Parlament El Salvadors entlässt Verfassungsgericht und Oberstaatsanwalt. Opposition und soziale Bewegungen sprechen von Putsch

Neue Richter am Obersten Gerichtshof
Neue Richter am Obersten Gerichtshof - Foto: Sala de lo Constitucional

Vergangenen Samstag entließ das neu zusammengesetzte Parlament El Salvadors sämtliche Richter der Verfassungskammer des Obersten Gerichtes sowie deren Stellvertreter*innen. Seit dem 1. Mai wird das Parlament von der Partei des Präsidenten Nuevas Ideas (NI) dominiert. Bei den entlassenen Richter*innen handelt es sich um José Armando Pineda, Präsident der Verfassungskammer und des Obersten Gerichtshofs (CSJ) sowie um Aldo Enrique Cáder, Carlos Sergio Avilés, Carlos Ernesto Sánchez und Marina de Jesús Marenco. Die Parlamentarier*innen werfen den scheidenden Richter*innen vor, „willkürliche“ Urteile gefällt zu haben.

Gleichzeitig ernannten die Abgeordneten neue Richter*innen, die direkt im Anschluss von der Polizei zum Justizpalast eskortiert wurden, um ihr Amt anzutreten. Bei diesen handelt es sich um Óscar Alberto López Jerez, als neuen Vorsitzenden sowie um, Luis Javier Suárez, Héctor Martínez, José Ángel Pérez und Elsy Dueñas.

Die entlassen Mitglieder des Gerichts erklärten die Beschlüsse des Parlaments jedoch für Verfassungswidrig. Laut Pater José María Tojeira, Direktor des Menschenrechtsinstituts der Zentralamerikanischen Universität (IDHUCA), könnten, gemäß des Artikels 186 der Verfassung, Richter*innen des Obersten Gerichtshofs nur aus bestimmten Gründen abgesetzt werden, die zuvor per Gesetz festgelegt wurden. „Diese armen Abgeordneten ignorieren, dass es weder ein Gesetz noch bestimmte Gründe gibt“.

Opposition und soziale Bewegungen sprechen von Staatsstreich

Noch in der gleichen Sitzung des Parlaments wurde der Generalstaatsanwalts Raul Melara entlassen. Als dessen Nachfolger wurde am frühen Sonntagmorgen Rodolfo Delgado gewählt. Die Opposition lehnt die am Samstag getroffenen Beschlüsse ab.

Mehr als 30 zivilgesellschaftliche Organisationen verurteilten das Vorgehen des Parlamentes als Staatsstreich. So habe dieser das Ziel, ein autoritäres politischen Projekt zu verwirklichen, bei dem sämtliche Institutionen den Interessen des Präsidenten Nayib Bukeles untergeordnet werden sollen. Gleichzeitig wurden die Armee und die Polizei daran erinnert, dass ihre Loyalität den Rechten aller Bürger, der Demokratie und der Verfassung zu gelten habe.
Zaira Navas, Anwältin der Organisation CRISTOSAL sagte, dass die Übernahme des Gerichtes und des Büros des Generalstaatsanwalts eine Verletzung der Rechtsstaatlichkeit darstelle und strafrechtliche Verantwortung nach sich zieht. Die Vertreter*innen der Zivilgesellschaft forderten die Vereinten Nationen, die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und die gesamte internationale Gemeinschaft auf, die willkürliche Beschlagnahmung der Institutionen durch Präsident Bukele und dessen Abgeordneten kategorisch abzulehnen. Darüber hinaus riefen sie die Bürger*innen auf, ihre Rechte auf ein Leben in Demokratie und unabhängiger Justiz aktiv zu verteidigen und die sofortige Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung zu fordern.

Kritik von internationalen Organisationen

Auch außerhalb El Salvadors stößt die Entlassung der Richter*innen auf breite Ablehnung. Julie Chung, stellvertretende Unterstaatssekretärin des US-Außenministeriums warnte, dass „eine starke Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und El Salvador davon abhängen wird, dass die Regierung von El Salvador die Gewaltenteilung unterstützt und demokratische Normen aufrechterhält.“ Der UN-Sonderberichterstatter für die Unabhängigkeit von Richter*innen und Anwält*innen verurteile die Schritte, „die die politische Macht unternommen hat, um die Unabhängigkeit der Justiz zu demontieren und zu schwächen“. Für den Direktor von Human Rights Watch, José Miguel Vivanco, „bricht Bukele mit der Rechtsstaatlichkeit und versucht, alle Macht in seinen Händen zu konzentrieren.“

"Wir säubern gerade unser Haus ...und das geht Sie nichts an.“

Der Präsident El Salvador zeigt sich indes wenig von dieser Kritik beeindruckt. In einem Tweet an „unserer Freunde“ der internationalen Gemeinschaft ließ Nayib Bukele verlauten. „Wir wollen mit Ihnen zusammenarbeiten, tauschen, reisen, uns kennenlernen und in jeder Weise helfen, wie wir können. Unsere Türen sind offener denn je. Aber bei allem Respekt: Wir säubern gerade unser Haus ...und das geht Sie nichts an.“

 

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