Privatstadt Próspera verklagt Honduras auf 10,77 Milliarden US-Dollar

Jahrelang leisteten soziale Organisationen in Honduras massiv Widerstand gegen die ZEDE
Jahrelang leisteten soziale Organisationen in Honduras massiv Widerstand gegen die ZEDE, Quelle: @MovAmplioHn

Nach dem Ablauf eines Ultimatums an die honduranische Regierung Mitte Dezember hat das Privatstadtunternehmen Próspera Inc. Klage bei einem internationalen Schiedsgericht eingereicht

Von Jutta Blume
amerika21

Washington/Tegucigalpa. Das in den USA registrierte Privatstadtunternehmen Honduras Próspera Inc. sieht seine Investorenrechte verletzt, nachdem der honduranische Kongress im April das ZEDE-Gesetz außer Kraft gesetzt hatte. Das Unternehmen betreibt die Sonderzone für Entwicklung und Beschäftigung (ZEDE) auf der Insel Roatán.

Próspera zieht vor das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten mit Sitz in Washington, weil Honduras nicht auf die Forderung einging, einen 50-jährigen Bestandsschutz für die Privatstadt zu gewährleisten.

Nach dem Rechtsverständnis des Unternehmens hat Honduras gegen den im Freihandelsabkommen zwischen USA, Zentralamerika und Dominikanischer Republik (CAFTA-DR) verankerten Schutz von ausländischen Investitionen verstoßen. Honduras Próspera bezieht sich auch auf ein angebliches Bestandsschutzabkommen mit dem honduranischen Staat, dessen Rechtsgültigkeit aber strittig sein dürfte.

Die Summe, die Próspera als Entschädigung fordert, entspricht mehr als einem Drittel des Bruttoinlandsproduktes des zentralamerikanischen Landes. Dieses lag 2021 bei 28,5 Milliarden Dollar. Die Forderung von über zehn Milliarden Dollar sei auf Basis der für 50 Jahre garantierten Rechte kalkuliert worden, erklärte der Technische Sekretär der ZEDE Próspera, José Luis Moncada, gegenüber El Pulso.

Tatsächlich ist die immense Summe zunächst wohl als Drohkulisse anzusehen, um den honduranischen Staat doch noch zum Einlenken zu zwingen. So schreibt Honduras Próspera in seiner Presseerklärung: "Je nachdem, wie die honduranische Regierung vorgehen will, wird sich der Schadenersatz auf mindestens mehrere Milliarden US-Dollar belaufen und sogar 10,775 Milliarden US-Dollar erreichen, wenn die gesamte Investition der Kläger verloren geht."

Hohe Schadensersatzforderungen vor Schiedsgerichten werden von Unternehmen immer wieder eingesetzt, um Staaten dazu zu bringen, missliebige Gesetze wieder zu lockern.

Wirtschaftsminister Pedro Barquero erklärte, das Land werde sich vor Gericht verteidigen. Próspera hätte nie wirklich beabsichtigt, mit der Regierung zu verhandeln, sondern stets Bedingungen für Gespräche gestellt. Dass das Schiedsgericht, sollte es gegen Honduras urteilen, eine derart hohe Entschädigung festsetzen würde, hielt der Minister für unwahrscheinlich.

Christopher Castillo, Koordinator der Alternative für Gemeinde- und Umweltrecht (ARCAH), die sich seit Jahren gegen die ZEDE engagiert, wies darauf hin, dass 43 der 45 Artikel des ZEDE-Gesetzes nicht konform mit internationalen Normen und Menschenrechten seien. Zudem verstieß das mittlerweile außer Kraft gesetzte Gesetz gegen die Verfassung. "Kein internationales Gericht wird sich einmischen und den honduranischen Staat zwingen wollen, seine Souveränität im Rahmen der Illegalität abzutreten", zeigt sich Castillo überzeugt.

Der honduranische Kongress hatte im April einstimmig beschlossen, das ZEDE-Gesetz von 2013 außer Kraft zu setzen (amerika21 berichtete). Es sei per se verfassungswidrig und verletze die Souveränität des Landes, so die Argumentation. Während mit den ZEDE Morazán City und Orquidea offensichtlich Verhandlungen über die Umwandlung in reguläre Freihandelszonen laufen, verteidigt Próspera offensiv sein "libertäres" Modell einer vollständig unternehmergeführten Privatstadt mit eigenen Gesetzen, einer eigenen Citzenship und einer eigenen Bank.

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