Nicaragua

Länderbericht

Die nicaraguanische Regierung unter Daniel Ortega wird mit dem vergangenen Jahr zufrieden gewesen sein. Es brachte der Partei FSLN einen hohen Sieg bei den Gemeindewahlen. Die Bevölkerung ist zum großen Teil zufrieden, vor allem mit der wirtschaftlichen Situation. Aber gerade in der Wirtschaft drohen Gefahren von außen. Der wichtigste Partner Venezuela kämpft mit enormen Problemen und die USA drohen mit Sanktionen. Dazu verdichten sich die Anzeichen, dass der Traum vom interozeanischen Kanal sich als Schimäre entpuppen könnte.

Gemeindewahlen

Am 10. Januar 2017 hat Daniel Ortega seine vierte Amtszeit angetreten. Neu war, dass bei der Amtseinführung seine Ehefrau Rosario Murillo erstmals als Vizepräsidentin neben ihm auf der Tribüne stand. Ihre politische Bedeutung ist überhaupt nicht zu überschätzen. Angesichts ihrer Allgegenwart im täglichen politischen Geschehen fielen die Neubesetzungen in einigen Ministerien kaum auf.

Im Zentrum der Regierungspolitik des Jahres standen die Gemeindewahlen im November. Ein Interesse in der Bevölkerung kam dafür kaum auf, denn das Ergebnis stand schon vorher fest: mit einer dominierenden FSLN, einer marginalisierten und unfähigen Opposition und einem der Regierung gehorchenden Wahlrat. Dies spiegelte sich im offiziellen Wahlergebnis mit fast 50 % Wahlenthaltung. Die FSLN gewann haushoch. Von den 153 Gemeinden gewann sie 135 und damit acht mehr als bei der letzten Wahl. Den Rest teilten sich die drei liberalen Oppositionsparteien: die PLC des korrupten Expräsidenten Arnoldo Aleman siegte in elf Gemeinden, die neu gegründete Partei Ciudadanos por la Libertad (CxL) in sechs und die unbedeutende ALN in einer. Etwas Spannung kam nur bei der Frage der Wahlbeobachtung auf. Der Wahlprozess wird in Nicaragua vom Obersten Wahlrat (CSE) und seinen Unterorganisationen kontrolliert. Und den CSE kontrolliert und korrumpiert die Regierung. Daher fordert die Opposition seit Jahren regelmäßig unabhängige nationale und internationale Wahlbeobachtung, was die Regierung genauso regelmäßig ablehnt. Diesmal aber wurde die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zugelassen. Diese „Wahlbegleitung“ wurde aber nur für den Wahltag selbst gestattet. Aber auch das hatte schon positive Auswirkungen. Zum Beispiel veröffentlichte der CSE diesmal ausführliche Ergebnisse hinunter bis auf die Ebene der Wahllokale. Nach der Wahl bescheinigte die OAS dem Wahlprozess „Fortschritte und Schwächen“, die aber nicht das Ergebnis in Frage stellen würden. Außerdem empfahl sie „eine umfassende Reform des gesamtem Wahlsystems“.(1) Dass die FSLN jedoch bei Wahlen auch dann klar gewinnen würde, wenn die Opposition fairer behandelt würde, dafür gibt es noch weitere Indizien.

Wie sieht die Bevölkerung ihr Land und ihre Regierung?

Jedes Jahr führt das chilenische Institut „Latinobarómetro“ eine Meinungsumfrage in 18 Ländern Lateinamerikas durch. Die Ergebnisse für Nicaragua waren im Jahr 2017 bemerkenswert:(2) Die Nicaraguaner*innen sind mit ihrer Regierung und der Entwicklung ihres Landes offensichtlich sehr zufrieden, und dies zu einem Zeitpunkt, da auf dem lateinamerikanischen Subkontinent diese Zufriedenheit dramatisch abnimmt. In Nicaragua beträgt die Zustimmung zur Regierung 69 % und das Vertrauen in sie 42 % , das sind die höchsten Werte unter den befragten Ländern. Außerdem ist Nicaragua das einzige Land, in dem eine Mehrheit von 58 % Fortschritte im Land sieht. Bei der Frage nach der Zufriedenheit mit der Demokratie rangiert Nicaragua mit 52 % an zweiter Stelle nach Uruguay (57 %). Damit ist Nicaragua das einzige Land, in dem dieser Wert gegenüber 2015 gestiegen ist und zwar um 4 %. Dem gegenüber ist der Durchschnittswert aller Länder um dramatische 7% gefallen. Die Regierung Ortega/Murillo hat demnach im Augenblick einen sehr soliden Stand bei der Bevölkerung.

Den nicaraguanischen Oppositionsparteien, die immer wieder behaupten, Ortega würde gerade wieder eine Diktatur installieren, die sie mit der Somozazeit vergleichen, wird die Umfrage weniger gefallen. Die Zufriedenheit der Befragten mit der Demokratie und der Entwicklung des Landes ist sicherlich beeinflusst von der wirtschaftlichen und sozialen Stabilität des Landes.

Eine stabile Wirtschaft - aber mit einer ungewissen Zukunft

Auch für das Jahr 2017 sind ähnlich gute globale Wirtschaftsdaten wie in den vergangenen Jahren mit 4,5 bis 5 % Wachstum zu erwarten. Dass diese Werte nur durch Naturzerstörung und die Ausbeutung der billigen nicaraguanischen Arbeitskraft erreicht werden können soll hier jetzt nicht diskutiert werden. Dies ist aber ein wichtiges Thema in der Zusammenarbeit des Ökumenischen Büros mit nicaraguanischen Organisationen. (Siehe weiter unten zur Veranstaltung: Wasser ist wertvoller als Gold). Auf jeden Fall ist die Bevölkerung mehrheitlich damit einverstanden. Dies vor allem, weil die Regierung nicht nur die Unternehmerschaft mit Steuerbefreiungen beglückte, sondern bisher auch dem ärmeren Teil der Gesellschaft mit großzügigen Sozialprogrammen unter die Arme griff. Bisher. Denn gerade hier zeigen sich Probleme, die in Zukunft wachsen werden. Dies hängt mit der katastrophalen Lage des wichtigen Wirtschaftspartners Venezuela zusammen.

Noch vor vier Jahren wurden wichtige Sozialprogramme in Nicaragua mit günstigen Krediten des Erdölabkommens PETROCARIBE finanziert. 559 Millionen US-$ betrug die Höhe der Kredite im Jahr 2013, inzwischen ist der Betrag auf ein Zehntel geschrumpft.(3) Diese Entwicklung fing bereits 2015 an, hatte aber zuerst für die von den Programmen Begünstigten keine Folgen, da die Finanzierung mit Steuermitteln fortgesetzt werden konnte. 2017 ging dies nicht mehr. Seit diesem Jahr sind zwei wichtige Programme nicht mehr kostenlos: Inzwischen müssen die von dem Programm Plan Techo Begünstigten für die Zinkblechtafeln zum Dachbau bezahlen. Und auf dem Land müssen Bäuerinnen jetzt einen Kredit aufnehmen, um an dem Programm Hambre Cero (Null Hunger) teilzunehmen.(4)

Außerdem macht sich inzwischen bemerkbar, dass es sich bei dem Erdölabkommen mit Venezuela um eine für Nicaragua sehr günstige Finanzierung handelt, aber es sind trotzdem Kredite sind und Kredite müssen irgendwann zurückgezahlt werden. Laut der Zeitschrift envio wurden im vergangenen Jahr 214 Millionen US-$ Tilgung und Zinsen fällig. Mit dieser Größenordnung muss auch in Zukunft gerechnet werden, denn die Schulden, die Nicaragua bei Venezuela hat, werden auf 3 Milliarden US-$ geschätzt. Also kurz gesagt, die Zukunft wird mit Sicherheit schwieriger werden. Zusätzlich braut sich unter dem Namen „Nica Act“ etwas in den Vereinigten Staaten zusammen, dessen wirtschaftliche Folgen gravierend sein können. Am 3. Oktober 2017 verabschiedete das Repräsentantenhaus einstimmig die Gesetzesinitiative Nicaraguan Investment Conditionality Act (NICA) of 2017 (Nica Act). Es fordert die Regierung der USA zu Sanktionen gegen Nicaragua auf. Die Regierung soll in internationalen Finanzinstitutionen ihren Einfluss geltend machen, um Kreditvergaben an Nicaragua zu verhindern. Inzwischen ist die Initiative in den Senat eingebracht worden, in dem das Gesetz wahrscheinlich in der ersten Hälfte 2018 beschlossen werden wird. Begründet wird die Gesetzesinitiative mit der mangelnden Demokratie, der Unterdrückung der Opposition und der herrschenden Korruption in Nicaragua. Auch wenn man diese Begründung teilweise nachvollziehen kann, da sie tatsächliche Defizite aufzeigt, ist die Richterrolle, die sich die USA hier anmaßen, schon mehr als problematisch. Auf jeden Fall machen sich viele Menschen in Nicaragua Sorgen wegen der möglichen Folgen. Darunter sind auch Menschen, die der Regierung kritisch gegenüber stehen. Der Wirtschaftsexperte Nestor Avendaño(5), der die betroffenen Kredite mit jährlich 340 Millionen US-$ angibt, weist auf masssive soziale Auswirkungen hin. Die betroffenen Kredite kommen von der Interamerikanischen Entwicklungsbank und der Weltbank; es sind Kredite, die vorwiegend für Projekte zur Entwicklung im ländlichen Bereich und zur Armutsbekämpfung eingesetzt werden. Leidtragend wird also die arme Landbevölkerung sein. Außerdem befürchtet Avendaño große indirekte Folgen dadurch, dass die ausländischen Direktinvestitionen sinken werden. Es könnten also schwere Zeiten bevorstehen. Und wenn sich wirtschaftliche Probleme andeuten, verweist die Regierung Ortega gerne auf die glückliche Zukunft, in die das Land mit dem interozeanischen Kanal steuern wird.

Aber: Wird der Kanal jemals gebaut werden?

Neben den befürchteten ökologischen Folgen des Kanalprojektes und der Kritik an der Art und Weise, wie es durchgesetzt wird, rückt immer mehr die Frage in den Mittelpunkt: Wird der Kanal überhaupt jemals gebaut werden?

2017 ist wieder ein Jahr vergangen, für das der Baubeginn des Kanals angekündigt worden war. Und wieder ist nichts geschehen. Von einem Kanal ist immer noch nichts zu sehen. Die letzten relevanten Lebenszeichen des chinesischen Unternehmens HKND, die den Kanal bauen will, stammen aus der Mitte des Jahres 2016, als archäologische Funde von Geländeuntersuchungen vorgestellt wurden. Seitdem war von HKND praktisch nichts zu sehen und nichts zu hören. Auf der Webseite des Unternehmens erschienen 2017 nur einige wenige Nachrichten darüber, wie HKND sich seiner sozialen Verantwortung als Unternehmen stellt und als Sponsor bei ökologischen und kulturellen Veranstaltungen auftritt.(6) Von Untersuchungen, Planungen und Terminen steht dort nichts.

Auch von Seiten der Regierung war im vergangenen Jahr lange Zeit nichts zu hören. Noch nicht einmal in seinen Reden zum Amtsantritt im Januar und am 19. Juli bei der Feier der sandinistischen Revolution erwähnte Präsident Ortega den Kanal. Am 5. September veröffentlichte dann überraschend die nicaraguanische Regierung ein Weißbuch zum „großen interozeanischen Kanal“(7). Das Weißbuch enthält aber fast nichts, was nicht schon bekannt wäre. Ausführlich wird auf den 78 Seiten wieder einmal dargelegt, dass das Projekt große Vorteile, vor allem viele neue Arbeitsplätze für die Bevölkerung bringen wird. Ansonsten setzt sich das Dokument intensiv mit der Kritik an dem Projekt auseinander. Ökologische Gefahren werden verneint und es wird versucht, den sozialen und juristischen Befürchtungen zu begegnen. Man erfährt, „dass die Regierung alle Probleme im Griff hat“, aber darüber, wie und wann es weiter gehen soll, darüber erfährt man nichts.

Zweifel an der Realisierung des Projektes nährt vor allem die Tatsache, dass noch immer niemand namentlich bekannt ist, der sich an der Finanzierung des Kanalprojekts beteiligen will. Das soll bekanntlich mindestens 50 Milliarden US-$ kosten werden. Und die Vermutungen, dass die chinesische Regierung hinter dem Projekt stehen und sich irgendwann schon outen würde, haben durch zwei Nachrichten an Wahrscheinlichkeit eingebüßt: Im Juni 2017 hat Panama diplomatische Beziehungen zu China aufgenommen, nachdem es zuvor die Beziehungen zu Taiwan abgebrochen hat. Die beiden Länder wollen ihre wirtschaftlichen Beziehungen intensivieren, in deren Mittelpunkt der Panamakanal steht. China will also seine Rolle als Hauptnutzer des Panamakanals intensivieren. Wozu braucht es dann die Konkurrenz des Nicaraguakanals?

Und ein halbes Jahr später. im Januar 2018, gab die chinesische Regierung bekannt, dass sie eine „Polare Seidenstraße“(8) in der Arktis bauen will. Damit setzt China offensichtlich auf die Nordwest-Passage als zukünftige Handelsroute zwischen Ostasien und der amerikanischen Westküste und positioniert sich auch damit gegen die 3000 km längere Route durch den Nicaragua-Kanal.

 

 

Widerstand gegen den Kanal, das heißt gegen das Gesetz 840

Die Zweifel an der Realisierung des Kanalprojektes hatten bisher kaum Einfluss auf den Widerstand gegen den Kanal. Die bäuerliche Widerstandsorganisation “Consejo Nacional en Defensa de Nuestra Tierra, Lago y Soberanía” ist unermüdlich. Auch 2017 rief sie zu nationalen und lokalen Kundgebungen auf. Wie in den vergangenen Jahren wurden diese von Polizei und Sympathisant*innen der Regierung unterdrückt, behindert und teilweise sogar ganz verhindert. Dem eindrucksvollen Widerstand gelang es auch 2017 bemerkenswerte internationale Unterstützung zu finden. So hat im vergangenen Jahr Amnesty International eine Studie zu den Folgen des Kanalbauprojektes veröffentlicht. Mit der Repression, die staatliche Institutionen gegen Mitglieder der Widerstandsorganisationen ausüben, befassten sich die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) und das europäische Parlament. Hauptstoßrichtung des Widerstands ist die Forderung, das Gesetz 840 abzuschaffen. Dieses Gesetz gibt dem Kanalbauunternehmen HKND weitestreichende Rechte. So kann jedes Grundstück enteignet werden, wenn HKND dies für nötig hält. Dabei ist das Gesetz ‚voraussetzungslos‘ formuliert: HKND kann auch dann Enteignungen fordern, wenn es keinen Kanal baut. Dies erklärt die Unermüdlichkeit des Widerstands, der sich auch nicht davon entmutigen ließ, dass der Oberste Gerichtshof Nicaraguas im vergangenen Jahr Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz 840 ablehnte.

Sergio Ramírez erhält den Premio Cervantes

 

Am 16. November 2017 wurde bekannt gegeben, dass Sergio Ramírez als erster Schriftsteller Zentralamerikas mit dem Premio Cervantes ausgezeichnet werden wird. Dies ist die am höchsten angesehene Literaturauszeichnung, die im spanischsprachigen Raum vergeben wird. Natürlich war das Echo in den Medien groß und natürlich war man in Nicaragua stolz. Nur die nicaraguanische Regierung hat bisher keinerlei Notiz von der Auszeichnung genommen. Aber sie hat ja noch Zeit. Die Preisübergabe erfolgt erst am 23. April 2018, dem Todestag von Miguel de Cervantes. In den 1980er Jahren war Sergio Ramírez prominent beteiligt an der sandinistischen Revolution und 1984 wurde er zum Vizepräsidenten Nicaraguas gewählt - zusammen mit Daniel Ortega, der damals erstmals zum Präsidenten gewählt wurde. Inzwischen hat Ramírez sich aber zum vehementen Kritiker von Daniel Ortega gewandelt.

 

 

 

Fußnoten Länderbericht

(1) Misión OEA en Nicaragua recomienda una reforma electoral integral http://www.oas.org/es/centro_noticias/comunicado_prensa.asp?sCodigo=C-079/17
(2) Latinobarómetro Informe 2017 Download
(3) Die nicaraguanische Zentralbank hat für 2017 bisher nur den Wert für das erste Halbjahr veröffentlicht, er betrug 21,1 Millionen US-$ http://www.bcn.gob.ni/publicaciones/periodicidad/semestral/cooperacion/ICOE_1.pdf
(4) Der Kredit bewegt sich zwischen 330 und 2.000 US-$ bei einem Zins von 5 % http://www.envio.org.ni/articulo/5363
(5) Verschiedene Beiträge unter https://nestoravendano.wordpress.com/
(6) HKND Group, Noticias de la empresa http://hknd-group.com/portal.php?mod=list&catid=27
(7) LIBRO BLANCO SOBRE EL PROYECTO DEL GRAN CANAL INTEROCEÁNICO DE NICARAGUA 
(8) China will "Polare Seidenstraße" in der Arktis bauen

 

Aktivitäten des Ökumenischen Büros zu Nicaragua

Wasser ist wertvoller als Gold - Bergbau in Nicaragua und El Salvador, Veranstaltung in München, 18.10.2017

Heizel Tórrez von der Organisation Centro Humboldt aus Nicaragua berichtete vor allem von dem Konflikt in der Mina La India. Sieben lokale Umweltaktivist*innen, die sich gegen die Verunreinigung von Gewässern durch den Abbau einer Goldmine im offenen Tagebau gestellt hatten, waren von dem britischen Unternehmen Condor Gold vor Gericht gezerrt worden. Heizel Tórrez skizzierte aber auch eindrucksvoll den allgemeinen Hintergrund des Goldabbaus im Land. Gold ist, in Nicaragua nach dem Kaffee das zweitwichtigste Exportprodukt. Mit dem Abbau sind unvermeidlich Umweltschäden verbunden, erzeugt werden aber nur 5.000 formelle Arbeitsplätze. Aber dennoch wird dieser Produktionszweig im Augenblick noch ausgeweitet.

Im Juni 2017 wurde in Nicaragua erstmals eine staatliche Bergbaugesellschaft, ENIMINAS, gegründet. Als staatliches Unternehmen, kann sie (und wird sie wohl auch) in Gebieten schürfen, die nur dem Staat vorbehalten sind. Dazu gehören auch Gebiete, die in den letzten Naturschutzgebieten des Landes liegen, z.B. in Bosawas.

Im August 2017 hat die Regierung das Dekret 15-2017(1) zum Umweltschutz erlassen, das den Umweltschutz mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Einklang bringen soll. Konkret wurde damit aber ein strengeres Dekret außer Kraft gesetzt, das die Investoren verpflichtet hatte, jeweils mittels einer Studie die Umweltverträglichkeit vor dem Eingriff in die Natur nachzuweisen. Jetzt müssen Unternehmen sich nur noch die Erlaubnis des Umweltministeriums MARENA einholen. Und MARENA muss innerhalb von 45 Tagen entscheiden.

Gegenüber diesen Nachrichten aus Nicaragua war die Schilderung von Pedro Cabezas von CRIPDES aus El Salvador ein Riesenkontrast. Dieser zeichnete in seinem Vortrag zunächst historisch nach, wie sich seit den 90er Jahren im Zuge der Einführung des Neoliberalismus auch das „extraktivistische Wirtschaftsmodell“ etablierte und bis heute aktuell ist. Bei diesem ist der Fokus der Wirtschaft darauf ausgelegt, Primärprodukte aus den Bereichen Energie, Biomasse und Bodenschätze für den Export herzustellen. Cabezas machte die Probleme des metallischen Bergbaus deutlich: dieser bedeutet immer eine immense Umweltzerstörung und Freisetzung von Giften . Die zu erwartenden bzw. bereits erfahrenen Umweltschäden werden durch die Einnahmen aus den Abbauaktivitäten nicht ausgeglichen. Bei Konflikten um eine geplante Goldmine im Departement Cabañans wurden mehrere Aktivisten gegen den Goldabbau ermordet, die Schuldigen sind bis heute nicht gefasst.

In der Folge hat sich jedoch in El Salvador eine breite Bewegung herausgebildet, der es gelungen ist, ein Verbot des metallischen Bergbaus durchzusetzen. Näheres dazu findet sich im Länderbericht El Salvador.

 

Fußnoten Aktivitäten

(1) http://digesto.asamblea.gob.ni/consultas/util/pdf.php?type=rdd&rdd=cZDNwOtpPjU%3D

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