kosten der Unabhängigkeit der Legislative und Judikative.
Wir beobachten mit Sorge, dass sich diese Tendenz systematisch fortsetzt. Ein Beispiel war die Entlassung mehrerer Richter des Obersten Gerichts, welche gegen die Spezial-Zonen für wirtschaftliche Entwicklung (ZEDE), bzw. die so genannten Modellstädte, in welchen der Rechtsstaat ausgeschaltet wird und Bürgerrechte inexistent sind, geurteilt haben(i). Nun mussten wir feststellen, dass offenbar auch das Procedere der Gesetzgebung nicht den bestehenden Gesetzen entspricht. In verschiedenen Fällen wurden Gesetzestexte offenbar durch eine Stil-Kommission substantiell verändert, die eigentlich nur redaktionelle Aufgaben hat. Unsere Gesprächspartner*innen nehmen wahr, dass der Rechtsstaat in Honduras immer weiter abgebaut wird, die juristische Unsicherheit hingegen zunimmt und all dies den Interessen wirtschaftlicher und politischer Eliten dient. Die internationale Gemeinschaft sollte davor die Augen nicht verschließen. Beklagt wird auch die vorherrschende Tendenz, offizielle Statistiken über die Mordraten und Gewalt im Land zu manipulieren. Jugendliche Banden werden als alleinige Verursacher der hohen Gewaltraten dargestellt, und strategische Daten, welche den Hintergrund der Gewaltsituation erklären, werden nicht in die Analysen mit einbezogen. Gewaltopfer und Organisationen, die wir befragten, sehen die Urheber der Gewalt oftmals in staatlichen oder para-staatlichen Akteuren sowie beim organisierten Verbrechen.
Im Rahmen dieser Problematik scheint uns besorgniserregend, dass in Betracht gezogen wird, das Alter für die Strafmündigkeit von 18 auf 16 Jahre zu senken. Damit würden internationale Verträge und Abkommen über den Schutz von Kindern verletzt, was wiederum eine Verletzung der durch den honduranischen Staat eingegangenen Verpflichtungen bedeuten würde, wie Luis Pedernera, Mitglied des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes, unlängst anmerkte.(ii)
Auch Frauen sind täglich mit Gewaltsituationen konfrontiert. Die geschlechtsspezifische Gewalt in Honduras zeigt sich in verschiedenen Facetten: eheliche, sexuelle, psychologische, physische und politische Gewalt. Die Ungleichheiten zwischen Honduranern und Honduranerinnen sind enorm groß in Bezug auf fundamentale Rechte, wie den Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung, Arbeitsmöglichkeiten und gleiche Löhne. Indigene, afrohonduranische und kleinbäuerliche Frauen leiden doppelt unter der Geschlechterdiskriminierung. Der Zugang zu Land für Frauen ist erheblich erschwert.
Das gleiche gilt für den Zugang zu Justiz: Das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen an Frauen widerspiegelt sich auch in der Straflosigkeit dieser Verbrechen, die bei 95 Prozent liegt. Vor dem Staatsstreich 2009 wurden rund 218 Morde an Frauen (Femizide) pro Jahr verübt, in den vergangenen acht Jahren stieg die Zahl der registrierten Frauenmorde auf 528 pro Jahr an.
Wir erachten es als wichtig, dass der honduranische Staat seine internationalen Verpflichtungen einhält, um das Problem der Gewalt gegen Frauen bei der Wurzel zu bekämpfen. Die Einhaltung der UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (englisch CEDAW) würde das Problem der Gewalt gegenüber Frauen lösen helfen. Auch die Umsetzung des Zusatzprotokolls der CEDAW, das bisher durch das honduranische Parlament noch nicht ratifiziert wurde, könnte einen großen Beitrag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen leisten.
Eine weitere Gruppierung, die stark von Diskriminierung und Gewalt betroffen ist, ist die LGBTI-Community. Sie ist täglich mit dem Tod konfrontiert. Der Staat kommt seiner besonderen Verantwortung, Hassverbrechen aufzuklären nicht ausreichend nach und sorgt so für einen weiteren Anstieg. Honduras hat sich im Rahmen des Universal Periodic Review (UPR) des UN-Menschenrechtsrates verpflichtet, sich gegen Hassverbrechen einzusetzen. Bisher sind jedoch keine überzeugenden Aktionen erkennbar, die den politischen Willen erkennen liessen, die Gewalt gegenüber Mitgliedern der LGTBI-Community zu beenden.
Die Delegation befasste sich im Rahmen ihres Aufenthaltes auch mit der Reform des Sicherheitssektors in Honduras. Sie umfasst u. a. die Säuberung der Zivilen Nationalpolizei und ein Projekt zum Aufbau einer neuen, bürgernahen Polizei. Wir erfuhren, dass gleichzeitig die Anzahl der Mitglieder der Militärpolizei - insbesondere in Regionen mit wirtschaftlichen Projekte, die mächtige transnationale Unternehmen begünstigen. Wir sehen hier einen nicht nachvollziehbaren Widerspruch dar.
Von den verschiedenen Gruppen, mit denen das Honduras Forum Schweiz sich getroffen hat, haben wir vernommen, dass sich Honduras in einem Prozess der wachsenden Militarisierung befindet. Die Schaffung neuer repressiver Militäreinheiten hat nicht nur hohe Kosten für den Staat verursacht, sondern auch schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen mit sich gebracht.(iii)
„Es marschierten ungefähr 200 Militärpolizisten auf. Sie verschossen Tränengas – kreuz und quer. Wir alle, Kinder, Frauen, Jugendliche und ältere Menschen, waren gleichermaßen von den giftigen Gasen betroffen. Die Ehefrau eines Kollegen erlitt auf Grund der Gaswolke eine Fehlgeburt. Es waren sogar Verbrecher aus dem Gefängnis von COMAYAGUA dabei, um die Polizei bei den Repression zu unterstützen.“
Aussage eines Kleinbauern vor der Delegation des Honduras Forums Schweiz im Hauptsitz von COFADEH
Folter ist, so die Aussage von Opfern und Menschenrechtsorganisationen, in verschiedenen Bereichen eine übliche Praxis, die physische und psychische Integrität der menschlichen Person ist dadurch jederzeit in Gefahr.
„Sie riefen mich vom Telefon meines Sohnes an und sagten mir: ,Alte, deine Kinder sind so oder so tot.‘ Und sie schickten mich sogar zum Bestattungsinstitut, um einen Sarg zu kaufen. Unsere Nachbar*innen aus den Gemeinden kannten die Vorgeschichte und unsere Arbeit. So haben sich acht oder zehn Gemeinden versammelt. Wegen des Drucks dieser Gemeinden haben sie sie dann freigelassen.“
Aussage eines Familienmitglieds bei einem Treffen mit dem Honduras Forum Schweiz, im Hauptsitz von COFADEH
Empfehlung
- Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, ihrer Besorgnis über die Zerstörung des Rechtsstaats in Honduras Ausdruck zu geben und die Resultate der Bekämpfung der Straflosigkeit zu überwachen.
3. Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidiger*innen
Die Delegation des Honduras Forums Schweiz ist sehr besorgt über die steigende Stigmatisierung, Diffamierung und Kriminalisierung von Organisationen und Personen, welche ihr legitimes Recht zur Verteidigung ihrer Rechte ausüben. Hohe Funktionäre des honduranischen Staats führen einen stigmatisierenden Diskurs.(iv)
In den meisten Fällen von Kriminalisierung ist offensichtlich, dass Unternehmen und staatliche Instanzen wie Sicherheitskräfte und Strafverfolgungsbehörden, gemeinsame Sache machen, wenn es darum geht, diejenigen aus dem Weg zu räumen, die sie als Hindernisse für ihre Projekte oder gar als Feinde sehen.
Dieses Muster kam beispielsweise gegen den Koordinierenden Rat der Volks- und indigenen Organisationen von Honduras (COPINH) und dessen ehemalige Koordinatorin Berta Cáceres zum Einsatz. Es war ein wesentlicher Teil der Aktionen, die schliesslich zur geplanten Ermordung von Berta Cáceres führten.
Aber die Kriminalisierung betrifft auch viele andere, die sich für die Menschenrechte einsetzen und sich nach der Ermordung von Berta Cáceres entsprechend positioniert haben. So lancierte etwa das Wasserkraftunternehmem DESA (Anmerkung: Betreiberfirma des Kraftwerks Agua Zarca, gegen das Cáceres kämpfte) eine Klage gegen Suyapa Martínez. Die Frauenrechtlerin Martínez ist Direktorin des Zentrums für Frauenstudien in Honduras (Centro de Estudios de la Mujer-Honduras – CEM-H). Obwohl die Klage vom Gericht abgewiesen wurde, besteht das Unternehmen darauf, den Fall weiterzuziehen.
Ganz ähnliche, konstruierte Klagen werden gegen Miriam Miranda(v), Koordinatorin der Garifuna-Organisation OFRANEH sowie Madeline Martina David, Neny Heidy Ávila y Lety Hernández, lokale Leiterinnen der Gemeinde Guadalupe, Municipio Santa Fe, Trujillo, durch den kanadischen Unternehmer Patrick Daniel Forseth, Geschäftsführer und Rechtsvertreter der Korporation CARIVIDA S.A. de R.K. erhoben. OFRANEH hatte es gewagt, den illegalen Verkauf und Kauf von Gemeindeland der Garifunas anzuzeigen und damit die Machenschaften kanadischer Tourismusunternehmer, u.a. Forseth und Randy Jorgensen(vi) in Komplizenschaft mit lokalen Behörden aufgedeckt.
Die juristische Verfolgung betrifft auch das Gemeinderadio Waruguma(vii), welches von OFRANEH unterstützt wird, und von der Nationalen Kommission für Telekommunikation CONATEL und der Staatsanwaltschaft unter Druck gesetzt wird.
Ein weiterer Fall von dem der Delegation berichtet wurde, betrifft ebenfalls den Kampf für Territorien: Santos Hernández und Abel Pérez aus der Gemeinde Zacate Grande im Süden von Honduras. Die beiden wurden aufgrund ihres Einsatzes gegen den Raub eines Strandstückes kriminalisiert und prozessiert.(viii)
Wir sind besorgt über Verabschiedung und bevorstehende Implementierung des Gesetzes zur Förderung des Tourismus.(ix) In engen Zusammenwirken mit der Einrichtung der so genannten Spezialzonen für Entwicklung (spanisch ZEDE) und der Ausführung des Masterplans für den Golf von Fonseca ist zu befürchten, dass die prekäre Landsituation der Gemeinden sich dort noch weiter verschlechtern wird und die Menschenrechtsverteidiger*innen im Norden wie im Süden des Landes der Entrechtung der Bevölkerung wehrlos zu sehen müssen.
Die Gemeinde Pajuiles in Tela, Atlántida, welche durch die „Breite Bewegung für Würde und Gerechtigkeit“ (Movimiento Amplio por la Dignidad y la Justicia - MADJ) begleitet wird, kämpft um ihr Wasser und das fragile Ökosystem am Fluß Mezapa, das durch ein Kraftwerksprojekt des Unternehmens HIDROCEP bedroht wird.(x) Das Unternehmen, so die Erfahrung der Gemeinde, hat den gesamten Staatsapparat im Rücken, während die lokalen Leitungspersonen durch strafrechtliche Prozesse, Verfolgung, Bedrohungen und Gefängnis kriminalisiert werden. Der honduranische Staat kommt auch hier seiner Verpflichtung zum Schutz der Menschenrechte nicht nach und schlägt sich offensichtlich auf die Seite bestimmter Kapitalinteressen.
Kriminalisierung durch Strafverfahren hat sich zu einer Strategie und einem oft verwendeten Instrument gegen Menschenrechtsverteidiger*innen, Leitung und Basis-Mitglieder von Organisationen und Bewegungen entwickelt. Die Opfer, denen Meinungsfreiheit und Territorien geraubt wurden, sind Übergriffen und Drohungen ausgesetzt und sie werden zusätzlich als mutmaßliche Verbrecher dargestellt. Für ihre Organisationen bedeutet das eine enorme Zermürbung. Anstatt Vorschläge für die Zukunft zu erarbeiten, müssen sie permanent auf die Kriminalisierung reagieren und ihre Mitglieder vor Gericht verteidigen.
Während unserer Delegationsreise erfuhren wir, wie Studierende der Nationalen Autonomen Universität von Honduras (UNAH) kriminalisiert werden. Die Studierenden wenden sich gegen die Erhöhung der Studiennormen und Gebühren als Schritt in Richtung Privatisierung der Nationalen Universität, sie fordern Demokratie und die Erhaltung der Autonomie der Universität und den Bestand ihrer paritätische Mitbestimmung in den Organen der Universität. Im Gegenzug sind sie mit strafrechtlichen Prozessen, Bedrohungen, Verfolgung, Hasskampagnen und Stigmatisierung durch die Behörden konfrontiert.
Die strafrechtlichen Prozesse gegen 60 Studierende werden rasch vorangetrieben, während die Anzeigen wegen Drohungen gegen die jungen Erwachsenen in den Schubladen der Staatsanwaltschaft ruhen. In diesem gewalttätigen Kontext richten sich die Attacken nun auch gegen jene Menschenrechtsverteidiger*innen, welche die Studierenden begleiten.
Am 8. September, dem Tag, an dem das Honduras Forum Schweiz seine Beobachtungsmission beendete, versuchten Tomy Morales, Carlos del Cid und Ariel Díaz elementare Rechte der protestierenden Student*innen zu verteidigen. Sie wurden über mehrere Stunden in einem Kleinbus der staatlichen Ombudsstelle für Menschenrechte CONADEH festgehalten, Polizisten sprühten ihnen schließlich bei ihrer Festnahme Pfefferspray ins Gesicht, und sie trugen, gefördert durch die folgende Untersuchungshaft, teils bleibende gesundheitliche Schäden davon. (http://www.rog.at/pm/honduras-brutaler-polizeiangriff-auf-journalistinnen) Nicht Polizeioffiziere und ihre Vorgesetzten stehen nun, wenige Wochen später, vor Gericht, sondern die drei Menschenrechtsverteidiger*innen. 22 ebenfalls am 8. September 2017 festgenommenen Studierenden droht ebenfalls ein Prozeß.
Die Vorfälle des 8. September sind exemplarisch für die exzessive Gewaltanwendung der staatlichen Sicherheitskräfte, für das signifikante Nichtrespektieren eines Buses der staatlichen Ombudsstelle für Menschenrechte, in dem sich Menschenrechtsverteidiger*innen und Studierende befanden, für die willkürliche und grausame Art der Verhaftungen und der Konstruktion der vermeintlichen Delikte, die ihnen nun zur Last gelegt werden: Begünstigung von Straftaten und Angriff auf die Sicherheit des Staates.
Empfehlungen
- Wir erachten als sehr dringend, dass die aktuelle Reform des Strafrechts an mehreren Punkten rückgängig gemacht wird. Insbesondere gilt das für Paragraphen, die in Gefahr stehen, Terrorismus und organisierte Kriminalität als Vorwand zu benutzen, um das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit einzuschränken und sozialen Protest zu kriminalisieren. Die dazu vom Kongress verabschiedeten Regelungen widersprechen internationalen Standards, wie das auch vom UN-Hochkommissariat für die Menschenrechte in Honduras bestätigt wird.(xi)
- Wir fordern die honduranischen Behörden auf, Kriminalisierungs-Praktiken unverzüglich zu stoppen und Wege zu einem Dialog auf Augenhöhe zu öffnen. Ein solcher Dialog müsste erlauben, unterschiedliche Positionen ernsthaft zu diskutieren und zu verbindlichen Vereinbarungen zu kommen, die auf der Einhaltung der Menschenrechte basieren. Derzeit wird das Strafrecht unzulässigerweise benutzt, um diejenigen einzuschüchtern, die beispielsweise von ihrem Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit Gebrauch machen.
4. Verteidigung der Landrechte
Anlässlich des Besuchs bei den Gemeinden Ranchería, Prado I y Prado II im Süden des Landes erlebte die Delegation des Honduras-Forum Schweiz einige Momente der Solidarität mit den Bewohnern dieser Zone, welche sich in "campamentos permanentes" dem Bau grosser Fotovoltaik-Anlagen widersetzen.
Die Delegation des Honduras-Forum Schweiz stellte fest, dass bei der grossen Mehrheit der Wirtschaftsprojekte in Honduras – seien es Wasserkraftwerke (DESA), Minenprojekte (Aura Minerals), Monokulturen (Bajo Aguán) – die Bevölkerung nicht vorgängig informiert und noch weniger konsultiert wird. Im weiteren brachten die betroffenen Gemeinden ihren Ärger darüber zum Ausdruck, dass sie von der Energieproduktion nicht profitieren, da die Energie auf dem zentral-amerikanischen Markt verkauft wird, und die Gewinne ausschliesslich an die grossen nationalen und transnationalen Firmen fliessen.
Aus diesen Gründen sind Energieprojekte, welche internationale Investoren als „sauber“ betrachten, ein Auslöser für gesellschaftliche und Umweltkonflikte, welche die Entwicklungspolitik des honduranischen Staats charakterisieren.
Diese Entwicklungspolitik konkretisiert sich unter anderem im Gesetz über die Sonderzonen für Beschäftigung und wirtschaftliche Entwicklung (ZEDE, Dekret Nr. 120-2013).(2) In den Gesprächen mit verschiedenen sozialen und zivilgesellschaftlichen Organisationen stellte die Delegation des Honduras-Forum Schweiz eine weit verbreitete Besorgnis über die Durchsetzung dieses neoliberalen Wirtschaftsmodells fest, welches durch die Priorisierung der ausländischen Investitionen in die Rohstoff-, Energie und Tourismuswirtschaft, durch die Privatisierung von staatlichen Mitteln und Firmen, durch die Reduktion der Sozialausgaben und durch die Steuerdegression geprägt ist. Die Delegation ist überzeugt, dass diese Politik nicht der Bevölkerung zugute kommt, sondern zunehmende Armut und Gewalt zur Folge hat.
In den indigenen Territorien kann das offensichtliche Fehlen von Mitsprache der sozialen Organisationen und der Zivilgesellschaft in den Entscheidungen über das Entwicklungsmodell und über Fragen der Nutzung und des Zugangs zu Land und natürlichen Ressourcen durch die Anwendung der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) geregelt und verbessert werden.
Leider wies der kürzlich begonnene Konsultativprozess über das "Gesetz zur vorgängigen, freien und informierten Konsultation" gravierende Mängel und Legitimitätsdefizite auf, indem die wichtigsten Organisationen der indigenen und afro-honduranischen Ethnien, COPINH und OFRAHEH, nicht daran teilnehmen konnten.
Die Sonderberichterstatterin der UNO zu den Rechten der indigenen Gemeinschaften, Victoria Tauli-Corpuz, formulierte anlässlich ihres Besuchs in Honduras die folgenden Empfehlungen: „...der Staat, die internationale Gemeinschaft und die internationalen Organisationen, inklusive das System der Vereinten Nationen in Honduras, insbesondere das UN-Büro des Hochkommissariats für die Menschenrechte in Honduras, arbeiten mit den indigenen Ethnien zusammen bei der Realisierung der nötigen Dialogprozesse zur Entwicklung des Gesetzes der vorgängigen Konsultation und bei der Entwicklung einer Roadmap hierfür...“.(3) Die Delegation des Honduras-Forum Schweiz bedauert, dass sie keine Sitzungen mit Organisationen der indigenen und afrohonduranischen Ethnien durchführen konnte, um deren Meinungen über den Prozess zu erfahren.(xii)
Die Volks- und sozialen Bewegungen, die nationalen und internationalen Menschenrechts-Organisationen, die alternative Kommunikationsmedien, die JournalistInnen, die unabhängigen JuristInnen, kurz gesagt alle, welche Menschenrechtsverletzungen anzeigen, sind einer massiven Stigmatisierung durch Behörden und Massenmedien ausgesetzt.(4) Dieser feindselige Diskurs gegen MenschenrechtsverteidigerInnen fördert alle Arten von Aggressionen. Die Delegation des Honduras-Forum Schweiz ist sehr besorgt über den fehlenden Schutz dieser Personen, insbesondere deshalb, da die nationalen und internationalen Schutzmechanismen nicht ausreichend wirksam sind.
Dieses Klima der Bedrohungen, Verfolgung und Stigmatisierung hat ein solches Ausmass erreicht, dass viele Menschen in ihrem Lebensrecht bedroht sind. Die Bedingungen zur Verteidigung und Förderung der Menschenrechte sind äusserst prekär und haben Honduras zum gefährlichsten Land für UmweltaktivistInnen gemacht, wie die Organisation Global Witness in ihrem Bericht vom Januar 2017 festhält.(xiii)
Auch die internationalen Menschenrechtsbeobachter führen ihre Begleitarbeit unter schwierigen Bedingungen durch. Sie sind grossen Risiken ausgesetzt, weil die internen Schutzsysteme nicht ausreichend funktionieren, aber auch, weil die internationalen Schutzmechanismen wie die Richtlinien der Europäischen Union, der Schweiz und Norwegens zum Schutze von MenschenrechtsverteidigerInnen zu wenig konsequent angewendet werden. Dadurch wird das Recht von Einzelpersonen und Organisationen auf Verteidigung ihrer fundamentalen Rechte verletzt, so wie es die Erklärung über die MenschenrechtsverteidigerInnen festhält, welche 1999 von der Generalversammlung der UNO gut geheissen wurde.(xiv) Die konsequente Umsetzung dieser Richtlinien würde vieles verändern.
Die vorherrschende Situation hat eine Reihe von internationalen MenschenrechtsverteidigerInnen grossen Risiken ausgesetzt, welche nach Honduras kamen, um die Menschenrechtslage in verschiedenen Gemeinden zu beobachten, und um nationale MenschenrechtsverteidigerInnen zu begleiten,.
Empfehlungen
- Wir empfehlen der Regierung, einen ernsthaften Dialog über eine Entwicklungspolitik zu führen, von der auch die Gemeinden profitieren, und welche inklusiv und nachhaltig ist.
- Den Volks- und sozialen Organisationen, nationalen und internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen empfehlen wir, ihre Leistungsfähigkeit auszubauen, um den Kenntnisstand zu verbessern, um den Austausch und die Vernetzung zu stärken, und um eine strategische Vorgehensweise zwischen Gemeinden, Organisationen und Bewegungen zu fördern.
- Wir empfehlen, dass Strategien und Mechanismen für einen wirksameren Schutz gesucht werden. Dabei soll auch die psychosoziale Dimension berücksichtigt werden.
- Wir fordern die ausländischen Vertretungen im Land (Botschaften und Konsulate) auf, ihre Verpflichtungen zur Anwendung der Richtlinien der Europäischen Union,(xv) der Schweizer Richtlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern(xvi) und der norwegischen Richtlinien zum Schutz der Menschenrechtsverteidiger(xvii) wahrzunehmen.
ALLGEMEINE EMPFEHLUNGEN
AN DEN HONDURANISCHEN STAAT
Der honduranische Staat soll eine Kultur der Legitimierung und des Schutzes der Arbeit der Menschenrechtsverteidigerinnen fördern. Deren Arbeit muss durch Medienkampagnen sichtbar gemacht werden; das Thema Menschenrechte muss in die Lehrpläne der Schulen aufgenommen werden; das Gesetz zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen, JournalistInnen, Medienschaffenden und JuristInnen muss in der Bevölkerung bekannt gemacht werden.
AN DIE INTERNATIONALE GEMEINSCHAFT
Der internationalen Gemeinschaft empfehlen wir, sich weiterhin und konstant im Grupo Enlace(5) zu engagierenund einen Mechanismus zu schaffen, welcher sicherstellt, dass den Fälle und Petitionen von MenschenrechtsverteidigerInnen systematisch nachgegangen wird. Ebenfalls soll sichergestellt werden, dass die von den BotschafterInnen umgesetzten Handlungen und deren Resultate in den politischen Dialog mit dem honduranischen Staat einfliessen.
Des Weiteren empfehlen wir die Schaffung eines Netzwerkes von Focal Points der EU-Botschaften, welches die Situation der MenschenrechtsverteidigerInnen überwacht und die Implementierung spezifischer Aktionen im Rahmen der EU-Richtlinien über MenschenrechtsverteidigerInnen in Honduras koordiniert.
AN DIE INTERNATIONALEN ENTWICKLUNGSORGANISATIONEN
Wir fordern die Organisationen, welche in der Entwicklungszusammenarbeit tätig sind, dazu auf, in ihren Projekten Komponenten einzubauen, welche die Rechte der Bevölkerung stärken, sei es, indem Gerechtigkeit und Menschenrechten als Transversalthemen behandelt werden, sei es mit direkte Aktionen zum Aufbau einer Kultur der Respektierung der Menschenrechte.
Wir empfehlen der DEZA, den bewährten Fokus auf Gerechtigkeit und Menschenrechte, der auf eine aktive Förderung des Rechtsstaats und auf die Reduktion der Fragilität des Staates hinarbeitet, weiterzuführen.
Denjenigen NGOs, welche die Proteste der Gemeinden gegen die Installation von Fotovoltaik-Anlagen begleiten, empfehlen wir, die Auswirkungen, welche derartige Fotovoltaik-Anlagen auf die Gesundheit der Menschen und auf die Umwelt haben, zu untersuchen und schriftlich zu dokumentieren. Diese Dokumentation dient als Argumentarium im Kampf gegen Landraub und für die davon betroffenen Personen.
AN DIE ZIVILBEVÖLKERUNG
Die Delegation des Honduras-Forum Schweiz wertet den Ausdruck der Einheit zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen, engagierten Akademikern, Menschenrechts-Institutionen und Aktivisten als sehr positiv. Beispiele hierfür sind die „Coalición contra la Impunidad“ (Koalition gegen die Straflosigkeit); die „Articulación 611“, welche sich für die Durchsetzung und Erfüllung menschenrechtlicher Standards in der Formulierung und Verabschiedung des revidierten Strafrechts einsetzt; das Netzwerk „Desafiando la Impotencia“ („Die Machtlosigkeit herausfordern“), welches sich gegen Frauenmorde einsetzt; und weitere Organisationen. Alle diese Organisationen haben das klare Ziel, die Situation der Straflosigkeit zu beenden, damit die grundlegenden Rechte respektiert werden
Honduras, Ende September 2017
Delegation des HONDURAS-FORUM SCHWEIZ
www.honduras-forum.ch
Bericht übersetzt auf Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch
Kontakt: foro_honduras_suiza@riseup.net
Fotos: Thomas Bachmann – Honduras Forum Schweiz.
Bildtexte: Ökubüro München (sind nicht Teil des offiziellen Berichtes des Honduras Forums Schweiz)
Anmerkungen
(1) In den Schlussfolgerungen des zweiten Universal Periodic Review (UPR) über Honduras, legt das Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen seine Besorgnis über die Wiederwahl des aktuellen Präsidenten, Juan Orlando Hérnandez, dar und gibt zu bedenken, dass er sich damit am Rande der Verfassungswidrigkeit befindet. „Der Ausschuss ist besorgt, ob der Tatsachenvorträge über Unregelmässigkeiten während der allgemeinen Wahlen 2013, unter anderem aufgrund von erkauften Wählerstimmen, Defiziten bei der Aktualisierung des Wahlregisters, fehlender Transparenz bei der Finanzierung der Wahlkampagne und der Möglichkeit eines Betrugs beim Übertragen des Wahlprotokolls an das Oberste Wahlgericht. Zudem ist die Ermordung von mehr als einem Dutzend Oppositions-Aktivisten und oppositioneller Regierungskandidaten während der vergangenen Wahlkampagne besorgniserregend. Das Komitee äußert sich besorgt, dass sich der amtierende Präsident entgegen der in der Verfassung festgehaltenen Mandatsbeschränkung zur Wiederwahl stellt (Art. 6 und 25).“ (Übersetzung Honduras Forum Schweiz) Siehe auch: http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CCPR/C/HND/CO/2&Lang=Sp. Seite 8 ff.
(2) http://www.tsc.gob.hn/leyes/Ley_zonas_empleo_desarrollo_eco_2013.pdf
(3) Beobachtungen der Sonderberichterstatterin für Indigene Völker der UNO über den Implementierungsprozess des Abkommens 169 der Internationale Arbeitsorganisation in Honduras: http://unsr.vtaulicorpuz.org/site/images/docs/special/2017-06-09-honduras-unsr-additional-observations.pdf.
(4) Espacio de Acción de la Sociedad Civil en Honduras: http://www.swisspeace.ch/fileadmin/user_upload/Media/Publications/Essentials/SP_Essential_1701-S-5-WEB.pdf
(5) Der Grupo Enlace ist eine Gruppe der Botschafter der Europäischen Union und der Schweiz, welche gegründet wurde, um die Implementierung der Richtlinien der EU über die MenschenrechtsverteidigerInnen zu koordinieren, um den politischen Dialog zwischen der Zivilgesellschaft und dem Staat zu fördern, und um Anzeigen von Menschenrechtsverletzungen aufnehmend.
(i) http://www.elheraldo.hn/pais/584145-214/vendria-condena-por-despido-de-magistrados
(ii) http://www.laprensa.hn/honduras/1082525-410/criminalidad-edad_punible-onu-maccih-honduras-matar-asesinatos-naciones-unidas-
(iii) http://hondudiario.com/2017/01/02/policia-militar-mato-de-un-disparo-a-joven-en-un-operativo/
(iv) http://criterio.hn/2017/07/11/piden-honduras-cese-hostigamiento-defensores-derechos-humanos/
(v) http://informes.rel-uita.org/index.php/sociedad/item/cuando-defender-la-tierra-es-delito
(vi) http://www.pasosdeanimalgrande.com/index.php/es/amenazas-a-la-libertad-de-expresion/item/1841-miriam-miranda-dirigenta-de-ofraneh-y-tres-defensoras-garifunas-mas-son-querelladas-por-empresario-canadiense
(vii) https://ofraneh.wordpress.com/2017/07/26/amenazan-con-clausurar-la-radio-comunitaria-garifuna-waruguma-en-trujillo/
(viii) http://defensoresenlinea.com/a-cinco-anos-y-un-mes-de-prision-son-condenan-defensores-de-zacate-grande/
(ix) https://ofraneh.wordpress.com/2017/08/02/carta-de-ofraneh-al-congreso-nacional-en-relacion-a-la-ley-de-fomento-al-turismo/
(x) https://www.movimientoamplio.org/single-post/2017/09/01/PRONUNCIAMIENTO-HIDROCEP-irrespeta-acuerdos-del-di%C3%A1logo
(xi) http://www.pasosdeanimalgrande.com/index.php/es/amenazas-a-la-libertad-de-expresion/item/1656-cidh-y-oacnudh-los-estados-no-deben-limitar-los-reportajes-periodisticos-sobre-actos-amenazas-o-promocion-del-terrorismo-y-otras-actividades-violentas
(xii) http://unsr.vtaulicorpuz.org/site/images/docs/special/2017-06-09-honduras-unsr-additional-observations.pdf
(xiii) https://www.globalwitness.org/en/campaigns/environmental-activists/honduras-el-pa%C3%ADs-m%C3%A1s-peligroso-del-mundo-para-el-activismo-ambiental/
(xiv) http://www.ohchr.org/Documents/Issues/Defenders/Declaration/declaration_sp.pdf
(xv) https://www.consilium.europa.eu/uedocs/cmsUpload/16332-re02.es08.pdf
(xvi) http://imumi.org/attachments/2014/directrices-suizas-proteccion-defensoras-ddhh.pdf
(xvii) https://www.regjeringen.no/contentassets/b7384abb48db487885e216bf53d30a3c/mr_spansk_2011.pdf