Umstrittene Entscheidung in El Salvador: Präsident suspendiert Transparenz-Kommissarin
Dieser Beitrag des Öku-Büros ist ebenfalls bei amerika21 erschienen.
Vergangene Woche hat der Präsident El Salvadors, Nayib Bukele, die sofortige Suspendierung der Kommissarin des Instituts für den Zugang zu öffentlichen Informationen (IAIP), Claudia Liduvina Escobar Campos, angeordnet. Zusätzlich wurde ein Verfahren zu ihrer Absetzung eingeleitet. Escobar wurde eine Frist von zehn Tagen gesetzt, um die Entscheidung anzufechten. Bukele bestimmte außerdem, den Zugang zu Informationen und den Computern des Instituts für sie zu beschränken.
Escobar werden "Handlungen" vorgeworfen, "die das ordnungsgemäße Funktionieren der Behörde ernsthaft beeinträchtigen". So habe die Kommissarin eine Verfassungsklage gegen eine Reform des Instituts eingereicht. Die Reform zielt darauf ab, Macht innerhalb des Instituts weiter zu zentralisieren. Daneben werden ihr Befangenheit sowie die nicht autorisierte Weitergabe von Informationen unterstellt.
Die Anwält:innen Escobars sehen die Vorwürfe jedoch als unbegründet an. Demnach sei es einer Mitarbeiterin des IAIP selbstverständlich erlaubt, die geplante Reform der Behörde durch eine Klage beim Verfassungsgericht auf ihre Rechtmäßigkeit hin prüfen zu lassen. Des Weiteren lägen für die übrigen Anschuldigungen keinerlei Beweise vor.
Für Escobar, die erst in der Woche ihrer Absetzung von den Vorwürfen erfuhr, kam die Suspendierung indes nicht überraschend. Bereits einige Tage zuvor beklagte sie eine Kampagne innerhalb der Institution gegen ihre Person durch die Kommissar:innen Ricardo José Gómez, Javier Suárez Magaña und Roxana Seledonia Soriano. Gómez und Magaña hatten in der Vergangenheit die Offenlegung des Einkommens und des Vermögens des Präsidenten Nayib Bukeles durch das IAIP verhindert. Soriana war Kandidatin der Regierungspartei Nuevas Ideas. Insofern sieht Escobar ihre Entlassung nicht als Folge eines möglichen Fehlverhaltens, sondern in ihrer Haltung, dem Gesetz zum Zugang zu Öffentlichen Informationen Geltung zu verschaffen, begründet.
"Wir verdienen ein unabhängiges und autonomes Institut", aber "das Institut hat eine Wende vollzogen, hin zu mehr Undurchsichtigkeit als zur Transparenz", sagte sie gegenüber der Presse. Auch sei sie nicht die einzige Person, die innerhalb des IAIP angegriffen und zum Schweigen gebracht werde. "Öffentliche Informationen gehören den Bürgern, nicht den Beamten, die im Dienste des Volkes stehen sollten und nicht im Dienste anderer Arten von Interessen."
Gegenüber dem amerika21 hat Escobar angekündigt, juristisch gegen ihre Suspendierung vorgehen zu wollen.
Unterstützung erhält die Kommissarin von weiten Teilen der Zivilgesellschaft. Das Salvadorianische Netzwerk von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern hebt in diesem Zusammenhang ihren konsequenten Einsatz für das Recht auf den Zugang zu Information hervor.
Escobar ist nicht die erste Mitarbeiterin des IAIP, die auf Befehl der Präsidenten Bukele entlassen werden sollte. Bereits im August vergangenen Jahres wurde Cesia Mena aufgrund ihrer angenommenen Verbindungen zur linken Partei FMLN ihres Dienstes enthoben. In diesem Falle verlangte das Oberste Gericht El Salvadors jedoch deren Wiedereinstellung.
Das IAIP wurde unter der Regierung Mauricio Funes (FMLN) gegründet und nahm im Jahre 2013 seine Arbeit auf. Ziel war es, die Arbeit des Staates und dessen Funktionär:innen für die Öffentlichkeit transparenter zu gestalten. In der Vergangenheit ordnete die Behörde die Freigabe der vollständigen Vermögenserklärungen und Audits der ehemaligen Präsidenten Mauricio Funes und Antonio Saca an. Seit dem Amtsantritt Bukeles werden jedoch zunehmend Informationen zurückgehalten.