Honduras: Anstieg der Gewalt durch bewaffnete Gruppen in Bajo Aguán
![Die Mitglieder der Agrarplattform von Aguán Bajo protestieren gegen die Verletzung ihrer Landrechte](assets/images/f/movilizacionaguan-5-1024x768-360c39c3.jpg)
Von Johannes Schwäbl
amerika21
Tocoa. In der nordhonduranischen Region Bajo Aguán haben am Montagmorgen bewaffnete Personen die Bauernkooperative Tranvío angegriffen. Hinter dem Angriff sollen Mitglieder der kriminellen Gruppe Los Cachos stecken.
Die 160 Familien der Kooperative wurden am frühen Morgen von bewaffneten Personen bedroht und aufgefordert, ihre Häuser zu räumen. Dabei kam es zu mindestens einem Verletzten, ein Mitglied der Kooperative wurde entführt. Der Entführte konnte nach rund vier Stunden von der Polizei befreit werden, hatte aber Verletzungen erlitten.
Der Angriff ist ein erneuter Höhepunkt der konstanten Kriminalisierung und Verfolgung, der die Kleinbauerndörfer des Bajo Aguán ausgesetzt sind. Laut Jhonny Rivas, Sprecher der Agrarplattform, ordneten Großgrundbesitzern der Region die Attacken gegen die Kooperativen Tranvío und Camarones an und die Bande Los Cachos führte sie durch. Führend beteiligt soll das Agrarunternehmen Dinant sein, die kriminelle Gruppe sei Teil seines Sicherheitsdienstes.
Bereits am 24. Dezember attackierten bewaffnete Männer die Bauernkooperative Camarones. Dabei wurden 150 Familien von ihrem Land vertrieben. Am 2. Januar wurde Arnulf Díaz von der Kooperative Brisas del Aguán ermordet. Laut Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurde Díaz von vier Personen getötet, die sein Auto stoppten, ihn zum Aussteigen zwangen und dann erschossen.
In den letzten Monaten erhielt die Kooperative Brisas del Aguán mehrfach Drohungen. Bereits am 18. Oktober wurde Selvin Noe García, Mitglied der Kooperative, ermordet.
Die Region ist seit Jahrzehnten Schauplatz oft blutiger Auseinandersetzungen zwischen Kleinbauern und Großgrundbesitzern. Ein Großteil der Ländereien im Aguántal sind im Besitz von Großgrundbesitzern und großen Agrarunternehmen und werden fast ausschließlich zum Anbau der Ölpalme genutzt, die unter anderem zur Weiterverarbeitung zu Agrarsprit für die Industrieländer dient. Dem Unternehmen Corporacíon Dinant, Teil der honduranischen Unternehmensgruppe Facussé, und dessen privaten Sicherheitsdiensten werden immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.
Traurige Meilensteine in dieser Entwicklung waren die faktische Rücknahme früherer Agrarreformen im Jahr 1992 und der Militärputsch von 2009. Beide Ereignisse befeuerten die Landnahme durch Großgrundbesitzer und die Morde an Bauern. Bis 2023 sollen in dem Konflikt etwa 160 Personen gewaltsam zu Tode gekommen sein (amerika 21 berichtete).
Als 2022 Xiomara Castro von der Partei "Freiheit und Neugründung" Präsidentin von Honduras wurde, keimte neue Hoffnung auf. Die Kleinbauernbewegung von Bajo Aguán unterzeichnete damals ein Abkommen mit der Castro-Administration.Darin versprach die Regierung die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Besitz und die Nutzung des Landes zu respektieren, die im Zug der Agrarreform an Bauernfamilien vergeben wurden. Laut Kleinbauernorganisationen wurde dieses Abkommen bisher aber nicht eingehalten.
Nationale und internationale Organisationen zeigen sich besorgt über die Ereignisse und solidarisieren sich mit den betroffenen Kooperativen.
Besorgniserregend ist auch die Hass- und Desinformationskampagne, der sich die Agrarplattform ausgesetzt sieht. In sozialen und lokalen Medien wird von einem Konflikt zwischen Bauerngruppen gesprochen. Diese Version wurde auch kürzlich vom Minister für Sicherheit gebraucht.
Nach dem Putsch 2009 wurde die Region des Bajo Aguán stark militarisiert, damals setzte der Militärgeheimdienst auch Desinformationskampagnen gegen die sich organisierenden Kleinbauern ein.
Erst im September 2024 sorgte der Mord an dem Menschenrechtsverteidiger Juan Lopez im Bajo Aguán international für Aufsehen (amerika 21 berichtete).