UN verhandeln Vertrag über transnationale Konzerne und Menschenrechte
Verbindliche Menschenrechtsnormen für Unternehmen sollen festgelegt und Verstöße sanktioniert werden. Deutschland boykottiert die Verhandlungen
Die Vertreterin Ecuadors bei den UN, María Fernanda Espinosa Garcés, wurde zur Vorsitzenden gewählt und beauftragt, die Verhandlungen zu leiten. Nach einem ersten Verhandlungstag einigte man sich auf einen Arbeitsplan, die zu behandelnden Themen und das Verfahren, wie der Dialog geführt werden sollte, um so die Erarbeitung des künftigen internationalen Abkommens in Angriff zu nehmen.
Während des Arbeitstreffens vom 6. bis zum 10. Juli wurden die Positionen und Vorschläge von mehr als 60 Staaten und von rund 200 Vertretern zwischenstaatlicher Organisationen, von internationalen Experten und Vertretern von Organisationen der Zivilgesellschaft gehört. Es wurden die Kriterien bezüglich der Prinzipien vorgetragen, auf denen der künftige Vertrag beruhen soll, seine Anwendungs- und Zuständigkeitsbereiche sowie die Mechanismen der Wiedergutmachung für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen seitens transnationaler Unternehmen.
Die ecuadorianische Delegation betonte, dass jegliche Verletzung der Menschenrechte, die sich aus dem Agieren oder aus der Unterlassung transnationaler Unternehmen herleite, einbezogen sein sollte. Außerdem sollten Mechanismen geschaffen werden, um die Unausgewogenheit zu korrigieren, die zwischen der Macht dieser Unternehmen und dem Zugang, speziell der Opfer von Menschenrechtsverletzungen, zu Regulierungsmechanismen, Schlichtung und Wiedergutmachung besteht.
Ecuador wies außerdem darauf hin, dass das künftige Instrument die Verantwortlichkeit der Staaten festlegen müsste, um zu garantieren, dass die auf ihrem Territorium und unter ihrer Rechtshoheit niedergelassenen transnationalen Unternehmen auf effektive Weise die Menschenrechte schützen. Der Vertrag müsse außerdem sicherstellen, dass die Staaten in ihren jeweiligen Rechtssystemen die Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen zulassen, die auf ihrem Territorium angesiedelten Unternehmen zugeschrieben werden, auch wenn diese Verletzungen in anderen Ländern begangen wurden.
Der auf dieser Sitzung angenommene Bericht wird dem Menschenrechtsrat auf dessen 31. ordentlichen Sitzung im September dieses Jahres vorgelegt werden. Danach wird das zweite Arbeitstreffen einberufen.
Bereits vor 40 Jahren sahen sich mehrere Staaten und Organisationen der Zivilgesellschaft veranlasst, die Einrichtung eines Instruments vorzuschlagen, das die Tätigkeit der transnationalen Konzerne und die Einhaltung der Menschenrechtsstandards regulieren soll.
Erst mit der von Ecuador und Südafrika eingebrachten Resolution, die im Juni 2014 vom UN- Menschenrechtsrat verabschiedet wurde, nahm dieser Prozess konkrete Formen an. Eine Expertengruppe zur Entwicklung verbindlicher Menschenrechtsnormen für Unternehmen wurde eingesetzt.
Deutschland stimmte gegen die Resolution und boykottiert die Verhandlungen ebenso wie die übrigen, im Menschenrechtsrat vertretenen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und die USA, Japan sowie Südkorea. Die 2011 verabschiedeten "31 Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte" seien ausreichend, heißt es zur Begründung. Diese verpflichten Unternehmen, Menschenrechte zu respektieren, regelmäßige menschenrechtliche Risikoanalysen bezüglich ihrer Aktivitäten vorzunehmen und gegebenenfalls Abhilfe zu schaffen. Auch geht es um die Rechtsmittel, mit denen die Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen die erlittenen Schäden geltend machen und Wiedergutmachung erlangen können. Allerdings enthalten die Leitprinzipien keine verbindlichen Regelungen, wie sie durchgesetzt und Verstöße sanktioniert werden sollen. Eben dies soll durch das jetzt verhandelte Abkommen geändert werden.
Quelle: https:/amerika21.de/2015/07/125187/konzerne-und-menschenrechte">