Sonderwirtschaftszonen in Honduras vor dem Aus?
Verfassungsklagen kommen vor das Plenum des obersten Gerichtshofes. Investoren stoppen vorläufig Gelder
Tegucigalpa. Mit einer Stimmenaufteilung von vier zu eins hat die Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofes in Honduras Anfang Oktober die Verfassungswidrigkeit der geplanten "Modellstädte" erklärt. Sie sind eine Art Sonderwirtschaftsgebiete mit eigener Rechtsprechung und eigenen Sicherheitsorganen. Damit werden die mittlerweile über 60 Verfassungsklagen zu diesem Thema an das 15-köpfige Plenum des obersten Gerichtshofes weitergereicht. Mit einer ersten Sitzung des Plenums wird am kommenden Mittwoch gerechnet.
Gegen den Verfassungsrichter Oscar Fernando Chinchilla Banegas, der die Modellstädte als einziger für Verfassungskonform einschätzte, wurde zudem ein Befangenheitsantrag eingereicht. Laut dem Antrag hat Chinchilla persönliche Interessen an dem Fall und ist mit dem Vorsitzenden des Kongresses, Juan Orlando Hernández eng befreundet. Deshalb wird die Neutralität Chinchillas stark angezweifelt. Orlando ist einer der Hauptbefürworter des Projektes und setzt sich stark für dessen Umsetzung ein.
Michael Strong, Vorsitzender der Investorengruppe MKG, mit der Regierungsvertreter vor kurzem einen ersten Vertrag zum Bau der Modellstädte unterzeichneten, befand sich Anfang Oktober ebenfalls für weitere Verhandlungen in Tegucigalpa. Durch die Entscheidung der Verfassungskammer scheint das Projekt, mit dem der Regierung zufolge in den nächsten sechs Monaten begonnen werden sollte, jedoch erst einmal ausgebremst. So hat die MKG-Gruppe erklärt, bis zu einer endgültigen Entscheidung des obersten Gerichtshofes keine Investitionen zu tätigen.
Die Protestaktionen in Honduras gehen derweil weiter. Am vergangenen Mittwoch wurden als Unterstützung für die laufenden Verfassungsklagen über 12.000 Unterschriften an den obersten Gerichtshof übergeben. Eine Entscheidung der Verfassungsrichter gegen die Modellstädte könnte Honduras allerdings auch in eine weitere tiefe politische Krise stürzen. Wird die Verfassungswidrigkeit bestätigt, müssten umgehend Verfahren wegen Landesverrat gegen den De-facto-Präsidenten Porfirio Lobo und gegen 126 Mitglieder des Nationalkongresses eingeleitet werden.
Für den Bau der Modellstädte, die offiziell als Sonderentwicklungszonen bezeichnet werden, hat der Nationalkongress im Januar 2011 mehrere Verfassungsartikel geändert. Die geplanten Stadtstaaten sollen über eigene Gesetze und ein eigenes Justiz-, Polizei- und Regierungssystem verfügen und müssen keine Steuern an den honduranischen Staat abgeben. Die Gegner der Modellstädte sehen darin einen klaren Verfassungsbruch und den Ausverkauf der nationalen Souveränität. Kleinbauern- und Indigenenorganisationen befürchten durch den Bau der Modellstädte weitere Vertreibungen und Landraub.
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http://amerika21.de/nachrichten/2012/10/63763/modellstaedte-honduras