Präsident von Honduras wegen Aussagen vor US-Gericht in Erklärungsnot

Immer mehr Beweise der US-Justiz zeigen Hernández als Schlüsselfigur im Drogenhandel. Formelle Anklage wäre die logische Konsequenz

Von Thomas Raabe
amerika21

New York/Tegucigalpa. Der honduranische Präsident Juan Orlando Hernández hat in einer Pressekonferenz vehement alle Anschuldigungen zurückgewiesen, in den Drogenhandel verwickelt zu sein. Er wäre auch nicht Partner des verurteilten Drogenhändlers Geovanny Fuentes Ramírez gewesen.

All dies seien "falsche Zeugenaussagen von bösartigen Mördern und Drogenhändlern. Wenn diese perverse Situation in New York, die von der Wahrheit weit entfernt ist, fortgeführt würde, verlieren die USA jedwedes Vertrauen ihrer Verbündeten. Die Zusammenarbeit in der Hemisphäre würde zusammenbrechen". Dabei wetterte er gegen die New Yorker Staatsanwälte und einzelne Medien. Nach einer langen Aufführung einzelner Schritte gegen den Drogenhandel, die seine Regierung unternommen habe, wurden keine Fragen der anwesenden Pressevertreter zugelassen.

Dem vorangegangen ist der Urteilsspruch der Jury des südlichen Bundesgerichts in New York, mit dem am 22. März der Honduraner Fuentes Ramírez wegen Handels mit 185 Tonnen Kokain und Waffenbesitzes schuldig gesprochen wurde. Fuentes sorgte mit schwer bewaffneten Arbeitern und mit honduranischen Polizei- und Militärangehörigen für die Sicherheit des Transports. Obwohl das Verfahren gegen Fuentes als Angeklagten geführt wurde, kamen im Verlauf immer mehr Beweise zum Vorschein, die die Verbindungen von Präsident Hernández zu Akteuren des Drogenhandels aufzeigen.

In dem zweiwöchigen Prozess wurden die Aussagen des bereits verurteilen, ehemaligen Kopf des Drogenkartells Los Cachiros, Devis Leonel Rivera Maradiaga, hinzugezogen. Er sagte aus, dass er im Jahr 2012 250.000 US-Dollar an Hernández gezahlt habe und im Gegenzug dafür nicht verhaftet und nicht an die USA ausgeliefert würde. Ein weiterer Zeuge, dessen Identität aus Sicherheitsgründen geschützt ist, will 2013 gesehen haben, wie Fuentes 25.000 US-Dollar Schutzgeld an Hernández überreicht hat.

Die US-Staatsanwältin Audrey Strauss hob in einer Presseerklärung hervor, dass Fuentes bis zu seiner Festnahme durch die US-Antidrogenbehörde (DEA) vor mehr als einem Jahr ein "skrupelloser, mächtiger und mörderischer Kokainhändler" in Honduras gewesen sei. "Er ermöglichte die Verschiffung großer Mengen Kokain, indem er Juan Orlando Hernández, den damaligen Präsidenten des honduranischen Nationalkongresses und heutigen Präsidenten, bestach. Hernández wies Fuentes an, direkt an den verurteilten, ehemaligen Kongressabgeordneten Tony Hernández, den Bruder des Präsidenten, zu berichten."

Darüber hinaus habe Hernández gegenüber Fuentes geäußert, dass er die DEA glauben machen wolle, dass Honduras den Drogenhandel bekämpfe, jedoch würde er die Auslieferung (von verdächtigen Personen in die USA, Anm. d. Verf.) beenden und "den Gringos Drogen in die Nase stopfen".

Die Verkündung des Strafmaßes für Fuentes ist für den 22. Juni geplant.

Die Staatsanwälte ließen ebenfalls verlauten, dass alle Präsidenten seit 2006 mit Geldern aus dem Drogenhandel bestochen wurden. Im Jahr 2017 wurde Fabio Lobo in den USA rechtskräftig verurteilt , da er 1,4 Tonnen Kokain in die USA geschmuggelt hat. Er ist der Sohn des ehemaligen Präsidenten Porfirio Lobo (2010-2014) und sitzt eine Strafe von 24 Jahren ab.

Die wachsende Zahl an Beweisen, die die US-Justiz in den letzten Jahren zusammengeführt hat, stellt Hernández als Schlüsselfigur im Drogenhandel in Honduras dar. Analysten nehmen an, dass eine formelle Anklage gegen ihn nicht weit entfernt ist.

Washington sieht in dem Präsident bisher einen wichtigen Verbündeten im Kampf gegen die Migration aus Zentralamerika. Auf honduranischem Territorium befinden sich zudem zahlreiche US-Militärbasen. Nach dem offensichtlichen Wahlbetrug im Jahr 2017 war Washington die erste Regierung, die die verfassungswidrige Wiederwahl von Hernández anerkannte.

Am heutigen Dienstag wird die Verkündung des Strafmaßes im Fall des verurteilten Tony Hernández erwartet. Er war im Oktober 2019 durch ein New Yorker Gericht wegen Drogenhandels in großem Stil für schuldig gesprochen worden (amerika21 berichtete). Laut Urteil war er "an allen Phasen des Handels mit mehr als 200 Tonnen Kokain" beteiligt, die für die USA bestimmt waren. Zudem nahm er umfangreiche Bestechungsgelder von großen Drogenhändlern an und arrangierte schwer bewaffnete Kokaintransporte.

Sein Bruder, der Präsident, wurde in dem Prozess mehrmals als "Mitverschwörer" genannt.

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