Heute vor 20 Jahren startete Linux
das Betriebssystem veränderte die Computerwelt
Von Uwe Sievers 25.08.2011 / Wirtschaft
Frei verfügbar und veränderbar
Heute vor 20 Jahren startete Linux – das Betriebssystem veränderte die
Computerwelt
Als der finnische Student Linus Torvalds 1991 seine Kenntnisse über
Betriebssysteme vertiefen wollte, programmierte er etwas zusammen, das heute
die Grundlage für den Betrieb zahlreicher Rechenzentren, Smartphones und
DSL/WLAN-Router bildet: Linux wird heute in vielen Geräten eingesetzt, ohne
dass deren Benutzer dies ahnen.
Betriebssysteme sind die grundlegende Software jedes Computers, denn sie
bilden die Schnittstelle zwischen Hardware und Anwendungsprogrammen wie
Textverarbeitung, Internet-Browser oder Musik-Player. Vom Betriebssystem hängt
ab, welche Anwendungs-Software auf dem Computer verwendet werden kann.
Anfang der 1990er Jahre war ein frei verfügbares Betriebssystem eine
Sensation. Ähnliches wurde zwar bereits zuvor versucht – Minix, vom
niederländischen Informatikprofessor Andrew Tanenbaum entwickelt, hatte aber
zu viele Einschränkungen. Deshalb begann der finnische Student Linus Torvalds
auf der Basis dieses Systems sein eigenes zu entwickeln – Linux. Diese
Bezeichnung setzt sich zusammen aus seinem Vornamen und dem Wort Unix. Dieses
dient als Oberbegriff für eine Gruppe von Betriebssystemen, die auf einem
Computer gleichzeitig mehrere Programme verschiedener Benutzer ausführen
können. Das erste Unix wurde um 1970 herum vom US-Telefongiganten AT&T
entwickelt. Dieser ließ die Bezeichnung Unix als Marke schützen, weshalb alle
daraus abgeleiteten Entwicklungen mit ähnlichen Kürzeln benannt wurden.
Die Hauptkomponente aller Unix-Systeme ist der Kern – ein solcher wurde von
Torvalds entwickelt und heute vor 20 Jahren freigegeben. Der Kern alleine
reicht aber nicht aus, um mit einem Computer zu arbeiten. Bereits Mitte der
1980er Jahre begann die Entwicklung weiterer Betriebssystem-Komponenten,
initiiert von Richard Stallman. Der war genervt von kommerzieller Software, in
der er Fehler fand, die er nicht beseitigen durfte. Er gründete die »Free
Software Foundation«, um Programme zu entwickeln, die sowohl frei verfügbar
als auch frei veränderbar sind. Die so entstandenen Hilfsprogramme und
Entwicklungswerkzeuge ließen sich hervorragend mit der Software von Torvalds
kombinieren. Nun konnte ein Computer ausschließlich mit freier Software
eingesetzt werden.
In Deutschland begannen Linux-Enthusiasten 1992, etwas zu dessen Verbreitung
und Weiterentwicklung beizutragen. Sie betrieben ein Linux-System als Mailbox
– dies war vor dem Internet die gängige Form des Datenaustauschs unter
Computer-Freaks – und nannten es Interworld. Zu dieser Zeit war Software
teuer, einige Betriebssysteme kosteten eine vierstellige Summe. Das war nicht
nur für Studenten untragbar. Linux als Alternative war daher sehr gefragt,
aber schon die Installation erforderte fundiertes Fachwissen.
Dies war der Anlass für die Entstehung der ersten Linux-Distributionen:
Fachleute stellten alle für den Betrieb notwendigen Elemente zusammen, packten
die wenigen frei verfügbaren Anwenderprogramme hinzu und versahen das Ganze
mit der grafischen Benutzeroberfläche X11. Hinzu kam ein
Installationsprogramm, und nun konnten Mutige das aus rund 20 Disketten
bestehende System ohne Hilfe eines Programmierers installieren. Mitte der 90er
Jahre entstanden ständig neue Distributionen. Deutschland und die
skandinavischen Länder bildeten Hochburgen der Linux-Entwicklung. Auch die
verbreitete Büro-Software OpenOffice, unlängst in LibreOffice umbenannt, hat
deutsche Wurzeln.
Heute existieren weder die damals entstandenen Distributionen noch die dazu
gegründeten Firmen. Wer sich an die Installation nicht alleine heranwagen
will, findet auf den vielerorts stattfindenden Installationspartys
Unterstützung. Linux hat die Außenseiter-Nische verlassen. Viele namhafte
Großkonzerne beteiligen sich heute an der Weiterentwicklung, darunter auch
Microsoft.
Aus dem Experiment eines Studenten wurde eine neue Form internationaler,
gemeinschaftlicher Software-Entwicklung. War Linux einst angetreten im Kampf
gegen Microsofts Windows, hat es den Sieg aber vor allem bei den
Server-Betriebssystemen in den Rechenzentren davongetragen. Die dort ehemals
eingesetzten Unix-Varianten sind vom Markt verschwunden oder haben an
Bedeutung verloren. Hingegen ist Windows immer noch Marktführer.
Unser Autor war Mitbegründer der ersten Linux-Mailbox in Deutschland.
QUELLE:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/205200.frei-verfuegbar-und-veraenderbar.html