Geschichte der Solidaritätsarbeit

Als ein Anfangspunkt der internationalen Solidaritätsarbeit kann der Ausspruch „Proletarier aller Länder vereinigt euch“ in Marx und Engels Kommunistischem Manifest angesehen werden. Das Kampfprinzip Klassensolidarität fand in der Bildung der I. Internationalen 1864 seinen praktischen Ausdruck.
Das Erkennen der gemeinsamen (Zwangs-)Lage führte zu Austausch und Zusammenarbeit revolutionärer Kräfte über Grenzen hinweg.
Auch wenn es schon früh Richtungsstreitigkeiten und Spaltungen bis hin zu offenen Feindschaften untereinander gab, verband der Glaube an den gemeinsamen Kampf und an die Notwendigkeit von weltweiter Befreiung die revolutionären Kräfte gegen Kaiser bzw. Zar und später gegen den Faschismus.
So unterstützten Internationale Brigaden mit der Waffe in der Hand die soziale Revolution in Spanien 1936 und den republikanischen Kampf gegen den Faschismus.

In den 50er/60er Jahren äußerte sich die internationale Solidarität vor allem in Unterstützung der Befreiungskämpfe in (ehemaligen) Kolonialgebieten wie z.B. Algerien.

Im Anschluss an die APO/ Student_innenbewegung bildete sich in den 70er Jahren aus antiimperialistischen Zusammenhängen 3. Welt/Eine Welt Gruppen. Lose assoziiert organisieren sie sich in der BRD seit 1977 in der Bundeskoordination Internationalismus (BUKO).
Im Zentrum der Arbeit stand der Nord-Süd Konflikt und die Kritik einer ungerechten Weltwirtschaftsordnung. Die Bewegung war jedoch keinesfalls homogen wie z.B. die Einstellung zur Entwicklungshilfe zeigt: Kämpften einige Gruppen für eine pauschale Erhöhung, kritisierten andere vor allem die Prioritätensetzung und die Struktur der Entwicklungshilfe, andere Organisationen wie der SDS lehnten sie komplett ab, da sie als ein Mittel zur Stabilisierung und Festigung der Unterdrückungsverhältnisse angesehen wurde.
Die unterschiedliche Radikalität der Kritik lässt sich nicht nur zwischen den Gruppen ausmachen, sondern auch in dem Prozess der Politisierung den viele Gruppen durchmachten, wie beispielhaft der Freiburger Zusammenhang, der heute mit der IZ3W assoziiert wird:
Mit einem christlich-humanitären Ansatz stand zuerst die Forderung nach einer Erhöhung der Entwicklungshilfe im Vordergrund, danach die Verbesserung ihrer Instrumentarien. Es wurde einer Stabilisierung der Rohstoffpreise und Gewährung einseitiger Exportpräferenzen für Entwicklungsländer verlangt. Den geringen Erfolg ihres Engagements führten sie auf eine zu geringe Lobby zurück. Mit einer stetigen Politisierung der Gruppe wurde aber auch die Entwicklungshilfe generell kritisiert und der Fokus auf heimische Verhältnisse gerichtet. Das Verständnis wuchs Teil der bundesdeutschen Linken zu sein. Bewusstseins- und Informationsarbeit in der BRD und Solidarität mit den Befreiungsbewegungen ersetzte das Konzept „Lobby für die 3. Welt“.

Die bundesdeutsche Bewegung setzte sich verstärkt mit der Rolle der USA, von Geheimdiensten und den Verstrickungen von Konzernen in den Diktaturen (Lateinamerikas) auseinander.
Die Solidarität mit Allendes Chile und später mit den revolutionären Projekten/Kräften in Argentinien, Südafrika, Nicaragua und El Salvador bildete den Schwerpunkt der internationalen Solidaritätsarbeit in der BRD der 1970er/80er Jahre.
Herausragend war die Nicaragua Solidarität. Zu dieser breiten und heterogenen Bewegung, die zeitweise aus bis zu 400 Gruppen bestand, sei auf den folgenden Beitrag verwiesen.
In den 90er Jahren war nur noch ein Bruchteil in der internationalen Solidaritätsbewegung aktiv, da in Nicaragua und El Salvador die Hoffnungen auf ein erfolgreiches revolutionäres Projekt vergangen waren. Aber schon vorher verkümmerte die politische Solidarität immer mehr und die Bewegung professionalisierte sich in der Verwaltung von Solidaritätsprojekten.

Mit der herrschaftskritischen und globalisierungskritischen Bewegung der Zapatistas in Mexiko und ihrem Aufstand 1994 bildete sich ein neuer Bezugspunkt für internationale Solidaritätsarbeit.
Die positive Bezugnahme auf bestimmte Projekte und Organisationen wird natürlich von der eigenen Zielsetzung bestimmt. Waren in El Salvador verstärkt christliche Gruppen aktiv, so ist die Solidarität mit den Zapatistas vor allem von herrschaftskritischen Zusammenhängen geprägt.
Kontrovers wurden in den letzten Jahrzehnten vor allem die Gewaltfrage in der Solidaritätsbewegung diskutiert und die Unterstützung nationalistischer Gruppen.


Quellen
Balsen, Werner; Rössel, Karl (1986): Hoch die Internationale Solidarität- Zur Geschichte der Dritte Welt-Bewegung in der Bundesrepublik, Kölner Volksblatt

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