Rechtsruck bei Präsidentschaftswahlen in Guatemala
Ex-General Otto Pérez Molina liegt nach Hochrechnungen vorn, muss aber in die Stichwahl. Ergebnis weniger deutlich als erwartet
Guatemala-Stadt. Bei den Präsidentschaftswahlen in Guatemala hat der hoch favorisierte Ex-General Otto Pérez Molina die absolute Mehrheit vermutlich überraschend deutlich verpasst. Nur gut ein Drittel der Wähler scheinen sich im ersten Wahlgang für ihn ausgesprochen zu haben. Das geht aus ersten Hochrechnungen hervor, die am Abend (Ortszeit) veröffentlicht wurden.
Die Meinungsforschungsunternehmen, die den überwiegend konservativen Medien zuarbeiteten, hatten ihm vor den Wahlen noch 44 bis 49 Prozent vorausgesagt. Sollte sich der Trend bestätigen, dann würde sich Pérez Molina in wenigen Wochen in der Stichwahl dem überraschend starken Zweitplazierten, Manuel Baldizón, stellen müssen. Dieser kommt den Hochrechnungen zufolge auf über 20 Prozent der Stimmen. Er wird von Beobachtern als Rechtspopulist bezeichnet. Rigoberta Menchú, die einzige Kandidatin, die das Linke und das Spektrum der Maya repräsentiert, bliebe demnach bei etwas über zwei Prozent Stimmenanteil, obwohl die indigene Bevölkerung rund 40 Prozent der Bevölkerung ausmacht.
Im Parlament zeichnet sich derweil eine unübersichtliche Sitzverteilung ab. Die Partei des Ex-Generals Pérez Molina, die konservativ-liberale "Patriotische Partei" (PP) würde demnach als stärkste Partei nur rund ein Viertel der Stimmen auf sich vereinigt haben. Zweitstärkste Fraktion wäre die derzeitige Regierungspartei UNE, die für die Präsidentschaft keinen Kandidaten hatte einschreiben können. Der Frau des Präsidenten, Sandra Torres, war dieses Recht aberkannt worden, weil die Verfassung es auch Familienangehörigen verbietet, sich zur Wahl zu stellen.
Der Wahltag war von kleineren Zwischenfällen, aber offenbar von keinem systematischen Versuch gekennzeichnet, Einfluss auf das Gesamtergebnis auszuüben. Auffallend ist auch der mit fünf Prozent relativ hohe Anteil an ungültigen Stimmen. Dies spiegelt möglicherweise die hohe Frustration der Bürger wieder, auf die zuvor verschiedene Studien hingewiesen hatten. Trotz der Überraschungen bestätigen die Hochrechnungen insgesamt einen deutlichen Rechtsruck in der politischen Landschaft des Landes. Besorgniserregend ist auch die Tatsache, dass mit der UCN eine Partei deutliche Stimmenzuwächse verzeichnen konnte, die in der Vergangenheit immer wieder mit Sektoren des organisierten Verbrechens in Verbindung gebracht wurde. Unübersichtliche Mehrheitsverhältnisse würden zudem die Regierungsfähigkeit des Präsidenten negativ beeinflussen.
Der Wahlsieger PP hatte die Politik der aktuellen Regierung erheblich gestört. So wurden allein 13 Plenarsitzungen dafür benutzt, den Innenminister mit dem Ziel zu befragen, ihn vor den öffentlichen Pranger zu stellen. Sollte jetzt die UNE im Kongress die zweite Macht darstellen, würde sich die Blockade des Kongresses fortsetzen können. Guatemala wird von internationalen Beobachtern teilweise als "gescheiterter Staat" und teilweise als "fragiler Staat" charakterisiert. So sorgen die Gewinne aus dem Drogenhandel jährlich für mehrere Milliarden US-Dollar, die in die Wirtschaft fließen. Die westlichen Staaten reduzieren derweil ihr entwicklungspolitisches Engagement. Stattdessen stehen Europa und Zentralamerika vor dem Abschluss eines internationalen Freihandelsabkommens.
Quelle: Portal amerika21.de