Honduras: noch kein offizielles Wahlergebnis, jedoch Berichte über Unregelmäßigkeiten
Keine Zweifel über den Sieg von Xiomara Castro. Ihr Parteibündnis gewinnt die Großstädte und stellt bedeutende Veränderungen in Aussicht
Von Daniela Dreißig
amerika21
Tegucigalpa. Nach dem eindeutigen Sieg von Xiomara Castro von der linken Partei "Libertad y Refundación" (Freiheit und Neugründung, Libre) bei den Präsidentschaftswahlen am 28. November gibt es noch immer kein offizielles Ergebnis des Nationalen Wahlrates (CNE).
Bisher sind 98,8 Prozent der Stimmen ausgezählt. Demnach erhält Castro 50,6 Prozent der Stimmen und liegt mit 14,2 Punkten vor Nasry Asfura, Kandidat der aktuell regierenden Nationalen Partei (PNH). Die Wahlbeteiligung war mit 68,5 Prozent sehr hoch. Insgesamt stimmten mehr als 1,7 Millionen Honduraner:innen für Castro.
Auch in der Hauptstadt Tegucigalpa und in der Industrie- und Handelsstadt San Pedro Sula unterlagen die Kandidaten der PNH denen von Libre und ihrer verbündeten Partei Salvador de Honduras (PSH), Jorge Aldana und Rolando Contreras. Nach bisherigen Auszählungen stellen die PNH und die konservative Liberale Partei (PLH) jedoch insgesamt die Mehrheit der Bürgermeister:innen: Von den 298 Gemeinden fallen 139 an die PNH, 93 an die Liberale Partei (PLH) und nur 50 an Libre.
Dass Castro die nächste Präsidentin Honduras wird, bezweifelt niemand. Jedoch mehren sich die Stimmen, die von Wahlbetrug um die 128 Abgeordnetensitze für den Nationalkongress sprechen. Es sei zu Manipulationen zugunsten von Abgeordneten der PNH gekommen. Rixi Moncada, Wahlrätin des CNE twitterte, dass die Stimmen für Ebal Díaz, aktueller Ministerialpräsident der PNH, zu seinen Gunsten gefälscht seien. Díaz weist alle Anschuldigungen zurück.
Jari Dixon, Libre-Abgeordneter und ehemaliger Staatsanwalt, äußerte sich gegenüber amerika21: "Die Nationalisten wollen die einfache und Zweidrittel-Mehrheit von Libre zusammen mit der PSH verhindern. Um beispielsweise das Gesetz über die Sonderwirtschafts- und Beschäftigungszonen (Zedes) abzuschaffen, braucht man 86 Stimmen. Ich stelle mir vor, dass all diese Geschäftsleute, die ins Land gekommen sind, Druck auf den CNE ausüben und Schmiergelder zahlen, so dass die PNH ihr Ziel erreicht und die Arbeit des Kongresses und der Exekutive behindern wird."
Es sollen auch über 800 Stimmen für den Präsidentschaftskandidaten Romeo Vásquez Velásquez von der neoliberalen Mitte-rechts Partei Alianza Patriótica in das Wahlsystem betrügerisch eingespeist worden sein. Bereits am Dienstag begann die Überprüfung von mehr als 5.000 Wahlakten, von denen 2.500 die Sitze im Nationalkongress betreffen.
Nach bisherigem Stand der Auszählung erhält Libre 50 Abgeordnetensitze, 44 entfallen auf die Nationale Partei, 22 Sitze für die Liberale Partei, zehn für die PSH und jeweils ein Abgeordneter auf zwei weitere Parteien. Somit ist Libre zwar die stärkste Partei im Nationalkongress, würde jedoch zusammen mit der PSH keine Mehrheit bilden.
Nach Amtsantritt am 27. Januar 2022 wollte Castro sich für die Abschaffung vieler Gesetze einsetzen, die im Jahr 2013 verabschiedet wurden. Neben den Gesetzen des Sicherheitsrates, der Geheimhaltungsverordnung und dem Abhörgesetz gehört dazu auch das Gesetz der Zedes, das honduranisches Gebiet an ausländische Investor:innen abtritt und die Enteignung der dort lebenden Bevölkerung zur Folge hat.
Das Gesetz wurde erst mit der Änderung der Artikel 107 und 374 der Verfassung ermöglicht, die die Veräußerung nationalen Territoriums einst verboten. Landesweit sprechen sich die Honduraner:innen gegen die Schaffung von Zedes in ihren Gemeinden aus. Manuel Zelaya, der 2009 weggeputschte Präsident von Honduras und Ehemann Castros, befürwortet die Abschaffung des Zedes-Gesetzes durch ein Referendum. Die Abschaffung der Zedes-Gesetzgebung wird ein wichtiges Ziel der Regierung Castros sein.
Weiterhin plant Castro nach ihrem Amtsantritt im Januar eine Volksbefragung über eine verfassungsgebende Versammlung. Eine solche Befragung nahmen im Juni 2009 Zelayas Widersacher zum Anlass, gegen ihn zu putschen.
Zu den ersten Amtshandlungen sollen die Armutsbekämpfung unter anderem durch das Anheben des Mindestlohnes und der Kampf gegen Korruption gehören, die in Honduras weit verbreitet ist und zur Veruntreuung von Geldern in Millionenhöhe geführt hat. Castros schlug vor, dafür eine Kommission unter Führung der Vereinten Nationen zu beantragen.