Für die Freiheit der Oligarchie
Die FDP-nahe Friedrich-Naumann Stiftung arbeitet eng mit den putschistischen Eliten in Honduras zusammen
Auch in Honduras soll sich die Friedrich-Naumann-Stiftung für liberale Werte einsetzen. Doch die der FDP nahestehende Organisation ergriff Partei für die Putschisten.
Genau einen Monat vor dem zweiten Jahrestag des Staatsstreichs in Honduras ist der damals gestürzte Präsident Manuel »Mel« Zelaya ins Land zurückgekehrt. Am 28. Mai landete er in der Hauptstadt Tegucigalpa, wo ihn knapp eine Million Anhänger erwarteten. Doch auch von Repräsentanten der nach dem Putsch gebildeten Regierung unter dem amtierenden Präsidenten Porfirio Lobo wurde er empfangen.
Beide Seiten versprechen sich von der Rückkehr Zelayas eine politische Entwicklung in ihrem Sinne. Sowohl die Opposition, die die marginalisierte Bevölkerungsmehrheit hinter sich hat und sich eine Stärkung der Widerstandsbewegung erhofft, als auch die Putschisten, die die Interessen der Oligarchie sichern und glauben, es werde ihre Legitimität stärken, dass sie die Rückkehr des gestürzten Präsidenten gestatten. Letztlich hängt es von Zelaya ab, ob er seine Popularität nutzen kann, um mit der starken außerparlamentarischen Opposition soziale Reformen zu erwirken, oder ob er die einst größte Partei des Landes, die Liberalen, wiedervereint und eine zweite Amtszeit anstrebt. An Zelayas Seite waren bei seiner Rückkehr nur Mitglieder seiner Partei zu sehen.
Die Liberalen sind seit dem Putsch gespalten. Dazu beigetragen hat die der FDP nahestehende »Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit« (FNS), die in Honduras für die Putschisten Partei ergriff. »Ich bezeichne mich immer noch als überzeugten Liberalen, aber ich kann kein System unterstützen, das aus einem Putsch hervorgegangen ist«, sagt Olvin Mondragon. Er hat als studierter Jurist den Artikel 2 der honduranischen Verfassung oft genug gelesen, um zu wissen, dass er das Recht hat, sich gegen Gewaltherrschaft aufzulehnen. Wie die Häfte der Liberalen ist er aus der Partei ausgetreten, er hat sich der Widerstandsbewegung angeschlossen.
Bitter enttäuscht ist Mondragon von der Institution, die einst sein Weltbild prägte, der Dependance der Friedrich-Naumann-Stiftung in Tegucigalpa. Als ehemaliger Stipendiat war er bis zum Putsch für sie als Ausbilder tätig. »Wir hatten erwartet, dass eine Debatte stattfindet, aber direkt nach dem Putsch wurde diesem autoritär zugestimmt«, berichtet Mondragon. Christian Lüth, Projektleiter für Guatemala, Nicaragua und Honduras, ließ keine 24 Stunden verstreichen, bevor er auf der Homepage der Stiftung den Putsch als eine »Rückkehr zu Rechtsstaat und zu Verfassungsmäßigkeit« bezeichnete.
Gemeinsam mit anderen Ausbildern der FNS verfasste Mondragon einen offenen Brief, der im Oktober 2009 in der honduranischen Tageszeitung La Tribuna veröffentlicht wurde. Danach hat die Stiftung jeglichen Kontakt zu den Kritikern abgebrochen. »Seit der Spaltung sind in der FNS nur stramme Putschisten zu finden. Stipendien werden nur noch an Jugendliche aus dem eingeschworenen Zirkel der Oberschicht vergeben. Sie ist eine Institution der Elite geworden«, sagt Mondragon. Besonders wütend macht ihn, dass er einst im Dienste der FNS im ganzen Land Seminare zu Meinungsvielfalt und Menschenrechten veranstaltet hat. »Das sind im Endeffekt alles nur leere Worthülsen gewesen«, resümiert er. Dass die Menschenrechte mit dem Putsch außer Kraft gesetzt wurden, bekam er schon wenige Wochen später zu spüren, als sein Vater auf einer Demonstration festgenommen und dann gefoltert wurde.
Von Massenverhaftungen und politischen Morden, dem Einsatz des Militärs gegen Demonstranten, der Aufhebung der Meinungsfreiheit, Ausgangssperren und Ausnahmegesetzgebung scheint Christian Lüth auch in der Folgezeit nichts mitbekommen zu haben. Weiterhin spricht er nicht von einem Putsch, sondern von einer Präsidentschaftsnachfolge. »Wenn beide großen Parteien im Parlament sagen, wir wollen, dass jetzt ein anderer Präsident wird, muss man da ein bisschen differenzieren«, sagte er noch im vergangenen Dezember. Lüth hat seine politische Einstellung nicht nur in Deutschland vertreten, sondern auch direkt die politischen Prozesse an Ort und Stelle beeinflusst. So trat er kurz nach dem Putsch im Jahr 2009 im gleichgeschalteten honduranischen Fernsehen auf, um darzulegen, dass die FNS nun schon seit 25 Jahren im Land tätig sei und deshalb beurteilen könne, dass gerade alles rechtmäßig zugehe.
Der Stiftungsleiter habe seine Befugnisse überschritten, meint Roberto Martínez, ehemaliger honduranischer Botschafter in Berlin. »Christian Lüth pflegt in Honduras vor allem Beziehungen zum einflussreichen Machtkapital. Das hat ihn meiner Meinung nach ethisch überfordert. Er vergaß im Glanz der Reichen seine Aufgabe der politischen Bildungsarbeit. Stattdessen hat er eine aktive Rolle in der honduranischen Politik übernommen, die ihm als Stiftungsleiter nicht zusteht.« In seinen öffentlichen Aussagen hat Lüth bewusst das falsche Bild vermittelt, dass die deutsche Regierung den Putsch befürworte.
»Die Haltung der Friedrich-Naumann-Stiftung ist nicht unsere Haltung«, betont hingegen Karl-Heinz Rode, der deutsche Botschafter in Honduras. Deutschland hat die Putschregierung Roberto Michelettis nie anerkannt, die diplomatischen, entwicklungspolitischen und ökonomischen Beziehungen wurden von der EU nach dem Amtsantritt Porfirio Lobos jedoch wieder aufgenommen. Lobo kam durch illegitime Wahlen unter dem Militärregime an die Macht, zu denen noch nicht einmal internationale Beobachter entsandt worden waren. Von einer Rückkehr zur Demokratie konnte nicht die Rede sein, doch die EU-Botschafter bezogen wieder ihre Residenzen in Tegucigalpa.
»In der EU glaubt man, dass hier Wiederversöhnung und Friede unter tropischer Sonne herrsche, aber dem ist nicht so«, sagt Rasel Tomé, ein Berater Zelayas. Wie alle Liberalen im Widerstand distanziert er sich entschieden von der FNS, durch deren Schulung sämtliche liberale Kongressabgeordneten gegangen sind. »Wenn die deutschen Liberalen meinen, dass der Putsch so sehr zur Demokratisierung beigetragen hat, dann sollten sie doch ein solches Projekt mal in Deutschland angehen. Die Zahl der politischen Morde hat hier nie abgenommen, und unter Lobo ist die Repression auf dem Land so systematisch wie alltäglich geworden.«
In der Region Bajo Aguán vertreibt das Militär Bauern, die sich in Landkonflikten den Ansprüchen der Großgrundbesitzer widersetzen. Für die mittlerweile mehr als 30 Morde an Bauern und Journalisten werden allerdings die Paramilitärs Miguel Facussés, des einflussreichsten Unternehmers in Honduras, verantwortlich gemacht. Facussé besitzt große Palmölplantagen, die als Projekte der erneuerbaren Energieproduktion von der Weltbank und europäischen Investitionsgesellschaften finanziert werden. Als Vorsitzender der Industriellenkammer wird Facussé von Christian Lüth »politisch beraten«. Nach eigenen Angaben rät ihm Lüth, sich »auf dem Boden der Gesetze« zu bewegen. Anscheinend mit wenig Erfolg.
Die dubiose Beratungstätigkeit Lüths und der FNS beschränkt sich nicht auf Honduras. Im guatemaltekischen Wahlkampf unterstützt die FNS den ultrarechten Präsidentschaftskandidaten Otto Pérez Molina, einen ehemaligen General und Geheimdienstchef. Molina war als junger Offizier für die schlimmsten Massaker des Bürgerkriegs verantwortlich. Die strategische Beratung in Wahlkampffragen und die damit verbundene Einflussnahme auf innere Angelegenheiten der Gastländer gilt nach den Grundsätzen deutscher Stiftungsarbeit im Ausland, wie sie vom Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung festgelegt worden sind, als Amtsmissbrauch.