Verhaftungswelle gegen Vertreter*innen der nicaraguanischen Opposition
In Nicaragua sind innerhalb der letzten zwei Wochen 13 Personen aus dem Spektrum der Opposition verhaftet beziehungsweise unter Hausarrest gestellt worden. Vier der Festgenommenen hatten Ambitionen, bei den kommenden Wahlen als Präsidentschaftskandidat*in gegen Daniel Ortega (FSLN) anzutreten.
Ausgangspunkt der Ereignisse waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Cristiana Chamorro, die Tochter der ehemaligen Präsidentin, Violeta Barrios de Chamorro. Dieser werden, im Zusammenhang mit ihrer Anfang 2021 aufgelösten Stiftung, Geldwäsche und Urkundenfälschung vorgeworfen.
Laut Darstellungen des Journalisten Ben Norten hatte die „Fundación Violeta Barrios de Chamorro para la Reconciliación y la Democracia“ in den letzten Jahren mehrere Millionen Dollar von US-amerikanischen sowie europäischen Geldgebern erhalten. Vornehmlich soll es dabei um die Unterstützung von regierungskritischen bzw. oppositionellen Medien gegangen sein. Laut Staatsanwaltschaft weisen die Finanzberichte der Stiftung zwischen den Jahren 2015 und 2019 gravierenden Unregelmäßigkeiten auf. Gegen Cristiana Chamorro wurde am 2. Juni ein Haftbefehl erlassen. Seit dem sitzt sie in Hausarrest. Im Zuge der Ermittlungen wurden ebenfalls ihre Konten eingefroren. Des Weiteren ist Chamorro aufgrund der Anschuldigungen vom Ausüben öffentlicher Ämter ausgeschlossen. Eine Kandidatur bei den kommenden Präsidentschaftswahlen scheint damit ausgeschlossen. Ebenfalls festgenommen wurden zwei ihrer Angestellten, Walter Gómez und Marcos Fletes.
Im Zuge der Ermittlungen wurden eine Reihe von Journalist*innen als Zeug*innen vernommen. Sie alle hatten in den letzten Jahren Zuwendungen der Stiftung erhalten. Wenige Tage später, am 5. Juni, wurde Arturo Cruz am Flughafen verhaftet. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Verbrechen der Verschwörung zur Untergrabung der nationalen Integrität zum Nachteil des Staates Nicaragua und der nicaraguanischen Gesellschaft vor. Cruz wird verdächtigt, sich in den USA für härtere Sanktionen gegen Nicaragua eingesetzt zu haben.
Felix Maradiaga und Juan Sebastián de Chamorro wurde dann, am 8. Juni, wegen möglicher illegaler Aktivitäten ihrer Nichtregierungsorganisationen IEEPP und FUNIDES, sowie wegen des Verstoßes gegen das Gesetz zur Verteidigung der Rechte des Volkes auf Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung für den Frieden (Gesetz Nr. 1055), die Freiheit entzogen. Cruz, Maradiaga und Sebastián de Chamorro hatten, wie Cristiana Chamorro, Ambitionen auf das Präsidentenamt bekundet, waren bislang jedoch noch von keiner Partei als Kandidat*innen aufgestellt worden.
Bis Sonntag den 13. Juni dann, wurden mit Violeta Granera, José Adán Aguerri, José Bernard Pallais, Tamara Dávila, Dora Téllez Maria, Ana Margarita Vigil, Hugo Torres Jimenez und Suyen Barahona sieben weitere Personen aus dem Umfeld der Opposition festgenommen. Laut Staatsanwaltschaft laufen gegen die betreffenden Personen Ermittlungen wegen „der Durchführung von Handlungen, die die Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung untergraben, der Anstiftung zur ausländischen Einmischung in innere Angelegenheiten, des Aufrufs zur militärischen Intervention, der Organisation von terroristischen und destabilisierenden Handlungen mit finanzieller Unterstützung ausländischer Mächte, dem Werben für und Organisieren von Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockaden gegen das Land und seine Institutionen, dem Fordern, Anpreisen und des Beifalls für die Verhängung von Sanktionen gegen den Staat Nicaragua und seine Bürger sowie der Schädigung der höchsten Interessen der Nation gemäß Artikel 1 des Gesetzes Nr. 1055, Gesetz zur Verteidigung der Rechte des Volkes auf Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung für den Frieden“.
Über die genauen Vorwürfe kann hingegen nur spekuliert werden, da die Behörden im Zuge der laufenden Ermittlungen bislang keine konkreten Beweise vorgelegt haben. Für die meisten Beschuldigten wurde die Zeit der Untersuchungshaft auf 90 Tage verlängert. Personen, die nach dem Gesetz 1055 verurteilt werden, gelten als „Vaterlandsverräter“. Damit einher geht das Verbot, bei Wahlen für öffentliche Ämter zu kandidieren.
Gerade heute erreicht uns die Nachricht, dass nun auch Luis Alberto Rivas, Direktor der Bank Banpro, im Zusammenhang mit den Ermittlungen verhaftet wurde.