Editorial

Politisch im Mittelpunkt des Jahres 2021 standen für uns die Wahlen in in den beiden Nachbarländern Nicaragua und Honduras. Es wurde ein Wechselbad der Gefühle. Während in Nicaragua das Paar Ortega Murillo seine Wiederwahl inszenierte und mit zunehmender Repression das Land immer tiefer in die Diktatur führt, zeigte sich in Honduras nach langen Jahren der Finsternis mit der Wahl von Xiomara Castro ein Hoffnungsschimmer. Noch ist nichts entschieden, noch muss man bangen aber man darf schon hoffen. Diese Gefühle und auch, dass wir unsere weiteren Partnerländer, Mexiko, El Salvador und Kolumbien nicht aus den Augen verloren haben, und inzwischen sogar einen Blick nach Brasilien wagen, das möchten wirwir Ihnen/Euch, liebe Leser*innen(1), auf den folgenden Seiten zu zeigen.

Mexiko

Drei Jahre nach dem Amtsantritt von Manuel López Obrador breitet sich in Mexiko immer mehr Ernüchterung aus. Der versprochene politische Wandel basierend auf einer Verbesserung der Lage der Menschenrechte ist nicht zu erkennen. Es herrscht weiter eine allgemeine Straflosigkeit und Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen, werden verfolgt und nicht die deren Vergehen sie anprangern. Die auf Megaprojekten und extraktivistischen Vorhaben basierende Wirtschaft bedroht weiter unangefochten die Landbevölkerung und die Indigenen. Geschlechterspezifische Gewalt ist nach wie vor an der Tagesordnung, 2021 ist die Zahl der Frauenmorde wieder gestiegen.

Honduras

Wir hoffen, dass die Geschichte des Jahres 2021 für Honduras vom Ende her geschrieben werden wird. Die Wähler*innen hatten es nach zwölf Jahren der Post-Putsch-Regime satt: Sie wollten die Ausplünderung des Landes, Korruption, Straflosigkeit und den bewussten Ruin staatlicher Institutionen zugunsten legaler wie illegaler Unternehmensinteressen nicht mehr hinnehmen, überwanden ihre Angst, eilten in Massen zu den Urnen und wählten am 28. November 2021 die Hoffnung auf Veränderung: Xiomara Castro von der Mitte-Links-Partei LIBRE erreichte mit knapp über 50 Prozent der Stimmen einen überzeugenden Vorsprung vor ihrem Gegenkandidaten und große Legitimität. Ob ihre erst kurz vor der Wahl geschmiedete Regierungskoalition mit der rechten Partei PSH Bestand hat, wird sich zeigen müssen. Ob sie es schafft, an den strukturellen Problemen des nahezu bankrotten Landes etwas zu ändern und ob es auch für die kleinbäuerlichen und indigenen Gemeinden, die um ihre territoriale Souveränität ringen, Schutz und Gerechtigkeit geben wird, sind ebenfalls Fragen, die wir ins Jahr 2022 mitnehmen.

El Salvador

Im letzten Jahr haben sich die problematischen politischen Entwicklung in El Salvador, die wir seit 2019 beobachten und beschreiben, fortgesetzt. Diese hängen einerseits mit dem zunehmenden Aufstieg Nayib Bukeles und der damit verbundenen Machtkonzentration und dem Abbau demokratischer Institutionen zusammen sowie andererseits mit dem Vertrauensverlust der Bevölkerung gegenüber den traditionell stärksten politischen Kräften, wie der linken Partei FMLN sowie der rechten ARENA-Partei.

Nicaragua

Das Jahr 2021 stand in Nicaragua vollständig im Zeichen der Präsidentschaftswahlen im November. Entschieden war die Wahl aber schon im Sommer, als die Regierung innerhalb weniger Wochen die meisten prominenten Oppositionspolitiker*innen, einige Medienschaffende und zum Schluss auch die Vorsitzenden des Unternehmerverbandes verhaftete und die entscheidenden Oppositionsparteien von der Wahl ausschloss. Die Bedingungen der Wahl am 7. November 2021 mit dem haushohen Wahlsieg der FSLN und der Wiederwahl des Präsidentenpaares Daniel Ortega und Rosario Murillo stießen auf breite internationale Ablehnung. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sprachen der Wahl die demokratische Legitimität ab, worauf die nicaraguanische Regierung ihren Austritt aus der OAS bekannt gab. Im Land selbst verschärfte sich die Repression ständig.

Kolumbien

Trotz Fortschritten bei der Arbeit der eigens für den Friedensprozess eingerichteten Übergangsjustiz, stiegen die Gewalt und die Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien weiter an. Das Land erlebte eine erneute Eskalation der Konflikte, wie sie zuletzt in den 80er und 90er Jahren zu beobachten gewesen war. Der Mangel an politischem Willen der Regierung, Korruption und der Krieg um Ressourcen ließen nicht zu, dass der Frieden seinen Raum fand. Die Natur und die Umwelt wurden ebenfalls stark belastet. Zusätzlich erschwerte die Pandemie die Lage erheblich und machte die Ungleichheiten im Land noch sichtbarer.

Aktivitäten des Ökumenischen Büros

Das zweite Corona-Jahr brachte neben der schon vom Vorjahr bekannten Notwendigkeit ins Virtuelle auszuweichen für einige von uns leider auch die Bekanntschaft mit dem Virus selbst und den damit verbundenen Problemen. Wie im vergangenen Jahr konnte nicht alles so stattfinden, wie wir es geplant hatten. Unsere Hauptveranstaltung der Kongress „Tejiendo Solidaridad“ konnte leider nur online realisiert werden. Dass er trotzdem sehr gelungen war, kann man der Dokumentation auf unserer Webseite entnehmen. Um so mehr freuen wir uns trotzdem auch von einer Reihe positiver Erfahrungen berichten zu können. An erster Stelle gilt das für die Fertigstellung des neuen partizipativen Wandbilds in München, „Antworten in Farbe“. Bilder davon finden Sie/Ihr in diesem Heft. Außerdem war für uns eine sehr positive Erfahrung unsere erstmalig Teilnahme am Stipendienprogramm der Elisabeth-Selbert-Initiative (ESI). Dieses Stipendienprogramm für Menschenrechtsverteidiger*innen ermöglichte es uns, einen Verteidiger indigener Rechte nach München einzuladen und mehrere Monate mit ihm zusammen zu arbeiten. Was unsere weiteren Aktivitäten im Einzelnen betrifft, so wird in den Kapiteln zu unseren Partnerländern auf die einzelnen Veranstaltungen eingegangen.

Dass wir all dies machen konnten, dafür sind wir vielen zu Dank verpflichtet. An erster Stelle danken wir allen Hauptamtlichen ganz herzlich für ihren Einsatz. Das gilt auch für all die anderen, die auf unterschiedlichste Art zum Gelingen unserer Arbeit beigetragen haben: die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die Kooperationspartner*innen sowie unsere treuen und neuen Spender*innen.

Und schließlich möchten wir den Organisationen, die unsere Arbeit im Jahr 2021 finanziell unterstützt haben, herzlich danken. In alphabetischer Reihenfolge waren dies: Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, Engagement Global, Institut für Auslandsbeziehungen - Elisabeth Seibert Stiftung, Jesuitenmission, Katholischer Fonds, Kulturreferat der Landeshauptstadt München, Misereor, Missionszentrale der Franziskaner, Netzwerk München, W.P. Schmitz Stiftung.

Allen, denen wir zu Dank verpflichtet sind und denen, die sich uns freundschaftlich verbunden fühlen, wünschen wir das, was wir uns wünschen - nämlich, dass 2022 trotz allem noch zu einem Jahr wird, in dem Frieden und Vernunft ihren Platz finden.

(1) Leser*innen: Der in diesem Jahresbericht verwendete * ist ein Mittel der sprachlichen Darstellung aller Geschlechter und Geschlechtsidentitäten, einschließlich jener abseits der gesellschaftlich vorherrschenden Vorstellung von Zweigeschlechtlichkeit.

Zurück