Deutsche Abgeordnete fordern Schutz für honduranische Aktivist:innen
Von Anna Rösch
amerika21
Tegucigalpa/Berlin. Nach einem Angriff auf die Schwarze Gemeinderätin Venessa Cárdenas haben drei Bundestagsabgeordnete den honduranischen Staat aufgefordert, mehr für die Sicherheit von Umweltschützer:innen und lokalen Verteidiger:innen von Menschenrechten zu tun.
Am 8. Dezember wurde die stellvertretende Vorsitzende des Gemeinderates von Crawfish Rock von einer ehemaligen Mitarbeiterin der privaten Unternehmer-Enklave Próspera Inc. mit einem Stein angegriffen, wodurch ihre Nase gebrochen wurde. Crawfish Rock ist eine kleine Gemeinde am Rande von Próspera, die sich der Enklave und deren Ausdehnung widersetzt.
Der Übergriff fand während einer Veranstaltung mit verschiedenen honduranischen Minister:innen statt. Cárdenas und die Vorsitzende des Gemeinderates Luisa Connor waren bereits zuvor Nachstellungen und einer Verleumdungskampagne in Sozialen Medien ausgesetzt. Am Vortag des Angriffs soll der CEO von Próspera Inc., Eric Brimen, ehemalige und aktuelle Mitarbeiter:innen instruiert haben, "sich zu organisieren" und bei der Gemeindeversammlung "die Wahrheit" zu verkünden.
In einem Offenen Brief an Präsidentin Xiomara Castro, Menschenrechtsministerin Natalie Roque, die Generalstaatsanwaltschaft und weitere staatliche Institutionen äußerten sich die Abgeordneten Max Lucks, Deborah Dühring und Susanne Menge von der Partei Bündnis 90/Die Grünen besorgt über die Sicherheitslage der honduranischen Umwelt- und sozialen Basisorganisation Arcah und der Mitglieder des ehrenamtlichen Gemeinderates von Crawfish Rock auf der Karibikinsel Roatán.
Arcah gehört zu den zivilgesellschaftlichen Organisationen in Honduras, die seit Jahren gegen private Unternehmer-Enklaven, die sogenannten "Sonderzonen für Beschäftigung und Entwicklung" (ZEDE), protestieren. Der ehrenamtliche Gemeinderat von Crawfish Rock prangert Umweltschäden durch Bauwerke der Privatstadt an und befürchtet, dass die kleine Gemeinde Schwarzer Inselkarib:innen über kurz oder lang durch die Privatstadt Próspera verdrängt wird.
Das honduranische Parlament hatte im April 2022 die gesetzlichen Grundlagen für die ZEDE abgeschafft. Die Gegner:innen sehen deren Tätigkeiten als illegal an. Das Parlament hat jedoch die entsprechende Verfassungsänderung noch nicht ratifiziert. Unternehmen wie Próspera Inc. bauen vor Ort unbeirrt weiter und klagen vor einem Schiedsgericht der Weltbank gegen den honduranischen Staat (amerika21 berichtete).
Arcah wartet darauf, dass die Regierung dem Ersuchen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission nachkommt, die bereits am 20. August 2023 den Schutz von elf Mitgliedern durch das Nationale Schutzsystem für Menschenrechtsverteidiger:innen gefordert hatte.
Honduras ist eines der gefährlichsten Länder der Welt für Land- und Umweltschützer:innen. Die Menschenrechtskommission schätzt, dass 90 Prozent der Verbrechen gegen Aktivist:innen ungestraft bleiben. Es gibt keine Anzeichen für eine Verbesserung. Das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte verzeichnete für das Jahr 2021 mindestens 302 Angriffe, die von Drohungen und Schikanen bis hin zu Tötungen reichten. In dem mittelamerikanischen Land wurden demnach seit 2022 mindestens 23 Umwelt-, Land- und Gebietsverteidiger:innen getötet.
Seit 2015 existiert in Honduras ein Nationaler Mechanismus für Menschenrechtsverteidiger:innen, der den Schutz bedrohter Menschen garantieren soll. Dem Mechanismus mangele es offenbar an ausreichenden personellen und finanziellen Ressourcen und am politischen Willen, Betroffenen wirksamen Schutz zu bieten, so die Abgeordneten in ihrem Offenen Brief.