El Salvador: Zahlreiche Todesfälle in Gefängnissen während Ausnahmezustand
San Salvador. Im Laufe des Ausnahmezustands in El Salvador sind rund 80 Menschen im Gefängnis unter ungeklärten Umständen zu Tode gekomment. Das berichtet ein Netzwerk lokaler Organisationen.
Zuvor waren Berichte über unmenschliche Bedingungen in den Gefängnissen öffentlicht geworden. Insassen sitzen demnach in überfüllten Zellen und verrichten ihre Notdurft in offenen Behältern, die erst geleert werden, wenn sie voll sind. Sie lebten von ein paar Maistortillas am Tag und hätten keinen Zugang zu Trinkwasser.
Aus einigen Haftanstalten seien Leichen gebracht worden. Die Todesfälle in Haft gehen laut den Menschenrechtsorganisationen vor allem auf Verletzungen durch Schläge bei der Verhaftung, mangelnde Behandlung chronischer Krankheiten, Übergriffe durch andere Gefangene und miserable sanitäre Bedingungen zurück. Die wenigen Freigelassenen wagten aus Angst vor erneuter Verhaftung nicht über die Situation zu sprechen.
Die Regierung widerspricht den Vorwürfen und weist darauf hin, dass im Laufe dieses Jahres an 231 Tagen keine Morde im Land verübt worden seien. Internationale Organisationen, die dies anzweifeln, stellten sich auf die Seite der kriminellen Banden, die "die Menschenrechte der ehrlichen Bevölkerung verletzen", so Regierungsvertreter:innen.
In der vergangenen Woche hat sich die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) "sehr besorgt über die massenhaften und mutmaßlich willkürlichen Verhaftungen" sowie über die Missachtung von Rechtsgarantien geäußert. Sie hat einen Besuch im Land angekündigt, um die technische Umsetzung von interamerikanischen Rechtsstandards zu begleiten.
Die Kommission berichtet, dass sie wiederholt Anzeigen über Verhaftungen erhalte, die lediglich auf anonymen Anrufen oder auf physischen Merkmalen einer Bandenzugehörigkeit oder eines bestimmten Wohnorts basierten. Familienangehörige hätten Probleme, den Aufenthaltsort der Verhafteten zu erfahren. Außerdem gebe es Berichte über eine übermäßige Anwendung von Gewalt, auch gegenüber Behinderten oder Schwangeren. Die CIDH fordert, dass bei Polizeiaktionen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden und in jedem Fall einer Verhaftung ausreichende Indizien für ein kriminelles Verhalten vorliegen müssten.
Nach Angaben der Kommission wiesen zivilgesellschaftliche Organisationen auf Verstöße gegen gerichtliche Garantien hin. Mindestens 18.215 Personen seien in 93 Sammelverhandlungen wegen Verbrechen angeklagt worden. Dabei sollen bis zu 552 Personen angeklagt und automatisch in Untersuchungshaft genommen worden sein, ohne dass ihre Fälle individuell geprüft wurden und ohne dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung beachtet wurde. Zudem würden die Verfahren von nicht identifizierten Richtern geführt. Das Recht auf Verteidigung werde eingeschränkt, indem Hunderten von Angeklagten der selbe Vertreter zugewiesen wird und es keine Möglichkeit gebe, sich an den Anhörungen zu beteiligen.
Das Ministerium für Justiz und öffentliche Sicherheit gab seinerseits an, dass zwischen März und September etwa 850 Personen freigelassen wurden. Von den mehr als 57.000 Verhafteten befinden sich mindestens 47.983 in Untersuchungshaft.
Präsident Nayib Bukele reagierte mit einem Video auf die Vorwürfe. Darin erklärt er, sich nicht an die Empfehlungen internationaler Organisationen halten zu wollen. Er empfiehlt auch anderen Regierungen, sich von der CIDH zu distanzieren.
Nach Angaben des Sicherheitsministers Gustavo Villatoro wurde das Ziel von 70.000 Verhaftungen während des Ausnahmezustandes noch nicht erreicht, Die Regierung hat daher am 15. November beim Parlament die achte Verlängerung um weitere 30 Tage beantragt hat. Diese wurde sofort genehmigt.