Kolumbien
Länderbericht
"Wenn ein Volk mitten in einer Pandemie auf die Straße geht, um zu protestieren, dann deshalb, weil die Regierung gefährlicher ist als das Virus" war der Slogan bei den landesweiten Protesten 2021 in Kolumbien. Es war ein bewegtes Jahr, mit einer neuen und offensichtlichen Konflikt- und Gewalteskalation. Aus diesem Grund wurde die Stimme der Bevölkerung laut und es kam zu Massenprotesten. Der folgende Bericht stellt einige der wichtigsten Ereignisse im Land vor. Der Bericht konzentriert sich auf die Hauptprobleme, die die Friedenskonsolidierung im Land behindern und dadurch mit unseren Aktivitäten in Verbindung stehen.
Kolumbien, zwischen sozialem Aufbruch und der Kontinuität des Konflikts
Der wichtigste Punkt auf der Tagesordnung im Jahr 2021 war das Friedensabkommen zwischen der kolumbianischen Regierung und der ehemaligen FARC-EP-Guerilla, das sich im November 2021 zum fünften Mal jährte. Die Umsetzung des Abkommens zeigte einige positive, aber auch negative Aspekte. Die wichtigsten davon werden im Folgenden hervorgehoben.
Fortschritte und positive Auswirkungen
Die wichtigsten Fortschritte bei der Umsetzung des Abkommens betrafen den Bereich der Übergangsjustiz. Die Ergebnisse der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP), der Wahrheitskommission (CEV) und der Einheit für die Suche nach Verschwundenen (UBPD), wurden international anerkannt (1). Die JEP erhielt Berichte und Erklärungen von ehemaligen Guerilla- und paramilitärischen Angehörigen, staatlichen Akteuren, Geschäftsleuten und Opfern. Im Jahr 2021 gingen die Ermittlungen weiter und bewirkten, dass manche Angeklagten ihre Schuld anerkannten. Die JEP stellte fest, dass die Zahl der zwischen 2002 und 2008 von der kolumbianischen Armee durchgeführten außergerichtlichen Hinrichtungen 6.400 Fälle übersteigt (2). Dazu erkannten mehrere ehemalige FARC-Kommandeure ihre Verantwortung für Entführungs- und Erpressungsverbrechen an und entschuldigten sich dafür bei den Opfern (3).
Das CEV arbeitete an der Ausarbeitung des Abschlussberichts, der 2022 vorgelegt werden soll. Die Kommission führte hunderte von Informations-, Schulungs- und psychosozialen Begleitveranstaltungen durch (4). Die UBPD ihrerseits berichtete, dass bis Ende 2021 fünf als vermisst gemeldete Personen lebend aufgefunden wurden und das sie in Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden und Organisationen der Zivilgesellschaft 289 Leichen in zehn Departements barg, von denen 127 an ihre Familien übergeben wurden. Die UBPD ermittelte bis dahin auch 4.724 Standorte illegaler Leichenbeseitigungen (5).
Diese Erfolge der Übergangsjustiz stellen nicht nur einen Fortschritt bei der Suche nach Gerechtigkeit und Friedenskonsolidierung dar. Sie führten auch zu einer größeren Bürgerbeteiligung. Besonders erwähnenswert ist in dem Zusammenhang die Regelung der “Friedenssitze”, die trotz der Behinderung durch die Regierung erreicht wurde. Das Verfassungsgericht verpflichtete den kolumbianischen Staat, 16 Sitze für Opfer des bewaffneten Konflikts im Kongress zu genehmigen und einzurichten (6).
Von der FARC zur COMUNES-Partei
Aktivitäten zu Kolumbien
2021 war ein ereignisreiches Jahr, nicht nur in Kolumbien, sondern auch in Deutschland und damit auch in unserer Arbeit. In diesem Jahr waren wir an 92 Aktivitäten beteiligt. Mit unseren Aktivitäten erreichten wir 3.614 Personen. Davon nahmen 2.556 Personen virtuell an 54 Aktivitäten teil. 1.058 Personen, 476 davon in München, erreichten wir persönlich mit 38 Aktivitäten. Darüber hinaus hatten wir 1.510 Besucher auf unserer Projektplattform Klimasolidarität.de und mehr als 2.500 Interaktionen auf unseren Social-Media-Beiträgen.
Erfahrungen und Wirkung
Durch diese Maßnahmen ist es uns gelungen, über die Probleme unserer Kontaktpersonen und Partnerorganisationen in Kolumbien zu informieren, sowie Räume für kritische Analyse neuer Perspektiven und Lösungen zu eröffnen. Wir verstärkten auch unsere Beteiligung an vier Netzwerken: die Deutsche Menschenrechtskoordination Kolumbien (MRKK), ein Netzwerk von Initiativen und Kollektiven, die sich in Deutschland für die Friedensförderung in Kolumbien einsetzen, ein Netzwerk zur Unterstützung von Asylsuchenden und das Netzwerk unseres Projektes Klimasolidarität.de.
Bei all dem stellten wir ein wachsendes Interesse an unserer Arbeit fest. Im Jahr 2021 erhielten wir vier Bewerbungen für Praktika, von denen wir nur zwei annehmen konnten. Darüber hinaus stiegen die Anfragen zur Unterstützung von Organisationen oder Personen, die sich in Gefahr befinden oder Asyl suchen, sowie Einladungen zur Teilnahme an Veranstaltungen anderer Organisationen. Da unsere Kapazitäten begrenzt sind und wir nicht in allen Bereichen über Experten verfügen, mussten wir viele dieser Anfragen an Personen oder Organisationen weiterleiten.
Unsere Veröffentlichungen fanden auch großen Anklang, sowohl auf unserer Hauptwebsite als auch auf der Seite Klimasolidarität.de. Unsere Artikel wurden von anderen Medien oder Radioprogrammen zitiert oder verwendet. Das Publikum schätzte vor allem die Möglichkeit, einen Raum für die Reflexion und Analyse von solidarischen Alternativen zu den Problemen des Klimawandels und der Menschenrechtsverletzungen im globalen Süden mitzugestalten.
Wir konnten uns mit einem Verteidiger indigener Rechte solidarisieren, der einen Raum zum Ausruhen und Lernen erhielt, um seine persönlichen und gemeinschaftlichen Pläne voranzutreiben. Vor allem aber konnte er das Risiko von Angriffen auf sich und sein Team verringern. Wir haben unser Gast noch geholfen, ein zusätzliches Stipendium zu erhalten, um die Verteidigung und Stärkung seiner Gemeinschaft fortzusetzen. Darüber hinaus konnten wir uns auch mit anderen Menschen solidarisieren und sie bei der Suche nach Verringerung ihrer Sicherheitsrisiken unterstützen.#
Die politische Partei Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común (FARC), die nach der Demobilisierung der Guerilla durch das Abkommen von Havanna entstanden ist, nannte sich im Januar 2021 im Rahmen ihrer Wahlkampfstrategie für die Wahlen 2022 in Partido COMUNES um. Das Akronym FARC wird nicht nur mit einer gewalttätigen Vergangenheit assoziiert, sondern auch mit den bewaffneten Post-FARC-EP Gruppen, die als "Dissidenten" bekannt sind. Diese Namensänderung eröffnete der politischen Partei neue aber leider nur minimale Räume der Beteiligung und Akzeptanz.
Langsame und sabotierte Umsetzung
Trotz der erzielten Fortschritte und des angeblichen Engagements für die Umsetzung, das die kolumbianische Regierung auf internationaler Ebene zeigte, behindert sie nach wie vor die Umsetzung wichtiger Punkte des Abkommens. Insbesondere derjenigen, die sich auf die ländliche Reform und die gewaltfreie Lösung des Drogenproblems beziehen. So sind die Mittel für Frieden, Versöhnung und ländliche Entwicklung nach wie vor viel niedriger, als jene für Krieg und Sicherheit. Die Einrichtungen der Übergangsjustiz, JEP, CEV und UBPD, arbeiteten im Jahr 2021 mit Budgets, die bis zu 30 % unter der erforderlichen Höhe lagen (7).
Die Sicherheit ehemaliger Guerillakämpfer*innen war auch gefährdet. Nach Angaben des Instituts für Entwicklungs- und Friedensstudien (Indepaz) wurden im Jahr 2021 in Kolumbien 43 ehemalige FARC-EP-Guerilla Mitglieder ermordet (9). Diese mangelhafte Umsetzung der vereinbarten Sicherheitsgarantien für die ehemaligen FARC-EP-Angehörige, erklärte das Verfassungsgericht in den ersten Tagen des Jahres 2022 für verfassungswidrig (8). Mit dieser Entscheidung bestätigte das Gericht, dass der kolumbianische Staat seiner Verantwortung bei der Umsetzung des Abkommens nicht nachkommt. Mit Blick auf die fünfjährige Laufzeit des Abkommens forderten auch internationale Organisationen die kolumbianische Regierung dazu auf, gesellschaftliche Führungspersönlichkeiten und die ehemaligen Kämpfer*innen zu schützen, das Friedensabkommen zu implementieren und die strukturellen Ursachen der Gewalt im Land anzugehen (10) (11).
Neue Eskalation von Konflikt und Gewalt
Der bewaffnete Konflikt erreichte 2021 einen neuen Höhepunkt. Erneut gab es sehr viele Fälle von Massakern, gezielten Ermordungen, gewaltsamen Vertreibungen und gewaltsamen Verschwindenlassens.
Massaker und gezielte Ermordungen: Die Mordrate war im Jahr 2021 die höchste seit 2014. Indepaz dokumentierte im vergangenen Jahr 96 Massaker (13). Führende Persönlichkeiten aus dem sozialen und ökologischen Bereich in verschiedenen Gebieten des Landes wurden angegriffen. 338 dieser Personen wurden getötet.
Gewaltsames Verschwindenlassen: Nach Angaben der kolumbianischen Regierung wurden im Jahr 2021 122 Personen als gewaltsam verschwunden gemeldet (14). Die Nationale Arbeitsgruppe für Verschwindenlassen der Koordinierungsstelle Kolumbien-EuropaVereinigte Staaten (CCEEU) dokumentierte jedoch schon 770 Fälle von Verschwindenlassen allein zwischen dem 28. April und 24. Mai im Zusammenhang mit den Protesten im Rahmen des Landesstreiks. Von diesen wurden 23 Menschen tot aufgefunden. In diesem Zusammenhang meldete die Staatsanwaltschaft nur 379 Fälle, von denen Ende Oktober 2021 noch 27 Personen vermisst wurden (15).
Gewaltsame Vertreibung: Das Opferregister der Regierung (Unidad de Víctimas) verzeichnet 437 Ereignisse mit mehr als 130.000 Opfern (17). Diese letzte Zahl entspricht einem Anstieg von 169 Prozent gegenüber 2020. Am stärksten betroffen waren wiederum Menschen aus afro-kolumbianischen und indigenen Gemeinden (18).
Antipersonenminen: Obwohl die Minenräumungsprogramme Fortschritte machen, sind 20 % der Gebiete, die von ehemaligen FARC-EP-Mitgliedern nach dem Friedensabkommen gemeldet wurden, noch nicht geräumt. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Kolumbien (CICR) dokumentierte allein in der ersten Hälfte des Jahres 2021 263 Opfer in 10 Departementos des Landes. Davon waren 59 % Zivilisten, 39 % Angehörige der Sicherheitskräfte und 2 % Mitglieder illegaler Gruppen; 21 Opfer waren minderjährig (20).
Gleichbleibende Opfergruppen
Der Konflikt hatte schon immer größere Auswirkungen auf Kinder, Frauen sowie auf LGBTIQ+, afrokolumbianische, indigene und bäuerliche Gemeinschaften. Das ist bei der derzeitigen Eskalation des Konflikts so geblieben. Kinder werden wieder als "Kriegsinstrumente" eingesetzt (22) und afrokolumbianische, indigene und bäuerliche Gemeinschaften sind am stärksten von Vertreibung und Landminen betroffen. Aus diesem Grund müssen mehr als 3.000 Personen aus indigenen Familien in der kolumbianischen Hauptstadt, auf der Straße oder in öffentlichen Parks leben (23).
Das Gleiche gilt für Frauenmorde und Straftaten im Zusammenhang mit Menschenhandel. Die Aufzeichnungen des Observatorio Feminicidios Colombia zeigen, dass Feminizide und Transfeminizide im Jahr 2018 zunahmen und seither auf diesem Niveau geblieben sind (24). Im Jahr 2021 zählte diese Beobachtungsstelle 605 Feminizide und 17 Transfeminizide. Das Büro des Ombudsmannes meldete seinerseits 21.434 rechtsmedizinische Untersuchungen im Zusammenhang mit sexueller Gewalt und betonte, dass diese Verbrechen von den Opfern nicht angezeigt werden (25). Auch die Zahlen im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Verschwindenlassen sind drastisch gestiegen. Von 6 verschwundenen Frauen im Jahr 2017 stieg diese Zahl auf 58 im Jahr 2021, und im Falle von Transfrauen stieg die Zahl von 3 auf 17. Aus diesem Grund wird Kolumbien als Hochrisikoland für Frauen- und LGBTIQ+ Aktivist*innen eingestuft (26).
Die illegalen Geschäfte erfinden sich neu
Seit 2018 ist ein leichter, aber stetiger Rückgang der mit Kokasträuchern bepflanzten Fläche zu verzeichnen, die im Jahr 2020 bei 143.000 Hektar lag. Die Kokainproduktion nahm jedoch aufgrund der Technifizierung des Produktionsprozesses zu (27). Einerseits kehrten 2015 und 2016 Hunderte von Landwirten zum Kokaanbau zurück, weil sie auf die im Rahmen des Abkommens angebotenen Vorteile hofften. Doch die vereinbarten Programme funktionierten nicht oder nur halbherzig. Andererseits strukturierte die internationale Mafia ihre Aktivitäten in Kolumbien um und investierte in die Sicherheit und die Verbesserung der Produktion (28).
Kolumbien hat eine der niedrigsten landwirtschaftlichen Produktionsraten in der Region und ist nach wie vor ein Land, in dem es nicht rentabel ist, von der Landwirtschaft zu leben. Viele Menschen, die auf dem Land wohnen, entscheiden sich für den Anbau von Koka, da sie selbst Kokablätter zu Kokainpaste verarbeiten und diese mit einem Gewinn verkaufen können, der mit anderen landwirtschaftlichen Produkten nicht erzielt werden kann (29).
Sprühen aus der Luft mit Glyphosat
Anfang 2021 versuchte die kolumbianische Regierung, das Sprühen von Glyphosat aus der Luft auf Koka-Pflanzen wieder zu legalisieren. Das Verfassungsgericht beanstandete aber die Entscheidung der Regierung mit der Begründung, dass die Grundrechte der betroffenen Gemeinschaften geschützt werden müssen (31). Indigene Gemeinschaften wären wieder einmal am stärksten betroffen, nicht nur wegen der Gesundheits- und Umweltprobleme, sondern auch wegen der kulturellen Auswirkungen. Einige indigene Gemeinschaften verwenden Kokablätter für medizinische Zwecke, für Zeremonien oder zur Herstellung legaler Produkte.
Das neue Spektrum der bewaffneten Akteure
Die Verschärfung des Konflikts und der Gewalt ist auch eine Reaktion auf die neue Zusammensetzung der am Konflikt beteiligten Akteure. Organisationen wie Indepaz und Insight Crime dokumentieren ihre Strukturen (32). Die wichtigsten Gruppen sind laut ihren Berichten:
Narco-paramilitärische Gruppen
Nach Angaben von Indepaz gibt es 22 Gruppen mit mehr als 8.000 Kämpfer*innen, die mit Zwischenhändlern oder Großhändlern von Drogenkartellen aus Mexiko, Brasilien, Russland, Italien und Albanien zusammenarbeiten (33).
Post-FARC-EP-Gruppen
Indepaz verzeichnet 30 Einheiten mit mehr als 5.500 Angehörigen in 4 Gruppen, die in 22 Regierungsbezirken und 123 Gemeinden vertreten sind. Aber von den 13.000 Personen, die das Friedensabkommen unterzeichneten, halten sich 95 % an den Prozess. Das lässt darauf schließen, dass es sich bei diesen Post-FARC-EP-Gruppen um neue Rekruten handelt.
Nationale Befreiungsarmee (ELN)
Älteste Guerillagruppe. Etwa 2.450 Angehörige in 8 Kriegsfronten. Präsenz in 211 Gemeinden des Landes. Sie geraten mit den Post-FARC Gruppen aneinander, obwohl sie eine gemeinsame politische Ausrichtung haben.
Armut und extreme Armut
Armut und Ungleichheit im Land sind die Ursache für Konflikte, Illegalität und die Ausbreitung bewaffneter Gruppen. Im Jahr 2020 lag die offizielle nationale Armutsquote bei 42,5 Prozent. Bis 2021 wird keine Verbesserung, sondern ein Anstieg des Armutsniveaus erwartet. In Kolumbien leben mehr als 21 Millionen Menschen von weniger als 82 Euro pro Monat, der von der kolumbianischen Regierung festgelegten Armutsgrenze. 7,47 Millionen dieser Menschen leben von weniger als 36 Euro pro Monat, das die Grenze zur extremen Armut im Land darstellt. (33)
Dem Gini-Koeffizient (34) zufolge ist Kolumbien das ungleichste Land unter den Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die zweitungleichste Volkswirtschaft in Lateinamerika und der Karibik, übertroffen nur von Brasilien.
Auch externe Faktoren beeinflussen diese Zahlen. Schätzungen zufolge leben rund 1,7 Millionen Menschen aus Venezuela in Kolumbien, was etwa 30 Prozent aller venezolanischen Migrant*innen in Lateinamerika entspricht (35). In den letzten Jahren sind diese Menschen vermehrt auf die Unterstützung der kolumbianischen Regierung angewiesen. Wenn sie diese nicht erhalten, gehen viele von ihnen illegalen Aktivitäten nach.
Korruption und Intransparenz
Armut und Ungleichheit in Kolumbien werden zum Teil durch die Korruption im Lande verursacht. Bei der Korruptionsbekämpfung sind keine positiven Fortschritte zu verzeichnen. Die Organisation Transparency International veröffentlicht jedes Jahr den Korruptionsindex (CPI). Im Jahr 2021 lag Kolumbien dort auf Platz 87 von 180 Ländern (36). Dieses Ergebnis ist die Folge von Korruptionsskandalen, bei denen öffentliche Mittel in Millionenhöhe verloren gingen. Einer der symbolträchtigsten Skandale im Jahr 2021 war der Verlust von rund 16 Millionen Euro bei einem Vertrag des Ministeriums für Informations- und Kommunikationstechnologien, der die Versorgung ländlicher Gebiete Kolumbiens mit Internet vorsah, aber nicht erfüllt wurde. Es gab auch strafrechtliche Entscheidungen, durch die Beamte freigesprochen wurden, denen Korruptionsdelikte oder Verbindungen zu paramilitärischen Gruppen oder Drogenhändlern nachgewiesen werden konnten. Bei den Ermittlungen sind die Namen von politischen Persönlichkeiten, wie Botschafter, der Präsident selbst oder die Familie der Vizepräsidentin erschienen. Weitere Beamte, die strafrechtlich verfolgt werden, sind ehemalige Präsidenten und Beamte, die mit den Problemen beim Megastaudamm Hidroituango in Verbindung stehen.
Einer der Hauptgründe für den landesweiten Streik und die Proteste im Land, war eine Steuerreform. Sie wurde unter dem Namen Sozialinvestitionsgesetz verabschiedet, aber im Senat nicht ordnungsgemäß erörtert (38). Zur Vervollständigung dieses Bildes sei noch auf die Korruptionsfälle im Justizbereich hingewiesen. Im März 2021 wurde ein ehemaliger Präsident des Obersten Gerichtshofs zu 19 Jahren Haft verurteilt.
Unabhängigkeit der Justiz
Alle diese Korruptionsdelikte profitieren von der Machtkonzentration im Präsidentenamt. Im Jahr 2021 gab es mehrere Versuche von unzulässigen Ernennungen von Rechnungsprüfern und Beamten in Kontrollorganen, die dem Präsidenten, regionalen Führern oder ihren politischen Parteien sehr nahestehen. Die Kontrolle und die demokratische Beteiligung werden weiter geschwächt, was zu einem autoritären Szenario im Land führte (39).
Das Amt des Generalstaatsanwalts wird seit Jahren von Personen bekleidet, die dem amtierenden Präsidenten sehr nahestehen. So verzichtete beispielsweise im Jahr 2020 der ehemalige Präsident Alvaro Uribe Velez auf seine Immunität als Senator der Republik und wurde anschließend von der Generalstaatsanwaltschaft vor Gericht unterstützt.
Internationale Skandale
Internationale Skandale, in die Kolumbien verwickelt war, waren die Ermordung des Präsidenten von Haiti durch eine Gruppe ehemaliger Soldaten der kolumbianischen Armee im Juli 2021 (40), und die Feierlichkeiten zur Internationalisierungswoche einer Polizeischule. Bei dieser Feier wurden Darstellungen verwendet, die auf Nazi-Deutschland anspielten und einige Polizisten trugen Gestapo-Kostüme. Das diplomatische Korps Israels und Deutschlands verurteilten diese Verehrung des Nationalsozialismus (41).
Deutschland war aber auch in einen internationalen Skandal verwickelt, bei dem es um den illegalen Verkauf von Waffen an Kolumbien ging. Es wird vermutet, dass diese Waffen in die Hände von Kindersoldaten gerieten. Für die Lieferung dieser Waffen von Deutschland über die Vereinigten Staaten nach Kolumbien wurde die Firma SIG Sauer vom Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zur Zahlung von mehr als 11 Millionen Euro verurteilt. Der Strafantrag wurde 2014 von der Kampagne "Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel" gestellt (42).
Umwelt
Im Jahr 2021 wurden verschiedene Gesetze zum Schutz der Umwelt erlassen. Eines davon war der Climate Action Act, der Maßnahmen zum Ausgleich von Treibhausgasemissionen vorsieht (43). Andere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Wiederaufforstung ermöglichten die Anpflanzung von mehr als 100 Millionen Bäumen in den am stärksten von Abholzung und illegalem Bergbau betroffenen Gebieten.
Diese Gesetze stehen jedoch in keinem Zusammenhang mit der Realität in Kolumbien. Die Umweltkriminalität nimmt weiter zu, darunter Abholzung, illegaler Bergbau, illegale Fischerei, Öldiebstahl aus Pipelines und illegaler Handel mit seltenen Pflanzen und Tieren.
Kolumbien gehört nun zu den zehn Ländern der Welt, in denen der Regenwald am meisten zerstört wird. Bislang gibt es dazu nur Berichte aus dem ersten Quartal 2021. Obwohl der Regierungsbericht einen Rückgang der abgeholzten Fläche aufzeigt, ist zu bedenken, dass es sich nicht um das gesamte Land, sondern um eine Auswahl von Regierungsbezirken handelt (44). Außerdem wurden im Laufe des Jahres verschiedene Berichte von Umweltorganisationen vorgelegt, in denen die Abholzung der Wälder im Amazonasgebiet und in Naturparks sowie der illegale Bergbau angeprangert wurden. Im Folgenden finden sich zwei Beispiele für soziale und ökologische Ungerechtigkeiten in Kolumbien, mit denen wir uns im letzten Jahr befasst haben.
Hidroituango
Seit mehreren Jahren beobachten wir die Probleme dieses Megastaudamms, der in der Gemeinde Ituango zu sozio-ökologischen Katastrophen geführt hat. Im Laufe des Jahres 2021 wurden u.a. ehemalige Manager von Empresas Públicas de Medellín, die für das Projekt verantwortlich waren, und ehemalige Gouverneure des Regierungsbezirks Antioquia wegen finanzieller und baulicher Fehler angeklagt. Die Versicherer erklärten sich bereit, einen Teil des Schadens zu übernehmen (45). Ein Gutachten der Firma Pöyry zeigt deutlich, dass ein hohes Risiko für einen katastrophalen Dammbruch besteht. Trotzdem schließt der Bericht mit der Empfehlung, den Damm sofort wieder in Betrieb zu nehmen. Die Bewegung Rios Vivos wies den Bericht des Unternehmens als parteiisch und als Teil der Strategie zur Fortführung des Hidroituango-Geschäfts zurück (46).
Steinkohlebergbau
Im Januar 2021 wurden in Australien und in der Europäischen Union Beschwerden gegen Glencore, Anglo American und BHP Billiton eingereicht. Den Unternehmen werden Verstöße gegen die OECD-Leitprinzipien für Menschenrechte und Umwelt in der Mine El Cerrejón in Kolumbien vorgeworfen (47). Anderseits verklagte Glencore den kolumbianischen Staat, weil die kolumbianischen Umweltbehörden die Umleitung eines Flusses untersagten. Die Klage wurde mit der Nichteinhaltung der internationalen Investitionsschutzabkommen begründet (48).
Die kolumbianische Gesellschaft erwachte und forderte ihre Rechte ein
"Wenn ein Volk mitten in einer Pandemie auf die Straße geht, um zu protestieren, dann deshalb, weil die Regierung gefährlicher ist als das Virus". Dieser Satz wurde im Rahmen des landesweiten Streiks und der Proteste ab dem 28. April 2021 sehr populär. Der Streik war ursprünglich als Protest gegen eine Steuerreform und anderer Punkte, die bereits in diesem Bericht erwähnt wurden, ausgerufen worden. Dies war der größte soziale Protest seit den 1940er Jahren mit Demonstrationen im ganzen Land. Auch in Deutschland, Österreich, Spanien, Frankreich, Belgien und England fanden Proteste statt. Die Mobilisierung brachten nicht nur die Unzufriedenheit der Gesellschaft zum Ausdruck, sondern auch die Abnutzung des repressiven politischen Modells, das in dem Land seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1810 existierte. Mit der Steuerreform hätte das Haushaltsdefizit des Staates gelöst werden sollen, indem die Steuerlast für Bürger*innen mit geringem Einkommen erhöht und gleichzeitig Einzelpersonen und Unternehmensgruppen mit großem Kapital entlastet werden sollten.
Staatliche Repression und Gewalt
Das Erwachen der Bevölkerung wies die wirtschaftlichen und politischen Eliten in ihre Schranken. Gegenüber der sozialen Mobilisierung reagierte die kolumbianische Regierung mit der Kriminalisierung der Personen und Organisationen, die die Proteste organisierten, und verfolgte die Doktrin der "demokratischen Sicherheit", was zu einer systematischen Verletzung der Grundrechte der Demonstrant*innen führte (49). Diese Menschenrechtsverletzungen wurden von verschiedenen Organisationen wie dem UN-Menschenrechtsbüro in Kolumbien und Human Rights Watch dokumentiert, die von 63 bzw. 68 im Zusammenhang mit den Protesten getöteten Menschen berichteten. Ihren Berichten zufolge waren 76 % davon auf Schussverletzungen zurückzuführen (50). INDEPAZ berichtete seinerseits von 80 Toten, 4.687 Fällen von Polizeigewalt, dem Einsatz nicht-konventioneller Waffen durch die Polizei, 2.005 willkürlichen Verhaftungen und 28 Opfern sexueller Gewalt durch die Sicherheitskräfte (51). Auch die CIDH, internationale Kommissionen und europäische Diplomaten legten Berichte vor und bestätigten Rechtsverletzungen durch die Polizei und den Staat. Die kolumbianische Regierung wies diese Berichte zurück und begab sich auf eine diplomatische Reise durch Europa, um ihre Reaktion auf die Proteste zu rechtfertigen und Menschenrechtsverletzungen zu leugnen (52).
Kooperationsabkommen zwischen Deutschland und Kolumbien
Trotz schwerwiegender Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen durch die kolumbianischen Streitkräfte und die kolumbianische Polizei unterzeichnete die deutsche Regierung im Jahr 2021 ein Kooperationsabkommen zur Stärkung der bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern im Bereich der militärischen Verteidigung (55). Trotz mehrerer Auskunftsersuchen von Abgeordneten des Deutschen Bundestages und Organisationen der Zivilgesellschaft sind die Einzelheiten des Abkommens noch immer nicht bekannt.
Ausblick für 2022
Für 2022 werden die ersten JEP-Sanktionen und die Übergabe des CEV-Berichts erwartet. Diese Sanktionen und der Bericht der Kommission werden sicherlich neue Diskussionen über die Maßnahmen eröffnen, die die neue Regierung ergreifen muss, um die Umsetzung des Friedensabkommens, die Verringerung der Gewalt und die soziale Entwicklung des Landes fortzusetzen. Die Durchführung dieser Maßnahmen und die weitere Umsetzung des Friedensabkommens werden jedoch vom Ausgang der Wahlen abhängen, die im März für den Kongress und im Mai für den Präsidenten stattfinden. Obwohl die Wahlumfragen von einem Oppositionskandidaten mit progressiver linker Politik angeführt werden, ist mit Wahlfälschungen zu rechnen. Die kolumbianische Wahlbeobachtungsmission meldete das Risiko von Betrug und/oder Gewalt bei den Wahlen in 131 Gemeinden (58). Es wurde bereits über Ungereimtheiten in der Wahlsoftware berichtet, und es wurden internationale Foren und Treffen mit Politiker*innen und Geschäftsleuten aus anderen Ländern abgehalten, um die so genannte "sozialistische Bedrohung" zu stoppen.
Zugleich wächst aber die Ablehnung des Uribismus. Die Kandidaten der Mitte und des rechten Lagers versuchen, sich vom ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe Vélez, dem Vorsitzenden der Regierungspartei, zu distanzieren. Der Kandidat für die Wahlen 2022 seiner rechtsextremen Partei Centro Democrático erreicht nur sehr geringe Zustimmungswerte, so dass die Uribistas Bündnisse mit anderen Parteien suchten. Es ist auch erwähnenswert, dass dies die zweite und letzte Legislaturperiode ist, in der die politische Partei COMUNES 10 Sitze im Parlament sicher erhält.
All dies bedeutet, dass nach einer ruhigen Wahl im Jahr 2018 jetzt ein turbulenter Wahlkampf bevorsteht. Auch nach den Wahlen wird die Situation nicht einfach sein. Wenn die Opposition an die Macht kommt, besteht die reale Gefahr, dass rechtsextreme Gruppen, einschließlich Paramilitärs, die Regierung angreifen. Und wenn die derzeitige Regierung, d.h. der Uribismo und die mit ihm verbündeten Parteien wieder gewählt wird, was wahrscheinlich auf Wahlbetrug zurückzuführen wäre, wird es wieder zu Protesten kommen, wie wir sie im letzten Jahr erlebten. Die Arbeit der Menschenrechts- und Friedensorganisationen wird deswegen sehr nötig sein.
Referenzen (Links geprüft am 20.02.2022)
(1) jep.gov.co/Sala-de-Prensa/Paginas/Consejo-de-Seguridad-de-la-ONU-celebra-avances-de-la-JEP-en-los-casos-de-secuestro-y-de-falsos-positivos.aspx
(2) jep.gov.co/Sala-de-Prensa/Paginas/La-JEP-hace-p%C3%BAblica-la-estrategia-de-priorizaci%C3%B3n-dentro-del-Caso-03,-conocido-como-el-de-falsos-positivos.aspx
(3) jep.gov.co/Sala-de-Prensa/Paginas/Ante-la-JEP-exmiembros-del-Comando-Conjunto-Central-de-extintas-Farc-EP-reconocen-su-responsabilidad-en-hechos-de-secuestro.aspx
(4) comisiondelaverdad.co/actualidad/noticias/comision-de-la-verdad-colombia-balance-2021
(5) ubpdbusquedadesaparecidos.co/actualidad/unidad-de-busqueda-de-personas-dadas-por-desaparecidas-compartio-con-la-comunidad-internacional-avances-y-prioridades-de-su-tarea-humanitaria-y-extrajudicial
(6) corteconstitucional.gov.co/relatoria/2021/SU150-21.htm
(7) jep.gov.co/Sala-de-Prensa/Paginas/JEP,-preocupada-por-no-aprobaci%C3%B3n--de-recursos-adicionales-en-presupuesto-.aspx, minhacienda.gov.co/webcenter/ShowProperty?nodeId=/ConexionContent/WCC_CLUSTER-140009 und minhacienda.gov.co/webcenter/portal/EntOrdenNacional/pages_presupuestogralnacion/pgn2022/decretopresupuesto2022
(8) corteconstitucional.gov.co/comunicados/Comunicado%20No.%2001%20Enero%2027%20de%202022.pdf
(9) indepaz.org.co/lideres-sociales-y-defensores-de-derechos-humanos-asesinados-en-2021/
(10) kolko.net/krieg-und-frieden/5-jahre-friedensabkommen-kolumbien-menschenrechtsorganisationen-ziehen-gemischte-bilanz
(11) mailchi.mp/dist/cidh-condena-violencia-en-cauca-e-insta-a-colombia-a-reforzar-desarrollo-de-polticas-que-cambien-las-causas-estructurales-de-la-violencia-en-el-pas?e=8f5ae1ace6
(13) indepaz.org.co/informe-de-masacres-en-colombia-durante-el-2020-2021
(14) unidadvictimas.gov.co/es/planeacion-y-seguimiento/publicacion-de-datos-abiertos/161
(15) coeuropa.org.co/despues-de-un-mes-de-paronacional-continuan-desaparecidas-327-personas und elespectador.com/judicial/que-paso-con-los-desaparecidos-del-paro-nacional
(17) unidadvictimas.gov.co/es/planeacion-y-seguimiento/publicacion-de-datos-abiertos/161
(18) codhes.wordpress.com/2021/12/22/2021-el-ano-con-mayor-numero-de-victimas-de-desplazamiento-en-5-anos/
(20) icrc.org/es/document/colombia-aumento-de-victimas-de-artefactos-explosivos-durante-primer-semestre-de-2021
(22) insightcrime.org/investigations/in-colombia-child-soldiers-play-many-roles
(23) bluradio.com/blu360/bogota/indigenas-embera-califican-de-casa-del-terror-lugar-donde-distrito-los-quiere-trasladar-en-bogota
(24) observatoriofeminicidioscolombia.org/index.php/reportes
(25) twitter.com/DefensoriaCol/status/1493716086533066752
(26) amerika21.de/analyse/254990/frauen-kolumbien-selbstschutz
(27) minjusticia.gov.co/programas-co/ODC/Documents/Publicaciones/Oferta/Censos/CENSO_2020_UNODC_AGOSTO.pdf?csf=1&e=3FrxTf
(28) infobae.com/america/venezuela/2022/02/13/el-video-que-revela-la-guerra-que-libran-las-disidencias-de-las-farc-y-el-eln-en-territorio-venezolano
(29) klimasolidaritaet.de/monokultur und klimasolidaritaet.de/illegale-monokulturen
(31) corteconstitucional.gov.co/relatoria/2021/T-413-21.htm
(32) indepaz.org.co/wp-content/uploads/2021/10/INFORME-DE-GRUPOS-2021.pdf, es.insightcrime.org/noticias/por-que-eln-detras-ruta-rio-orinoco-venezuela, es.insightcrime.org/noticias-crimen-organizado-colombia/comandos-de-la-frontera und es.insightcrime.org/noticias/actores-nuevos-viejos-cocaina-transforma-hampa-europa
(33) dane.gov.co/index.php/estadisticas-por-tema/pobreza-y-condiciones-de-vida/pobreza-monetaria und fedesarrollo.org.co/es/content/la-pobreza-se-ubicaria-en-un-40-en-2021-fedesarrollo-noticias-colombia
(34) datos.bancomundial.org/indicador/SI.POV.GINI?locations=CO
(35) bancomundial.org/es/events/2021/11/11/integracion-social-y-economica-de-los-migrantes-venezolanos-en-colombia
(36) transparency.org/en/cpi/2021
(38) funcionpublica.gov.co/eva/gestornormativo/norma.php?i=170902
(39) nadieporencimadelajusticia.org/
(40) amerika21.de/2021/07/252299/haiti-kolumbien-affaere
(41) amerika21.de/2021/11/255591/polizei-kolumbien-nazismus
(42) tdh.de/was-wir-tun/themen-a-z/kleinwaffen/
(43) senado.gov.co/index.php/el-senado/noticias/3567-sancionada-ley-de-accion-climatica
(44) minambiente.gov.co/bosques-biodiversidad-y-servicios-ecosistemicos/reduccion-del-34-en-el-arco-de-la-deforestacion-de-la-amazonia/
(45) kolko.net/agrokraftstoffe-ressourcenkonflikte-und-megaprojekte/dossier-deutsche-unternehmen-und-der-hidroituango-staudamm-verletzungen-der-menschenrechte-an-kolumbiens-groesstem-staudamm-unternehmen-verstossen-gegen-die-sorgfaltspflichten/
(46) riosvivoscolombia.org/la-rentabilidad-del-miedo
(47) askonline.ch/allgemein/eingabe-beim-schweizer-nationalen-kontaktpunkt-der-oecd-gegen-glencore
(48) woz.ch/2205/glencore-vs-kolumbien/die-moderne-sage-vom-arroyo-bruno
(49) oas.org/es/CIDH/jsForm/?File=/es/cidh/prensa/comunicados/2021/137.asp
(50) ohchr.org/SP/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=27967&LangID=S und hrw.org/es/news/2021/06/09/colombia-brutalidad-policial-contra-manifestantes
(51) indepaz.org.co/victimas-de-violencia-homicida-en-el-marco-del-paro-nacional/
(52) oas.org/es/cidh/informes/pdfs/ObservacionesVisita_CIDH_Colombia_SPA.pdf
(55) bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-873800
(58) moe.org.co/mapas-y-factores-de-riesgo-electoral-elecciones-2022/
Aktivitäten zu Kolumbien
2021 war ein ereignisreiches Jahr, nicht nur in Kolumbien, sondern auch in Deutschland und damit auch in unserer Arbeit. In diesem Jahr waren wir an 92 Aktivitäten beteiligt. Mit unseren Aktivitäten erreichten wir 3.614 Personen. Davon nahmen 2.556 Personen virtuell an 54 Aktivitäten teil. 1.058 Personen, 476 davon in München, erreichten wir persönlich mit 38 Aktivitäten. Darüber hinaus hatten wir 1.510 Besucher auf unserer Projektplattform Klimasolidarität.de und mehr als 2.500 Interaktionen auf unseren Social-Media-Beiträgen.
Erfahrungen und Wirkung
Durch diese Maßnahmen ist es uns gelungen, über die Probleme unserer Kontaktpersonen und Partnerorganisationen in Kolumbien zu informieren, sowie Räume für kritische Analyse neuer Perspektiven und Lösungen zu eröffnen. Wir verstärkten auch unsere Beteiligung an vier Netzwerken: die Deutsche Menschenrechtskoordination Kolumbien (MRKK), ein Netzwerk von Initiativen und Kollektiven, die sich in Deutschland für die Friedensförderung in Kolumbien einsetzen, ein Netzwerk zur Unterstützung von Asylsuchenden und das Netzwerk unseres Projektes Klimasolidarität.de.
Bei all dem stellten wir ein wachsendes Interesse an unserer Arbeit fest. Im Jahr 2021 erhielten wir vier Bewerbungen für Praktika, von denen wir nur zwei annehmen konnten. Darüber hinaus stiegen die Anfragen zur Unterstützung von Organisationen oder Personen, die sich in Gefahr befinden oder Asyl suchen, sowie Einladungen zur Teilnahme an Veranstaltungen anderer Organisationen. Da unsere Kapazitäten begrenzt sind und wir nicht in allen Bereichen über Experten verfügen, mussten wir viele dieser Anfragen an Personen oder Organisationen weiterleiten.
Unsere Veröffentlichungen fanden auch großen Anklang, sowohl auf unserer Hauptwebsite als auch auf der Seite Klimasolidarität.de. Unsere Artikel wurden von anderen Medien oder Radioprogrammen zitiert oder verwendet. Das Publikum schätzte vor allem die Möglichkeit, einen Raum für die Reflexion und Analyse von solidarischen Alternativen zu den Problemen des Klimawandels und der Menschenrechtsverletzungen im globalen Süden mitzugestalten.
Wir konnten uns mit einem Verteidiger indigener Rechte solidarisieren, der einen Raum zum Ausruhen und Lernen erhielt, um seine persönlichen und gemeinschaftlichen Pläne voranzutreiben. Vor allem aber konnte er das Risiko von Angriffen auf sich und sein Team verringern. Wir haben unser Gast noch geholfen, ein zusätzliches Stipendium zu erhalten, um die Verteidigung und Stärkung seiner Gemeinschaft fortzusetzen. Darüber hinaus konnten wir uns auch mit anderen Menschen solidarisieren und sie bei der Suche nach Verringerung ihrer Sicherheitsrisiken unterstützen.
Des Weiteren ist es uns gelungen, einen Beitrag zu leisten, Polizeigewalt und Unterdrückung sozialer Proteste in Kolumbien auf internationaler Ebene sichtbar zu machen. Mitglieder verschiedener politischer Parteien in Deutschland äußerten ihre Solidarität und forderten die Achtung der verfassungsmäßigen Rechte der Kolumbianer*innen. Außerdem richteten wir Petitionen an die kolumbianische Regierung und erhielten konkrete Antworten darauf. Besonders wichtig für uns waren auch die Solidaritätsbotschaften lokaler münchner Institutionen wie dem Münchner Flüchtlingsrat, dem Netzwerk Morgen und dem Migrationsbeirat, die sich gegen die Gewalt und staatliche Repression in Kolumbien äußerten und die Bundesregierung aufforderten, die Asylanträge von Menschen aus diesem Land zu akzeptieren.
Wir erzielten einen Wissensaustausch, der zur Motivation und Stärkung unseres Teams und der Teilnehmenden beitrugen. Außerdem konnten wir andere Perspektiven auf die Situation in Kolumbien kennenlernen und mehr über die Beziehungen zwischen Deutschland und Kolumbien erfahren. Die Teilnehmer bewerteten den Austausch zwischen deutscher Geschichte und der aktuellen Situation in Kolumbien als sehr gut. Darüber hinaus gab uns die Virtualität die Möglichkeit, den Dialog weit über die Grenzen hinaus auszudehnen. Und wir konnten damit auch den Organisationen in Kolumbien die Möglichkeit bieten, eine größere Reichweite zu erzielen.
Wie haben wir es geschafft?
Im Jahr 2021 führten wir zwei große Projekte durch: unsere Teilnahme am Stipendienprogramm der Elisabeth-Selbert-Initiative (ESI) für Personen, die sich für die Menschenrechte einsetzen und die Plattform Klimasolidarität.de, die ergänzt und neu gestaltet wurde. Außerdem wurde eine Reihe von neun Veranstaltungen unter dem Titel "Politische Bildung für Alle" durchgeführt. Insgesamt hielten wir Vorträge und führten Diskussionen, Kommunikations-, Öffentlichkeitsarbeit-, Austausch- und Vernetzungsaktivitäten sowie Advocacy-Maßnahmen durch. Außerdem hielten unsere Gäste aus Kolumbien und Teammitglieder Reden bei öffentlichen Veranstaltungen, die eine große Reichweite und Wirkung erzielten.
Thematisch konzentrierte sich unser Blick auf die Konflikteskalation, Friedensförderung und die Umsetzung des Friedensvertrages. Auch wichtig waren die Unterstützung indigener Gemeinschaften, insbesondere der Inga-Gemeinschaft in Aponte Nariño, und das Konzept der Klimasolidarität und Klimagerechtigkeit. Weitere Themen waren die politische und menschenrechtliche Bildung, polizeiliche und staatliche Gewalt und die Drogenpolitik. Weitere Einzelheiten zu den wichtigsten Aktivitäten und Projekten sind im Folgenden aufgeführt.
Die Elisabeth-Selbert-Initiative
Dieses Stipendienprogramm für Menschenrechtsverteidiger*innen, das vom Institut für Auslandsbeziehungen mit Mitteln des Auswärtigen Amtes gefördert wird, ermöglichte es uns, einen Verteidiger indigener Rechte nach München einzuladen. Die Verwaltung seiner Gemeinde wurde im Jahr 2020 von Personen übernommen, die mit Drogenhändlern in Verbindung stehen und den Schlafmohn in der Gemeinde wieder anpflanzen wollten. Wer sich dem entgegen setzte, musste mit hohen Strafen rechnen oder die Gemeinde verlassen. Das war der Fall unseres Gastes, der zuerst entführt und danach verfolgt und kriminalisiert wurde.
Während des Aufenthalts boten wir unserem Gast persönliche und psychosoziale Unterstützung, sowie Unterstützung bei der Lösung der Probleme in seiner Gemeinde, Schulungen und einen Sprachkurs an. Wir begleiteten ihn auch zu historischen Gedenkstätten des Nationalsozialismus, wo er über die Ähnlichkeiten zwischen der deutschen Kriegsgeschichte und der Ausrottung der indigenen Völker in Lateinamerika nachdachte. Der Gast nahm auch an Austauschveranstaltungen mit anderen ESI-Teilnehmenden sowie mit hochrangigen Repräsentanten der deutschen Regierung teil. Dazu hielt er Vorträge und Diskussionen in verschiedenen Städten Deutschlands und in der Schweiz. Dank dieser Aktivitäten konnte er Unterstützungsbriefe von anderen Organisationen sowie von Mitgliedern des Deutschen Bundestages sammeln, die er für seine politische Arbeit und Öffentlichkeitsarbeit in Kolumbien nutzte. Nach seiner Rückkehr wurde er für die Teilnahme an einem weiteren Stipendium ausgewählt und vom Menschenrechtsbeauftragten der deutschen Botschaft empfangen, der ihm half, seine Advocacy Arbeit beim Innenministerium in Kolumbien zu verstärken. Auch bei der Rechtslage in der Gemeinde wurden Fortschritte erzielt.
Klimasolidarität
Die Plattform existiert nun seit drei Jahren. Sie entwickelt sich in Form, Inhalt und Umfang weiter. Die Plattform verfügt nun über eine benutzerfreundlichere Version mit neuen Einführungs- und Erläuterungstexten. Neue Texte zu den Problemen: Plastik, Müll, Flussverschmutzung und den Auswirkungen illegaler Pflanzungen wurden hinzugefügt. Außerdem gibt es neue Videos, die Ideen für solidarischen Konsum und solidarische Produktion vorstellen und die Umsetzung solidarischer Wirtschaftsmodelle fördern. Die Plattform konnte neue Zielgruppen ansprechen und verbesserte ihre Besucherzahlen.
Reihe: Politische Bildung für Alle
Das Projekt wurde von unserem ehrenamtlichen Kollegen Danny Carvajal konzipiert und geleitet. Er baute eine Kooperation mit der Fakultät für Rechts- und Politikwissenschaften der Universität de Antioquia sowie mit verschiedenen Kollektiven auf. In neun Veranstaltungen wurden die folgenden Themen diskutiert: der soziale Rechtsstaat, das humanitäre Völkerrecht, das Römische Statut, der Internationale Strafgerichtshof, gewaltfreier Widerstand, die Minga Indígena, sexuelle Gewalt als Kriegswaffe, das Interamerikanische Menschenrechtssystem, Solidaritätsnetzwerke und die Folgen des gewaltsamen Verschwindenlassens. Etwa 150 Personen nahmen an diesen Diskussionen teil.
Extraktivismus und Unternehmensverantwortung
Im Rahmen des Projekts Perspectivas Diversas führten wir zusammen mit anderen Organisationen aus der Schweiz und den Niederlanden eine Veranstaltung zum Kampf indigener Gemeinden gegen die Ölindustrie durch: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Straffreiheit für Multinationale. Erkenntnisse aus dem Energiesektor. An der Podiumsdiskussion nahmen Gäste der Vereinigung der Opfer von Chevron Texaco (UDAPT) sowie Experten aus dem Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit aus den Niederlanden und Deutschland teil. Das Öku Büro war für die Werbung, Übersetzung und Dokumentation der Veranstaltung in Deutschland verantwortlich. Die Gäste stellten vor allem den Fall von Chevron Texaco vor. Das unternehmen wurde wegen der Verschmutzung des Amazonasgebiets durch Öl zu einer Geldstrafe von 9 Millionen Dollar verurteilt. Ein internationales Schiedsgericht beschloss später die Aufhebung des Verfahrens und forderte die ecuadorianische Regierung auf, eine hohe Summe an das Unternehmen zu zahlen und die Proteste gegen das Unternehmen zu verbieten. Begründet wurde dies mit den Schäden, die dem Konzern durch die Klagen und die Proteste der betroffenen Gemeinden entstanden sind. All dies geschieht im Rahmen eines internationalen Investitionsschutzabkommens.
An zwei weiteren Veranstaltungen zum Thema Extraktivismus nahm Narlis Guzmán Angula teil, Menschenrechts- und Umweltaktivistin und Anführerin der indigenen Wuayúu Gemeinschaft im Norden Kolumbiens. Narlis präsentierte einen aktuellen Bericht über die Lage der Gemeinden, die unter den Folgen des Kohleabbaus im Norden Kolumbiens leiden. Die Veranstaltungen unter dem Namen Still Burning: Coal, Colonialism & Resistance wurden vom Still Burning Network koordiniert und von uns logistisch und finanziell unterstützt. Darüber hinaus wurde unser Kolumbienreferent eingeladen, eine Diskussion über den Film Spears From All Sides zu leiten. Der Film handelt vom Kampf der Waorani-Gemeinschaft gegen die Ölgesellschaften im Amazonasgebiet. Der Film und die Diskussion fanden im Rahmen des Filmfestivals Globale Mittelhessen 2021 statt.
Umsetzung des Friedensabkommens
Im März luden wir die Gruppe PETRA Mujeres Valientes (mutige Frauen) zu einer Diskussion ein. Das Kollektiv arbeitete im letzten Jahr an einem Bericht für die JEP zu Prostitution, Menschenhandel und sexuellem Missbrauch als Folgen des bewaffneten Konflikts. Wir unterstützten die Erstellung des Berichts mit einer kleinen Spende.
Im November beteiligten wir uns an zwei Veranstaltungen, die von der MRKK anlässlich des fünften Jahrestages des Friedensabkommens mit der FARC organisiert wurden. Das erste war ein Fachgespräch, an dem politische Persönlichkeiten, deutsche und kolumbianische NROs, Journalisten und Wissenschaftler teilnahmen. Die zweite Veranstaltung war eine öffentliche Diskussion mit Leitungspersonen verschiedener internationaler Institutionen, darunter INDEPAZ, PCN, JEP und UNHCHR. In beiden Veranstaltungen wurde die Umsetzung der verschiedenen Punkte des Friedensabkommens eingehend erörtert. Ganz allgemein ließ sich feststellen, dass die Umsetzungstatistiken der Organisationen der Zivilgesellschaft, der kolumbianischen Regierung und des KROC-Instituts, das die Umsetzung der Abkommen überwacht, sehr unterschiedlich sind. Die zwei Punkte des Abkommens mit den geringsten Fortschritten sind die Punkte 1 und 4, die sich auf eine umfassende Landreform und die Lösung des Problems der illegalen Plantagen und Drogen beziehen. Die mangelnde Umsetzung dieser Punkte hat Auswirkungen auf die aktuelle Eskalation des Konflikts und auf die Ermordung sozialer Führungspersönlichkeiten und ehemaliger FARC-Kämpfer*innen.
Unterdrückung von sozialem Protest und staatlicher Gewalt
Auch verschiedene Aktivitäten zur Polizeigewalt und der staatlichen Repression im Rahmen der Proteste fanden statt. Im Mai fand die Veranstaltung Kolumbianischer Frühling - die erste Revolution des 21. Jahrhunderts? statt. An der Veranstaltung nahmen Personen mit Leitungsrollen in den Protesten und Mitglieder der NRO Temblores teil, die über die Menschenrechtsverletzungen und die Polizeigewalt berichteten. Sie erklärten, dass es bei den Protesten zu Fällen von gewaltsamem Verschwindenlassen, Einsatz nicht zugelassener Waffen, Sexualverbrechen und anderen Straftaten durch Angehörige der kolumbianischen Polizei kam.
Reden bei öffentlichen Veranstaltungen
In vier Reden gelang es uns, die dringende Botschaft über die Lage in Kolumbien an mehr als 420 Personen zu übermitteln. Diese Reden wurden bei verschiedenen Terminen mit Mitarbeiter*innen des Auswärtiges Amts, der ehemaligen deutschen Menschenrechtsbeauftragten und anderen Teilnehmern des ESI-Programms gehalten. Weitere Redebeiträge hatten bei verschiedenen Aktionen auf öffentlichen Plätzen. Zum Beispiel auf dem Festival Fette de la Musique berichteten unser ESI-Gast und unser Referent vor mehr als 300 Personen ausführlich über die Lage in Kolumbien. Der Stipendiat wurde auch für Radiosendungen, Podcasts und Zeitschriften interviewt.
Teilnahme an MRKK und anderen Netzwerken
In der MRKK beteiligten wir uns an den Treffen selbst, an der Koordination der Veranstaltungen und an der Ausarbeitung von Pressemitteilungen und Petitionen an die deutsche Regierung. Die Teilnahme an der MRKK stärkt uns sehr durch den Kontakt mit den teilnehmenden Organisationen, den Austausch von Informationen und die Möglichkeit, unsere Bedürfnisse, Anliegen und Aktivitäten dort mitzuteilen. Wir nahmen noch an Veranstaltungen des OIDHACO-Netzes und der Coordinación Colombia Europa Estados Unidos - CCEEU teil, wo wir andere Organisationen kennenlernten, die Arbeit des Öku-Büros bekannt machten und uns dank des direkten Informationsaustauschs mit den Menschenrechtsnetzen in Kolumbien fortbilden konnten.
Soziale Medien
Um nicht nur unser Publikum, sondern auch Menschen außerhalb unserer "Blase" zu erreichen, nutzten wir den Facebook-Kanal des Büros, die Webseiten Klimasolidarität.de und oeku-buero.de, sowie den YouTube-Kanal des Projektes Klimasolidarität, für das wir noch einen Twitter- und einen Instagram-Account eröffneten. Insgesamt veröffentlichten wir 301 Beiträge in diesen Netzwerken, die mehr als 65.000 Personen erreichten, von denen 2.600 Personen mit Likes, Kommentare, Klicks oder Shares reagierten. Die beste Ergebnisse haben wir über Instagram und Youtube erreicht.
Kooperationen
Ohne die Zusammenarbeit mit vielen Menschen und Organisationen wäre das nicht möglich gewesen. Wir möchten die Zusammenarbeit mit ihnen würdigen und uns bei ihnen bedanken. Unser Dank gilt vor allem dem Team und den Freiwilligen vom Öku-Büro, dem AK-Kolumbien zusammen mit Aluna Minga, dem Team von Klimasolidarität, dem Team des ESI-Projektes und unseren Praktikanten im Jahr 2021. Und wir bedanken uns bei den Organisationen und Kollektiven mit denen wir Aktivitäten oder Veröffentlichungen teilten: die Organisationen der MRKK, Columba-Netzwerk, und alle weitere Organisationen mit denen wir zusammen gearbeitet haben, in München besonders das Kulturreferat, der Migrationsbeirat, MORGEN e.V. und der Münchner Flüchtlingsrat. In Kolumbien: die Pastoral Social, das Programm Somos Defensores, und andere Kollektiven.
Schlusswort und Pläne für 2022
Dank dieser Ergebnisse und der daraus gezogenen Lehren konnten wir den Arbeitsbereich für Kolumbien, der sich nun im vierten Jahr seiner Tätigkeit befindet, stärken und stabilisieren. Es gibt noch viel Raum für Verbesserungen, vor allem bei der Planung und bei der Stärkung unseres Arbeitskreises Kolumbien, damit wir einen wirkungsvolleren Beitrag leisten können.
Kolumbien befindet sich erneut im Krieg, die Streitkräfte arbeiten selbst mit Drogenhändlern zusammen, gegen zahlreiche Regierungsbeamte wird wegen Verbindungen zu paramilitärischen Gruppen oder zum Drogenhandel ermittelt, und das Justizsystem selbst wird von hohen Beamten der Exekutive manipuliert. Über die Rolle der deutschen Regierung, die die kolumbianische Regierung weiterhin verteidigt, auch mit militärischen Abkommen, ist wenig bekannt. Wir verstehen kaum, warum die deutsche Regierung weiterhin die Asylanträge der wenigen Menschen, denen es gelingt, Kolumbien zu verlassen, unter dem Vorwand ablehnt, es sei ein friedliches und stabiles Land. Wir hoffen, dass wir dank unserer Aktionen und der Aktionen all jener Personen und Organisationen, mit denen wir zusammenarbeiten, diese Situation umkehren können und dass insbesondere das Friedensabkommen ordnungsgemäß umgesetzt wird und eine strukturelle Landreform und eine Reform der kolumbianischen Regierung und der Streitkräfte durchgeführt werden.
Um all dies zu erreichen und die Probleme der kolumbianischen Zivilgesellschaft sichtbarer zu machen, wollen wir im Jahr 2022 verschiedene kulturelle und informative Veranstaltungen durchführen. Anfang Februar 2022 nahm unser ehemaliger ESI-Stipendiat bereits an einer Veranstaltung teil, die von unserem Kolumbienreferenten moderiert wurde. Es ginge um die sozialen und ökologischen Auswirkungen illegaler Anpflanzungen auf indigene Gemeinschaften. Ebenfalls im Februar beginnt eine neue Reihe der Gespräche „politische Bildung für Alle“. Darüber hinaus werden wir uns zwischen März und Juni an der Koordinierung eines kostenlosen virtuellen Fortbildungsprogramm für gesellschaftliche Führungspersonen beteiligen. Thematisch geht es um die Herausforderungen des Friedensabkommens und um die deutschen Erfahrungen in der Nachkriegszeit. Damit wollen wir Menschen in Kolumbien, München und Deutschland motivieren und und empowern, Veränderungen in ihren Gemeinden und die Friedensarbeit zu fördern. Gleichzeitig ist eine Reise nach Kolumbien geplant, um an einer Wahlbeobachtungsmission teilzunehmen sowie unsere Kontaktpersonen und Partnerorganisationen zu besuchen. Mit der Reise möchten wir die Realität unserer Partner in den Regionen, in denen sie ansässig sind, näher kennen zu lernen. Wir hoffen, dass wir nach diesem Besuch an Diskussionen und Arbeitsgruppen teilnehmen können, um die Erfahrungen der Reise teilen zu können. Im Sommer ist ein Austausch mit Hip-Hop-Künstlerinnen aus Kolumbien und Mexiko geplant. Der Austausch ist eine Kooperation mit der Mexikostelle und mit dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München. Dazu sind zwei oder drei Konzerte mit einer Musikgruppe von Umweltaktivisten geplant.
Wir wollen auch die Plattform Klimasolidarität weiterentwickeln und vor allem Räume für den Austausch zwischen den Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen schaffen, die sich an der Plattform beteiligten. Darüber hinaus werden wir unsere Arbeit in den bereits bestehenden Netzwerken fortsetzen und uns weiterhin mit Fragen der Drogenpolitik und indigenen Gemeinschaften befassen. Wir werden uns auch weiterhin im Rahmen unserer Möglichkeiten für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern und Anwälten einsetzen und dringende Maßnahmen ergreifen. Wir haben ein weiteres arbeitsreiches Jahr vor uns.