Honduras: Gewalt gegen Bauern in Ölpalm-Region eskaliert weiter

Nach erneuten Morden in Bajo Aguan rufen Menschenrechtsorganisationen Alarm aus
Nach erneuten Morden in Bajo Aguan rufen Menschenrechtsorganisationen Alarm aus Quelle: Bufete Estudios para la Dignidad

Von Andrea Lammers
amerika21

Tocoa. Honduranische Menschenrechtsorganisationen haben ein von der kriminellen Gruppe "Los Cachos" besetztes Gebiet zum Notstandsgebiet erklärt. Dem ging eine erneute bewaffnete Attacke gegen eine landwirtschaftliche Kooperative im Tal des Agúan-Flusses und die Erschießung von zwei Mitgliedern einer weiteren Kooperative voraus.

Das honduranische Büro des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte fordert, dass die Behörden, "eine schnelle und rigorose Untersuchung durchführen, die Verantwortlichen festnehmen und dringende Maßnahmen ergreifen, um die Gewalt in der Gegend zu beenden, weitere Angriffe zu verhindern und das Leben der Familien, die den Bauernkooperativen angehören, zu schützen".

Nach der Vertreibung von 160 Familien aus dem Gebiet der Kooperative Camarones am 24. Dezember 2024 und einer bewaffneten Attacke auf die Kooperative Tranvío am 27. Januar 2025 (amerika21 berichtete) besetzten schwer Bewaffnete am 29. Januar über 100 Hektar der benachbarten Kooperative El Chile und plünderten deren Laden. Zu dem Angriff am 27. Januar kursiert in honduranischen Medien ein Video, das zeigt, wie sich Polizisten hinter Bäumen verstecken, während auf Zivilisten der Kooperative Tranvío gefeuert wird. Die Anwohner rufen verzweifelt um Hilfe, laufen weg oder werfen hilflos mit Steinen in Richtung der Angreifenden, während einer von ihnen von einer Kugel am Bein getroffen wird.

Am 31. Januar tötete ein Killerkommando José Luis Hernández, Mitglied der Kooperative Gregorio Chávez und seine Lebensgefährtin Suyapa Guillén, die einer lokalen Frauengruppe angehörte. Eine weitere Person aus dem Fahrzeug der beiden Getöteten wurde schwer verletzt.

Am 2. Februar blockierten Mitglieder von "Los Cachos" laut einer Mitteilung der Plataforma Agraria die Landstrasse CA-13 auf Höhe der Gemeinde Quebrada de Arena und verwehrten den Anwohner den Zugang zur Gemeinde. Gegen 16 Uhr wurde einem Ehepaar, Mitglieder der Kooperative El Chile, das Motorrad entwendet und angezündet, das Ehepaar leicht verletzt. Die Polizei trat in den Dialog mit Mitgliedern der Bande, wurde aber nach Stunden des Dialoges von diesen beschossen. Dabei sollen Polizisten verletzt worden sein.

Über 60 honduranische und internationale Organisationen hatten kurz zuvor eine "Hetzkampagne" gegen die lokalen Bauernorganisationen angeprangert und vor der Gefahr weiterer Morde und Vertreibungen gewarnt. Der honduranische Staat sei nicht nur nicht in der Lage gewesen, das Gemetzel im Bajo Aguán zu stoppen, sondern mache sich nun durch seine weitere Untätigkeit auch noch zum Komplizen der Morde, schrieb die Anwaltskanzlei für die Würde (Bufete Estudios para la Dignidad) auf facebook.

Der Bauernverband Plataforma Agraria und der Dachverband sozialer Organisationen COPA hatten seit 2022 mehrere Anzeigen gegen die Gruppe "Los Cachos" erstattet und Namen der Anführer und Verbindungsleute zu großen Agrarunternehmen genannt. Sie beschuldigen insbesondere das Palmöl-Unternehmen Corporación Dinant, über seine privaten Sicherheitsdienste direkte Beziehungen zur Gruppe "Los Cachos" zu unterhalten und diese zu nutzen, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen und die mögliche Rückgabe von Land an die lokalen Bauerngruppen zu unterbinden. Die Kooperativen Tranvío und El Chile liegen in unmittelbarer Nachbarschaft der Ölmühle von Corporción Dinant.

Die Initiative Romero aus Münster befasst sich seit langem mit Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten von Palmöl und konfrontierte europäische und internationale Unternehmen, die Palmöl von Corporación Dinant beziehen, mit dem Vorwurf, ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht nicht nachzukommen. Dazu gehören mutmaßlich auch Lebensmittel-Unternehmen aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Spanien und Schweden, die nun zu Stellungnahmen aufgefordert sind.

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