Zwei Jahre Regierung Xiomara Castro in Honduras: Die Grautöne überwiegen

Xiomara Castro bei ihrer Ansprache am 28. Januar zu zwei Jahren Amtszeit
Xiomara Castro bei ihrer Ansprache am 28. Januar zu zwei Jahren Amtszeit, Quelle: Partido Libre

Militarisierung und fehlender Schutz für Menschenrechtsverteidiger:innen in der Kritik. Situation von Kleinbäuer:innen und Indigenen weiter prekär

Von Andrea Lammers
amerika21

Tegucigalpa. Die Mitte-links Regierung der Partei Libre von Xiomara Castro ist Ende Januar 2022 angetreten, um die Strukturen des seit dem Putsch 2009 errichteten korrupten Narcostaates zu demontieren und Grundlagen für eine Neugründung von Honduras zu legen.

Zur Mitte ihrer Amtszeit fällt die Bilanz nach Auffassung der meisten Analyst:innen allenfalls gemischt aus.

Neben der Aufnahme diplomatischer Beziehung zur Volksrepublik China hob Castro in ihren jüngsten Ansprachen innenpolitische Erfolge hervor. Darunter die Auflösung privater Treuhandgesellschaften, die Milliarden an öffentlichen Geldern verwaltet hatten, den Wiederaufbau der ausgeplünderte staatlichen Energiegesellschaft, staatliche Investitionen und Transferleistungen etwa in die Landwirtschaft, Infrastruktur und Armutsbekämpfung sowie einen Rückgang der allgemeinen Mordrate um zehn Prozent.

Mit einer Steuerreform will die Regierung zudem mehr Gerechtigkeit herstellen und Großunternehmen zur Kasse bitten. Deren Vergünstigungen in Milliardenhöhe sollen wegfallen. Bisher konnte darüber jedoch im Parlament nicht diskutiert werden. Der neu gebildete Oppositionsblock BOC, dem auch der ehemalige Libre-Koalitionspartner PSH (Partido Salvador de Honduras) angehört, verhindert mit seiner Mehrheit oder einer kompletten Blockade zunehmend wichtige Entscheidungen im Parlament, darunter auch die endgültige Abschaffung der Sonderzonen für Beschäftigung und Entwicklung (ZEDE).

Neben der legislativen Krise stellten vier strukturelle Problembereiche die Regierung vor enorme Herausforderungen, so der honduranische Thinktank Cespad: Autoritarismus und Militarisierung, die Privatisierung der Gemeingüter, das extraktivistische Wirtschaftsmodell sowie Korruption und Straflosigkeit.

Im Bereich der Rechtsstaatlichkeit gab es erste Erfolge, die sich allerdings noch in der Praxis bewähren müssen. Dazu gehörte die Auswahl der Mitglieder des Obersten Gerichtshofs. Erstmals wurden Leistung und Kompetenz in einem halbwegs transparenten Procedere berücksichtigt. Ein wichtiger Schritt war auch die Wahl eines neuen Interims-Generalstaatsanwaltes und seines Stellvertreters.

Zudem wurden einige Gesetze des "Paktes für Straflosigkeit" aufgehoben, die unter anderem die Strafverfolgung von Korruption behinderten. Im Alltag der Honduraner:innen hat dies noch keine Auswirkungen, nicht zuletzt weil der Staatsanwaltschaft weiterhin Mittel, Personal und Ausstattung fehlen.

Die Verhandlungen mit den Vereinten Nationen für eine Internationale Kommission gegen Korruption und Straflosigkeit, eine der Hauptforderungen der Zivilgesellschaft seit 2015, kamen nur schleppend voran. Nun wird die Zeit für die Vorbereitung und Einsetzung der Kommission bis zu den Wahlen im November 2025 sehr knapp.

Der von Castro versprochene Kampf gegen Frauenmorde, für Frauen- und LGBTIQ-Rechte war auf der Agenda der Regierung kaum präsent.

Schwerwiegende Defizite werden ihr vor allem in den Bereichen Sicherheit und Menschenrechte attestiert. Die angekündigte Entmilitarisierung hat weder auf den Straßen, noch institutionell stattgefunden. Die Militärpolizei besteht weiter. Nach einem Gefängnismassaker, dem im Juni 2023 46 Frauen zum Opfer fielen, wurde auch die Kontrolle der Haftanstalten erneut dem Militär übergeben Es gab sogar Indizien für einen erzwungenen "Pakt mit der in der Armee fest verwurzelten Drogenmafia."

Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in Honduras äußerte sich besorgt über die wiederholte Anwendung des seit Dezember 20222 für verschiedenen Regionen verhängten Ausnahmezustands ohne eine umfassende menschenrechtsbasierte Politik der öffentlichen Sicherheit.

Honduras blieb auch 2023 eines der weltweit gefährlichsten Länder für Menschenrechtsvereidiger:innen. Ein Großteil der attackierten und fast alle der mindestens 17 im Jahr 2023 getöteten Aktivist:innen waren Umweltschützer:innen und Verteidiger:innen von Landrechten.

In Regionen, die bisher von Mafias im Verbund mit bestimmten Politiker:innen und Unternehmer:innen beherrscht wurden, etwa das von großen Ölpalmplantagen geprägte Aguán-Tal oder die Karibikküste, verbesserte sich die Menschenrechtslage nicht und die Straflosigkeit hielt an.

Von der angekündigten Neuordnung des Agrarsektors zugunsten von Kleinbäuer:innen (a21 berichtete) konnte ebenso wenig die Rede sein wie von Konsultationen indigener Gemeinden nach der ILO-Konvention 169. Auch die bereits 2015 vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte verfügte Rückgabe von Gemeindeland an Garífuna-Gemeinden fand nicht statt.

Präsidentin oder Umweltministerium suchten auch keine Lösung des Konfliktes um die Eisenerztagebaue im Nationalpark oberhalb der Gemeinde Guapinal. Stattdessen gab es erneut gewaltsame Räumungen durch staatliche Sicherheitskräfte und die Kriminalisierung von Protest.

Die Arbeit des Menschenrechtsministeriums und die Ineffizienz des Schutzmechanismus für Journalist:innen und Menschenrechtsverteidiger:innen standen 2023 weiter in der Kritik.

 

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