UN-Arbeitsgruppe prangert Willkür der Justiz in Honduras an

Freilassung von acht Gemeindeaktivisten, Wiedergutmachung und eine unabhängige Untersuchung gefordert. Polizei und Justiz gehen weiter gegen Aktivist:innen vor

Von Andrea Lammers
amerika21

Genf/Tegucigalpa. Die UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen stuft die Haft von acht Menschenrechtsverteidigern aus Guapinol als willkürlich ein. Sie fordert ihre sofortige Freilassung, Wiedergutmachung sowie "eine gründliche und unabhängige Untersuchung" der Verantwortlichen für diesen Willkürakt und für die Verletzung rechtsstaatlicher Normen durch die honduranische Justiz. Aufgrund der Schwere des Falls sollen zudem die UN-Sonderberichterstatter:innen über die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten sowie über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung eingeschaltet werden.

Die acht Männer sitzen seit 26 bzw. 17 Monaten in Untersuchungshaft. Sie gehören zu einer Gruppe von Gemeinde- und Umweltaktivist:innen, die sich seit 2015 gegen ein Bergbauprojekt in einem Nationalpark und die zugehörige Pelletieranlage für Eisenerz wehrt.

Die UN-Arbeitsgruppe veröffentlichte ihre Stellungnahme am 8. Februar 2021. Sie forderte den honduranischen Staat auf, den Bericht "mit allen verfügbaren Mitteln und so weit wie möglich" zu verbreiten.

Die Behörden unterließen dies bisher. Stattdessen machten das Gemeindekomitee für den Schutz der Gemeingüter aus dem Departamento Tocoa und das Anwaltsteam der Inhaftierten den Inhalt öffentlich.

Bei der U-Haft und den gegen die acht angestrengten Prozessen handele es sich um eine Repressalie gegen die legitime Ausübung des Rechtes auf Freizügigkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und Freiheit zur Teilnahme an öffentlichen Angelegenheiten, referierten sie den Inhalt des UN-Dokuments. Die Anklagen drehen sich vor allem auch um die Errichtung eines Protestcamps im Jahr 2018.

Es liege nun an der Generalstaatsanwaltschaft und an der Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofs, die Forderungen der UN-Arbeitsgruppe umzusetzen, sagt Anwalt Edy Tábora gegenüber amerika21. Das Anwaltsteam werde dennoch auch selbst erneut Rechtsmittel einlegen, rechne aber nicht mit raschen Entscheidungen. Jeder Tag der Verzögerung bedeute eine erneute Verletzung der internationalen Menschenrechtsabkommen, die Honduras unterzeichnet habe.

Der erste Prozess wegen angeblicher Sachbeschädigung und "Aneignung" einer Privatstraße gegen Jeremías Martínez, einen der sieben Angeklagten, läuft bereits. Mit dem Urteil wird für heute gerechnet.

Am Abend des 3. März nahm indes die Ermittlungspolizei DPI zwei Garífuna-Aktivistinnen der Organisation Ofraneh im Norden von Honduras fest. Am Tag darauf wurde für die Schwestern Jennifer und Marianela Mejía Solorzano U-Haft verfügt. Ihre sofortige Überstellung aus dem Polizeiarrest in das gleiche Gefängnis, in dem sieben Aktivisten aus Guapinol einsitzen, soll durch eine brennende Barrikade an einer Brücke verhindert worden sein, die von den Garífuna-Gemeinden errichtet wurde.

Die Anklage gegen die Schwestern, afroindigene Verteidigerinnen der Landrechte der Garífuna, ist inzwischen zugelassen. Die Beschuldigungen lauten auf Aneignung fremden Besitzes, Bedrohung und Sachbeschädigung. Die Anzeige gegen die beiden Frauen soll von einem privaten Immobilienunternehmen kommen. Sie müssen nach neuesten Informationen nicht, wie nach bisher in Honduras gegen Menschenrechtsverteidiger:innen vorherrschende Praxis, in Haft bleiben. Gegen 30 weitere Bewohner:innen der Gemeinde Cristales y Rio Negro sollen Haftbefehle wegen angeblicher Landbesetzung vorliegen.

Die Garífuna leben auf ihrem Gemeindeland, für das sie einen historischen Landtitel besitzen, das aber von einem Unternehmen für eigene Zwecke beansprucht wird.

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