Vento na Fronteira (The wind blows the border)

Filmstill
Filmstill © Laboratório Cisco

In Kooperation mit dem Nord-Süd-Forum, Pro Regenwald, der Gesellschaft für Bedrohte Völker, Oekom e.V. und Morgen e.V. zeigten wir den brasilianischen Dokumentarfilm „Vento na Fronteira“ und diskutierten mit der Regisseurin Marina Weis und unserer Mitarbeiterin Biancka Arruda Miranda über die in dem Film dargestellten gegensätzlichen Sichtweisen auf ländliche „Entwicklung“ und den Einfluß der Agroindustrie und ihrer Verbände in Brasilien.

Der Dokumentarfilm Vento Na Fronteiera (2022, 117 Minuten, Portugiesisch und Guarani-Kaiowa, mit englischem Untertitel, Regie: Marina Weis und Laura Faerma) beschäftigt sich mit der Vertreibung der indigenen Bevölkerung aus dem brasilianischen Regenwald im Grenzgebiet zu Paraguay porträtiert. Fünf Jahre lang begleitet das Kamerateam den Konflikt um Landrechte, der sich zwischen den Indigenen und nicht-indigenen Landbesitzern sowie der brasilianischen Agroindustrie entfaltet. Auf der einen Seite steht die indigene Lehrerin Alenir Aquino, die sich für ihre Gemeinschaft einsetzt und ihr Recht auf das angestammte Land einfordert. Auf der anderen Seite steht Luana Ruiz, eine Anwältin und Erbin dieser Ländereien, die enge Beziehungen zur Regierung von Jair Bolsonaro pflegt.

Filmstill
Filmstill © Laboratório Cisco

In der Diskussion zum Film ging es um den Kampf um die Territorien, eine Konstante in Brasiliens Geschichte seit der Kolonisierung. Das Publikums war sehr interessiert, mehr über die Verflechtungen und die Macht der Agrarindustrie in Brasilien zu erfahren. Die Referent*innen analysierten, wie mächtig das Agrobusiness auch in der Regierung Lulas ist, da es im Parlament die Mehrheit der Abgeordneten stellt. Im Abgeordnetenhaus (Camara dos Deputados) gehören 300 von 513 Parlamentarier*innen der überparteilichen Fraktion der Ruralistas an und im Bundessenat (Senado Federal) sind es 47 von 81 Senator*innen. Aktuell werden mehr als 100 Gesetzentwürfe und Anträge in beiden Häusern des Kongresses behandelt, die die verfassungsmäßige Rechte der Indigenen in Frage stellen. Meist geht es diesen Vorhaben darum, das Recht auf Demarkierung von indigenem Land einzuschränken. Allein im Jahr 2017 wurden 848 anti-indigene Anträge bearbeitet; von 2015 bis 2017 kam es zu 1.930 Gesetzgebungsinitiativen gegen die Ansprüche indigener Völker.

Während Bolsonaros Regierung wurde eine anti-indigene Politik praktiziert: Nicht ein Zentimeter zusätzlich wurde als indigenes Schutzgebiet demarkiert. Während der ersten Lula Regierung waren sechs Territorien ausgewiesen worden.

Der Indigenen-Dachverband Apib (Articulacao dos Povos Índigenas doe Brasil) wies darauf hin, dass acht weitere Territorien bereits unterschriftsreif demarkiert seien und auf Vollzug warteten. Demnach werden über tausend Territorien von indigenen Völkern beansprucht.

Angesprochen wurde auch die Rolle der transnationalen Unternehmen, die das Agrobusiness finanziell unterstützen. 44 Prozent der Mitglieder des brasilianischen Parlaments waren 2019 Teil der parlamentarischen Interessenvertretung für die brasilianische Agrarindustrie (FPA – Frente Parlamentar Agro), die vom „Institut Pensar Agro“ (IPA) unterstützt wird. Das Institut wiederum wird von mehr als 40 Verbänden finanziert, zu denen laut der Zeitschrift Forbes auch die internationalen Konzerne Bayer, BASF, BRF, JBS, Syngenta, Bunge und Cargill gehören.

Es gab eine rege Debate darüber, wie wir alle zu einem Wandel beitragen können. Die Notwenigkeit, in weiteren Veranstaltungen mehr über die indigene Thematik zu erfahren wurde deutlich. Interesse fand auch die Idee einer Veranstaltung, in der die Lobbyarbeit des Agrobusiness innerhalb der Europäischen Union dargestellt und diskutiert wird.

Gefördert durch Engagement Global mit Mitteln des


Für den Inhalt dieser Publikation ist allein das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V. verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global oder des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder.


Zurück