Gerichtsprozess gegen David Castillo, einen der Auftraggeber des Mordes an Berta Cáceres
Tag 4 [27.April 2021] BEGINN DER HAUPTVERHANDLUNG
Das Gericht lehnt die von den Anwälten der Familie Cáceres als Beweis vorgelegten Dokumente ab, die David Castillos Rolle in dem Unternehmen PEMSA und den von Daniel Atala ausgestellten Überweisungsauftrag von CONCASA an PEMSA über 1,254 Millionen Dollar nur wenige Tage vor dem Mord an Berta Cáceres belegen.
Das Gericht akzeptiert alle drei von der Nebenklage (Vertretung der Familie Cáceres) vorgeschlagenen Sachverständigen:
Harald Waxenecker: "Analyse der Machtposition von Roberto David Castillo Mejía in einem geschäftlich-institutionellen Umfeld und seiner Beteiligung an der Planung, Koordination und Ausführung des Mordes an Berta Cáceres Flores"
Andrés Arrieta: "Analyse der Häufigkeit der Telekommunikation zwischen den Mitgliedern der organisierten Struktur, die die Operation zur Ermordung von Berta Cáceres geplant, koordiniert und ausgeführt hat"
Gladys Tzul: Analyse der Gewaltsituation, der indigene Frauen und Menschenrechtsverteidigerinnen ausgesetzt sind. Der Fall Berta Cáceres und die Verteidigung des Flusses Gualcarque.
Zugelassen werden auch der von David Castillos Verteidigung vorgeschlagene Zeuge, DPI-Ermittler Juan Carlos Cruz (der zusammen mit einem anderen DPI-Agenten beschuldigt wird, Beweise im Zusammenhang mit dem Mord an Berta Cáceres manipuliert zu haben) sowie der Sachverständige Hugo Alberto Rivas.
Das Gericht beschließt, Bertas Tochter Laura Zúniga Cáceres und David Castillos Mutter als Prozessbeobachterinnen im Saal zu akzeptieren. Alle anderen Prozessbeobachter*innen können ausschließlich digital teilnehmen. COPINH kritisiert, dass das Gericht mit der Zulassung von Castillos Mutter Laura Zúnigas einzigartigen rechtlichen Status als Opfer mindert, der ihr - und nicht den Angehörigen des mutmaßlichen Täters - das Recht gibt, sich aktiv am Prozess zu beteiligen.
Um 19:30 Uhr werden die Eröffnungsplädoyers gehalten und die Mordanklage gegen David Castillo formalisiert. Die Hauptverhandlung hat nun begonnen.
Das Hauptargument von Castillos Verteidigung ist, dass der honduranische Staat und die Ermittler*innen die Ermittlungen von Anfang an manipulierten und relevante Ermittlungsstränge ausschlossen. Die Staatsanwält*innen konzentrierten sich in ihren Ausführungen auf Castillos Rolle innerhalb der organisierten kriminellen Gruppe, die Berta ermordete, insbesondere auf seine Kommunikation mit dem bereits 2018 verurteilten ehemaligen Sicherheitschef des Unternehmens DESA und ehemaligen Militär Douglas Bustillo. Die Nebenkläger*innen argumentierten, dass der Fall bereits mit der Erteilung der Konzession zum Bau des Wasserkraftwerkes Agua Zarca begann und Berta Cáceres Rolle im Widerstand gegen das Projekt dazu führte, dass die DESA - ihre Mitarbeiter, wie Castillo, und ihre Führung - sie überwachte, kriminalisierte und ermordete.
Quelle: https://www.aquiabajo.com/blog
Plädoyers der Nebenklage auf Spanisch:
https://copinh.org/wp-content/uploads/2021/04/Formalizacion-de-acusacion-en-contra-de-Roberto-David-Castillo-por-el-asesinato-de-Bertha-Isabel-Caceres-Flores_-Representacion-de-Salvador-Edgardo-Zuniga.pdf
https://copinh.org/wp-content/uploads/2021/04/Formalizacion-de-Acusacion-contra-David-Castillo-en-representacion-de-Bertha-Zuniga-Laura-Zuniga-Olivia-Zuniga-y-Maria-Austra-Flores..pdf
Arbeitsübersetzung des zweiten Plädoyers (ohne Gewähr):
I. Motiv für die Ermordung von Bertha Cáceres:
- Das Motiv für die Ermordung von Bertha Cáceres war, dass sie die Rechte des indigenen Volkes der Lenca in den Departements Intibucá und Santa Bárbara einforderte.
- Das Unternehmen Desarrollos Energéticos S.A. de C.V., auch bekannt als DESA, wurde 2009 gegründet und erhielt 2010 eine Konzession am Gualcarque-Fluss für das Wasserkraftwerksprojekt Agua Zarca, was gegen internationale Standards zu den Rechten indigener Völker verstößt, wie z.B. das Recht auf freie, vorherige und informierte Konsultation, wie in der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation festgelegt.
- Zur Durchsetzung des PHAZ (Projekt Wasserkraftwerk Agua Zarca, d.Red) handelten die Gesellschafter und das Direktorium alltäglich und legal innerhalb der Normalität eines jeden Unternehmens, parallel dazu aber auch illegal. Zu ihren Handlungen gehören: Korruption, Verletzung der Menschenrechte, Instrumentalisierung der staatlichen Institutionen, Kriminalisierung und sogar Mord, wie mit der betroffenen Bertha Cáceres passiert. All diese Aktionen waren dem honduranischen Staat, den Streitkräften, den nationalen und internationalen Banken, die das Projekt finanzierten, bekannt. Sie unterstützten trotz aller Gewalt, die von den Gesellschaftern, Direktoren und Angestellten der DESA ausgeübt wurde, den Bau des Projekts weiterhin.
II. Verschwörung der Gesellschafter und Direktoren der DESA zur Ermordung von Bertha Cáceres
- Die Direktoren, Gesellschafter und Mitarbeiter von DESA waren sich darüber im Klaren, dass das größte Hindernis für das Projekt darin bestand, dass Bertha Cáceres für die Rechte der Lenca-Indigenen in den Gemeinden eintrat. Um sie zu kontrollieren und zu neutralisieren, nutzten sie die Mittel Überwachung, Angriffe, Kriminalisierung und Zerstörung des sozialen Gefüges der Gemeinden.
- David Castillo, als Vorstandsvorsitzender der Firma DESA und als ein von den honduranischen Streitkräften im militärischen Nachrichtendienst ausgebildeter Agent, näherte sich dem Opfer, um seine Bewegungen zu verfolgen. Gleichzeitig kontaktierte David Castillo Mejía Douglas Bustillo, der zu dieser Zeit Sicherheitschef der DESA war, um die Ermordung von Bertha Cáceres zu koordinieren, zu planen und durchzuführen.
III. Ausführung des Mordes an Bertha Cáceres und die Beteiligung von David Castillo Mejía.
- Douglas Bustillo, der einen klaren Auftrag von David Castillo hatte, heuerte eine Gruppe von Attentätern an, um das Attentat auszuführen, das ursprünglich für den 5. und 6. Februar (2016 d.Red) geplant war, ein Anschlag, der abgebrochen wurde und von dem der Angeklagte wusste. Am 2. März schließlich, in den Nachtstunden, verübte das Killerkommando das Attentat auf Bertha Cáceres, in ihrem Haus im Stadtviertel El Libano, La Esperanza, Intibucá.
- Wir werden beweisen, dass David Castillo von allen Handlungen vor und nach dem Attentat vom 2. März volle Kenntnis hatte und eine Schlüsselrolle spielte, indem er als Bindeglied zwischen der operativen/exekutiven Struktur des Attentats und der Management-/Führungsstruktur des Unternehmens DESA fungierte, die dem Attentat zustimmte.
- Aufgrund all dieser Tatsachen ist David Castillo Mejía gemäß Artikel 25 des Strafgesetzbuches Mittäter des Verbrechens des Mordes gegen von Bertha Cáceres Flores, wie es in Artikel 193 desselben Gesetzes vorgesehen ist.
Anmerkung der Red.: Wir schreiben üblicherweise Berta Cáceres, weil sie sich selbst so genannt hat. In offiziellen Dokumenten wird die Schreibweise Bertha Cáceres verwendet, wie es in ihren Papieren stand.