Gericht in Nicaragua verurteilt Regierungsgegner nach neuem Gesetz über Internetkriminalität
Dieser Beitrag des Öku-Büros ist auch bei amerika21 erschienen.
Chinandega. Ein Gericht in Nicaragua hat einen Regierungsgegner wegen des Forderns von Sanktionen und des Verbreitens von Falschnachrichten zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Mit dem harten Urteil wurde erstmals das 2020 erlassene Gesetz über Internetkriminalität (Ley 1042) angewendet.
Donald Margarito Alvarenga Mendoza war wegen des Verbreitens von Falschnachrichten über seine Facebook- und Whatsapp-Konten am 18. Januar zunächst zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden, einen Tag später erhöhte die Richterin Rosa Evelia Baca dann das Strafmaß auf zwölf Jahre.
Das Gericht sah als erwiesen an, dass der Angeklagte sich im Viertel "Candelaria" und in der Umgebung von Chichigalpa (Departamento Chinandega) gemeinsam mit anderen, noch nicht identifizierten Personen getroffen habe, um für Sanktionen gegen Nicaragua zu werben und diese zu "verherrlichen". Das Werben für und "feiern" von Sanktionen gilt seit dem "Gesetz zur Verteidigung des Rechts des Volkes auf Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung für den Frieden" als Landesverrat und damit als schwere Straftat.
Alvarenga soll einer Gruppe namens "Pinguine" angehört haben, die es sich seit 2019 zur Aufgabe gemacht habe, Falschnachrichten zu veröffentlichen und zu verbreiten. Unter anderem soll der Angeklagte im Vorfeld der Wahlen am 7. November 2021 behauptet haben, dass die Wahlen unrechtmäßig seien und zum Boykott derselben aufgerufen haben.
Die Richterin Baca, Leiterin des ersten Strafgerichts von Chinandega, urteilte, dass der Angeklagte sich der Untergrabung der nationalen Integrität (Verschwörung) und Verbreitung von Falschnachrichten durch Informations- und Kommunikationstechnologien zum Nachteil der Sicherheit des nicaraguanischen Staates und der nicaraguanischen Gesellschaft schuldig gemacht habe.
Norwin Cruz Ponce, Anwalt des Beschuldigten, erhob indes schwere Vorwürfe gegen die ermittelnden Stellen und das Gericht. Demnach sei es ihm im Vorfeld der Hauptverhandlung nicht gestattet gewesen, alleine und ohne Aufsicht mit seinem Mandanten zu sprechen. Die als Beweise vorgelegten Bildschirmfotos seien nicht eindeutig seinem Mandanten zuzuordnen. Auch sei nicht ausreichend nachgewiesen worden, dass die im Raum stehenden Veröffentlichungen den behaupteten "psychologischen Schaden" in der Bevölkerung verursacht hätten. Aus diesen Gründen dürfe eine Person, "die mit der Regierung nicht einverstanden ist, […] nicht verurteilt werden, denn in einem Strafverfahren müssen auch die in der Verfassung verankerten politischen Rechte wie das Recht zu denken oder das Demonstrationsrecht Vorrang haben".
Inzwischen stand mit Douglas Alfredo Cerros Lanzas ein weiterer Regierungsgegner wegen ähnlicher Anschuldigungen vor Gericht. Auch in diesem Fall fordert die Anklage zwölf Jahre Gefängnis.