El Salvador

Länderbericht

Das Jahr 2017 gestaltete sich wieder einmal zwiespältig für El Salvador. Das Verbot von metallischem Bergbau ist zweifelsohne ein großer Erfolg der sozialen Bewegungen. Andererseits lässt das ebenfalls lang geforderte allgemeine Wassergesetz weiterhin auf sich warten. Hoffnung macht, dass sich nun endlich 17 ehemalige Militärs für das Massaker von El Mozote vor Gericht verantworten müssen. Auf der anderen Seite schwebt Trumps Migrationspolitik wie ein Damoklesschwert über dem mittelamerikanischen Land. Es bleibt abzuwarten, was der Ausschluss des beliebten Bürgermeisters von San Salvador, Nayib Bukele, aus der FMLN für die Zukunft der Partei und des gesamten politischen Systems bedeutet.

Verbot des metallischen Bergbaus

Vergangenes Jahr erzielten die sozialen Bewegungen El Salvadors einen weiteren Erfolg gegen die Gefahren des Goldbergbaus für Mensch und Umwelt: Nachdem bereits im Oktober 2016 die Klage des Konzerns Oceana Gold gegen El Salvador vor dem Schiedsgericht der Weltbank abgelehnt(1) worden war (vgl. Jahresbericht 2016), verabschiedete am 29. März 2017 das Parlament El Salvadors das Ley de Mineria (Bergbaugesetz). Dieses verbietet im gesamten Land den metallischen Bergbau.(2)
Neben dem Abbau sind darüber hinaus auch die Erkundung von möglichen Vorkommen, die Ausfuhr von Edelmetallen wie auch die Anwendung der giftigen Stoffe Zyanid und Quecksilber verboten. Das Verbot gilt unabhängig davon, ob der Abbau über oder unter Tage erfolgt. Bemerkenswert ist, dass dieses weltweit einmalige Gesetz mit einer überwältigenden Mehrheit vom Parlament (69 von 82 Stimmen) verabschiedet wurde. Sowohl die rechte ARENA- Partei wie auch die linke Partei FMLN unterstützten letztlich die Vorlage. Angesichts des großen gesellschaftlichen Drucks wollte wohl keine der großen Parteien riskieren, in dieser so wichtigen Frage im Abseits zu stehen. Neben den sozialen Bewegungen, die sich rund um das Foro de Agua (Wasserforum) gruppieren, hatte sich auch die katholische Kirche für ein solches Gesetz ausgesprochen. Unterstützung kam ebenfalls durch zahlreiche Gruppen der internationalen Zivilgesellschaft.

Allgemeines Wassergesetz lässt weiterhin auf sich warten

Weiterhin ohne Ergebnis bleibt jedoch bisher die Forderung nach einem Ley General de Agua (allgemeines Wassergesetz). Obwohl es in El Salvador im Schnitt doppelt so viel regnet wie in London, befindet sich das Land weltweit unter den 14 Ländern mit der größten Wasserknappheit. Von den rund 6 Millionen Einwohner haben 1,5 Millionen keinen eigenen Wasseranschluss. Betrachtet man die Schwierigkeiten des Zugangs zu Wasser und die dabei bestehenden Ungleichheiten, so belegt El Salvador unter den Ländern Lateinamerikas und der Karibik den dritten Platz. Landwirtschaft und Industrie verbrauchen 54% des verfügbaren Wassers. Abgerechnet wird jedoch nur nach bewässerter Fläche und nicht nach tatsächlichem Verbrauch. Das kommt besonders den großen Zuckerrohrproduzenten und Viehzüchtern entgegen, die für ihren immensen Bedarf fast nichts bezahlen müssen. Diese Situation führt dazu, dass das öffentliche System der Wasserversorgung chronisch unterfinanziert ist. Das hatte in der Vergangenheit zur Folge, dass wichtige Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten nicht ausgeführt wurden.

Derzeit liegen dem Parlament zwei Gesetzesvorschläge für ein allgemeines Wassergesetz vor. Die linke Partei FMLN fordert in Anlehnung an die Vorschläge der sozialen Bewegungen die Wasserversorgung vollständig unter öffentliche Kontrolle zu stellen. Dabei soll der Zugang zu Wasser nach abgestuften Prioritäten geregelt werden. An erster Stelle steht dabei der Gebrauch als Trinkwasser, dann folgt die Produktion von Nahrungsmitteln und erst danach kommen die weiteren Verwendungsformen.

Demgegenüber steht ein Vorschlag des Unternehmerverbandes. Dieser möchte in Zukunft die Wasserversorgung unter private Kontrolle stellen. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament konnte sich im Laufe der zweiten Jahreshälfte bislang keine der beiden Fraktionen abschließend durchsetzen.(3)

Allerdings wurde bekannt, dass der Präsident Sánchez Cherén am 9. Januar 2018 nun doch einem Gesetz zugestimmt hat, das die Wiederaufbereitung von verschmutzen Wasser durch private Unternehmen ermöglichen wird. Soziale Bewegungen kritisieren diesen Vorschlag als ersten Schritt hin zu einer Privatisierung. Es wird befürchtet, dass damit die Gewinne in die Unternehmen fließen werden, während die Kosten - wie so oft - von der Allgemeinheit zu tragen sind. Befürchtet wird darüber hinaus auch ein Ansteigen der Wasserpreise.(4)

Aufarbeitung der Verbrechen des Bürgerkrieges

Die Aufhebung des Amnestiegesetzes im Juli 2016 (siehe Jahresbericht 2016) führte dazu, dass im März 2017 der erste Kriegsverbrecherprozess El Salvadors überhaupt aufgenommen werden konnte.(5) Bei diesem müssen sich 17 ehemalige-Militärs für das Massaker in El Mozote verantworten. Im Dezember 1981 waren in dem Dorf El Mozote rund 1000 Zivilisten vom Bataillon Atlacatl der salvadoranischen Armee systematisch ermordet worden; das Bataillon war vorher von der US-Army trainiert worden. 60% der Opfer waren Kinder. Das Verbrechen war Teil einer Reihe von Massakern, die das Ziel hatten, jegliche Unterstützung der Bevölkerung für die Guerilla auszulöschen. El Mozote gilt als das größte von Regierungstruppen begangene Massaker in der Geschichte Lateinamerikas.

Die Angeklagten werden durch ein großes Team der besten Anwaltskanzleien El Salvadors vertreten und von mächtigen politischen Netzwerken wie auch von Kreisen des Militärs unterstützt.

Im Laufe des Jahres wurden 37 Zeug*innen angehört. 2018 sollen die Beweise gegen die Angeklagten untermauert werden. Die Anklage und die Vertretung der Opfer werden durch den Menschenrechtsanwalt David Morales von der Organisation Cristosal unterstützt(6), der 2017 auch Gast beim Öku-Büro war (siehe unten).

Trump droht mit Abschiebung von Migrant*innen

Ein wahrer Horror für das kleine mittelamerikanische Land ist Trumps Politik gegenüber den zentralamerikanischen Migrant*innen in den USA. Der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten hatte in seinen Wahlkampf versprochen, eine deutlich restriktivere Migrationspolitik als sein Vorgänger durchzusetzen. Bezogen auf El Salvador ging es dabei vor allem um die Zukunft des Programms Deferred Action for Childhood Arrivals (DACA) sowie um Migrant*innen, die einen zeitlich begrenzten Aufenthaltstitel im Rahmen des TPS (Temporary Protected Status) besitzen.

Mit DACA hatte Obama den Kindern von Einwander*innen ohne Aufenthaltsgenehmigung einen legalen Aufenthaltsstatus verschafft. Dieser ermöglichte es ihnen, eine Ausbildung zu absolvieren, zu studieren und zu arbeiten. Tausende Kinder und Jugendliche, die in den letzten Jahren mit ihren Familien oder allein über die grüne Grenze eingewandert
waren, konnten sich so ihren Traum von einem besseren Leben erfüllen.
Deshalb werden sie im US-Sprachgebrauch dreamer („Träumer“) genannt. Am 5. September kündigte Trump an, dieses Gesetz aussetzen zu wollen. In Zukunft sollen nur noch diejenigen Jugendlichen bleiben dürfen, die in den USA geboren wurden. Schätzungsweise 30.000 bis 60.000 Menschen aus El Salvador wären von dieser Entscheidung negativ betroffen.(7) Im Januar 2018 stoppte ein Gericht jedoch die von Trump angeordnete Aussetzung des Programms. Wie es mit DACA weitergeht, bleibt somit abzuwarten.(8)

Das Central American Minors Programm (CAM), das ebenfalls von der Regierung des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama (2009-2017) eingeführt wurde und dem Schutz von durch Gewalt bedrohten Jugendlichen aus Zentralamerika dienen sollte, wurde hingegen im November ersatzlos gestrichen.(9)

Dramatischere Folgen für El Salvador hätte jedoch die Beendigung des TPS. Der Temporary Protected Status (Status als vorläufig Geschützter) ist ein Programm der US-Regierung für Flüchtlinge. Dieser Status schützt Menschen vor Abschiebung, die aus klar definierten Gründen nicht zurückkehren können. Das können laufende bewaffnete Konflikte, Umweltkatastrophen oder die Tatsache sein, dass das Herkunftsland nicht in der Lage ist, sich angemessen um die Rückkehrer*innen zu kümmern.

Für Menschen aus El Salvador wurde TPS im Jahre 2001 das erste Mal nach einem verheerenden Erdbeben eingeführt und danach immer wieder verlängert. Durch dieses Programm haben sich mittlerweile rund 200.000 Menschen aus El Salvador in den USA eine neue Existenz aufbauen können. Sollte dieses Programm nun auslaufen, hätte das nicht nur verheerende Folgen für die unmittelbar von Abschiebung betroffenen Menschen und Familien. Auch für die Gesellschaft El Salvadors wäre die Rückkehr von 200.000 Migrant*innen aus den USA in das kleine, dicht bevölkerte Land eine Katastrophe.

So fehlen in dem wirtschaftlich schwachen Land schon jetzt Arbeitsplätze, mit denen die Menschen ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten. Zudem würde das Wegfallen der Geldüberweisungen, die die Migrant*innen aus den USA an ihre Familien schicken, die Situation im Land zusätzlich verschlechtern. Die sogenannten Remesas machen rund 17% der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes aus!

Nachdem der TPS bereits im November für Nicaragua nicht verlängert wurde, hoffte die Regierung El Salvadors bis zum Schluss, dass Trump die Salvdorianer*innen von dieser Maßnahme verschonen würde. Im Januar 2018 wurde diese Hoffnung jedoch zerschlagen. Die betroffenen Migrant*innen aus El Salvador sind aufgefordert, bis 2019 die USA zu verlassen oder - sofern möglich - , ihren legalen Aufenthaltsstatus auf andere Weise zu regeln.(10)

Bruch innerhalb der FMLN

Bezogen auf die Parteienpolitik in El Salvador warfen die kommenden Wahlen bereits ihre Schatten voraus. Im März 2018 finden die Wahlen für das Parlament sowie für die Bürgermeister der Landkreise statt. 2019 sind dann wieder Präsidentschaftswahlen. Traditionell stehen sich die beiden größten Parteien - die rechte ARENA und die linke FMLN - ideologisch gegensätzlich gegenüber. Allerdings könnte dieses Mal alles anders aussehen. Grund dafür ist ein seit Jahren schwelender innerparteilicher Konflikt innerhalb der FMLN zwischen dem Bürgermeister von San Salvador, Nayib Bukele, und dem traditionellen Flügel der Partei. Bukele stammt aus einer wohlhabenden Familie und ist seit 2012 hauptberuflich für die Partei aktiv: zunächst als Bürgermeister von Nuevo Cuscatlán und dann ab Mai 2015 als Bürgermeister der Hauptstadt.(11)

Die Anhänger von Bukele schätzen ihn wegen seines unkonventionellen und jugendlich wirkenden Politikstils. Zugeschrieben wird ihm ein neuer Arbeitsstil innerhalb der Institutionen sowie eine verbesserte Bürger*innenbeteiligung. Bukele selbst rühmt sich mit Projekten wie San Salvador 100 Prozent beleuchtet und der Wiederbelebung des Zentrums von San Salvador sowie für seine Erfolge bei dem 70 prozentigen Rückgang der Morde im Zentrum der Hauptstadt.(12)

Innerparteilich stellte sich Bukele jedoch aufgrund seiner beißenden Kritik an der FMLN und deren Führung immer wieder als sehr unbequemes Mitglied dar. Zudem weckten seine Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur Misstrauen im traditionellen Flügel der Partei. Im September eskalierten die seit langem anhaltenden Spannungen. Nachdem in einer Versammlung die Mitglieder der eigenen Partei gegen die Pläne des Bürgermeisters gestimmt hatten, beschimpfte er die Parteikollegin Xochilt Marchelli mit den Worten: „Nimm diesen Apfel mit nach Hause, du Hexe“. Für die Parteiführung war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Nach einer innerparteilichen Debatte wurde am 10. Oktober 2017 der Ausschluss Bukeles aus der Partei bekannt gegeben. Begründet wurde dieser Schritt mit „Handlungen, welche interne Spaltungen provoziert haben“, „fortgesetzten personenzentrierten Verhaltensweisen“, „diffamierendem und beleidigendem Verhalten gegen das Ansehen und die Ehre eines Mitgliedes“ sowie mit Verstößen gegenüber den Statuten und Prinzipien der Partei.

Ausblick auf die Wahlen 2018

Welche Auswirkungen dieser Bruch auf die kommenden Wahlen haben wird, bleibt abzuwarten. Bukele selbst hat bislang keine eigene Partei, um bei den Parlamentswahlen 2018 anzutreten. Allerdings gehen Beobachter fest von einer Präsidentschaftskandidatur 2019 aus. Gleichzeitig hat auch die rechte Partei ARENA mit Johnny Wright einen Dissidenten zu verzeichnen. Dieser strebt an, als unabhängiger Kandidat im März 2018 ins Abgeordnetenhaus einzuziehen.
Der Bruch mit den etablierten politischen Parteien steht symptomatisch für die Krise des politischen Systems in El Salvador. Laut Umfragen des IUDOP (Meinungsforschungsinstitut der Zentralamerikanischen Universität der Jesuiten, UCA) haben derzeit rund 55 Prozent der Bevölkerung keinerlei Vertrauen in die politischen Parteien. Wenn heute Präsidentschaftswahlen wären, könnte der mittlerweile unabhängige Nayib Bukele hingegen mit rund 60% Unterstützung rechnen. Für die Parlaments- und Gemeindewahlen 2018 sieht das IUDOP ARENA derzeit bei 26,6%, die FMLN bei 22,4%, GANA 7% und PCN bei 4,3%.(13)

Die Frage, welche Richtung El Salvador in Zukunft einschlagen wird bleibt also weiterhin spannend. Nach wie vor kämpfen die widerstreitenden Interessen und Mächte des Landes in den verschiedenen Feldern der Gesellschaft um Einfluss. Ein klarer Gewinner dieses Prozesses ist dabei bislang noch nicht auszumachen. Das Öku-Büro wird diese und andere Entwicklungen weiterhin im Auge behalten.

Aktivitäten zu El Salvador

6. März: Solidaritätsbrief zum Verbot des metallischen Bergbaus

Gemeinsam mit unserer Partnerorganisation MOVIAC (Bewegung der Opfer und Betroffenen des Klimawandels sowie der Unternehmen) formulierten wir ein Solidaritätsschreiben, das an die Abgeordneten des Salvadorischen Parlaments gerichtet war. In diesem unterstützen wir die Forderungen der sozialen Bewegungen nach einem allgemeinen Bergbaugesetz, welches ein Verbot sämtlicher Aktivitäten rund um den metallischen Bergbau einschließt. Unterschrieben wurde dieses von 16 Organisationen und Einzelpersonen der El Salvador-Solidarität aus Deutschland. Das Schreiben wurde dann auf einer Parlamentssitzung am 29. März durch den Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses vorgelesen.

19. März, Ligsalz8: El Salvador - Der anhaltende Kampf für Demokratie, Gerechtigkeit und Frieden, mit David Morales (CRISTOSAL – El Salvador)

In seinem Vortrag ging der Anwalt und ehemalige Menschenrechtsombudsmann El Salvadors, David Morales, auf das Problem der Straffreiheit in El Salvador ein. Dabei beleuchtete er, wie nicht aufgeklärte Fälle schwerster Menschenrechtsverletzungen zu Zeiten des Bürgerkrieges die Entwicklung von Demokratie und eines gerechten Friedens bis heute behindern. Er zeigte auch, wie die nach dem Krieg eingeschlagene neoliberale Wirtschaftspolitik zu einer Verarmung der Bevölkerung geführt und gleichzeitig aufgrund fehlender Staatseinnahmen die Handlungsfähigkeit der Regierung extrem eingeschränkt hat. So hat die Regierung heute im Bereich der inneren Sicherheit kein Geld für Präventions- oder Reintegrationsprogramme und setzt deshalb gegen die Gewalt der
Jugendbanden fast ausschließlich auf Repression. Das führe auch aus Sicht der Menschenrechte zu gravierenden Problemen. Außerdem führe die politische Polarisierung sowie das Fortbestehen traditioneller Machtverhältnisse dazu, dass die Situation der Menschen im Land zunehmend problematisch werde.

Die anschließende Diskussion drehte sich auch um die Frage, welche Rolle die Freihandelsverträge der USA und der EU in der derzeitigen neoliberalen Wirtschaftspolitik spielen. Im Vorfeld der Veranstaltung wurde ein Brunch mit Spezialitäten aus El Salvador serviert.

21. Juli: Michaeli-Gymnasium München, Projekttag: El Salvador - Jugendliche im Kontext der Gewalt

Am 21. Juli führten wir beim Michaeli-Gymnasium in München einen Projekttag mit einer 11. Klasse durch. Thema war „El Salvador: Jugendliche im Kontext der Gewalt”. Dabei erarbeiteten wir gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern mit Methoden des Globalen Lernens zunächst ein Länderportrait zu El Salvador. Ein vom Team des Öku-Büros gestalteter Lernparcours ermöglichte es den Schüler*innen, sich über die Besonderheiten der Lebensphase Jugend bewusst zu werden. Durch Videosequenzen, Internetrecherche und Reflexionsrunden gelang es dann, die Gruppe für die Folgen der Auswirkung von Gewalt auf Gemeinden zu sensibilisieren. Der Projekttag wurde von zwei Referent*innen des Öku-Büros auf Spanisch durchgeführt.

1. bis 31. August: Solidaritätsreise nach Nicaragua und El Salvador

Wie alle zwei Jahre fand auch 2017 wieder eine Solidaritätsreise nach Mittelamerika statt. Dabei bereiteten wir die Teillnehmer*innen mit drei Vorbereitungstreffen auf die Situation und Aufgaben in Nicaragua und El Salvador vor. Einen ausführlichen Bericht zu diesem Projekt findet sich in einem separaten Kapitel des Jahresberichtes.

4. bis 21. November: „Ninguna vida es ilegal“ - Rundreise zum Thema Migration

Unter dem Motto „Ninguna vida es ilegal – kein Mensch ist illegal“ referierten und diskutierten Angela Sanbrano (Los Angeles, USA) und Luis López (El Salvador) vom 4. bis zum 21. November in zwölf Städten über verschiedene Aspekte der Migration aus Zentralamerika nach Norden. Schwerpunkte der Abend- und Schulveranstaltungen in Augsburg, Bonn, Hamburg, Jena, Kassel, Kiel, Köln, Konstanz, Leipzig, München und Stuttgart waren die Politik der Trump-Administration und die Suche nach auf ihrem Weg nach Norden verschwundenen Familienangehörigen. Ein Wochenendseminar (Bundestreffen der El Salvador Solidarität), das wir gemeinsam mit der Infostelle El Salvador, dem INKOTA-netzwerk, Berlin, der Kaffee-Kampagne El Salvador und dem Zentralamerika-Sekretariat, Zürich ausrichteten, vertiefte die Thematik. Erfreulicherweise diskutierte eine Gruppe von Schüler*innen aktiv mit und mahnte einen Generationswechsel und mehr Partizipation junger Menschen an.

Die Psychologin und Juristin Angela Sanbrano, die in Ciudad Juárez (Mexiko) geboren und im benachbarten El Paso (Texas) aufgewachsen ist, beeindruckte durch ihre kluge historische Einordnung der aktuellen Politik und durch ihre langjährige Erfahrung als Aktivistin. Sie hatte 2006 den „immigrant rights march“, der über eine Million Menschen auf die Straßen von Los Angeles brachte, mitorganisiert und vermittelte Zuversicht, dass die heutige, derzeit noch etwas schwächere Bewegung an Momentum gewinnen könnte. Angela setzte auf die zunehmende Mobilisierung von Frauen und die jugendlichen „Dreamers“ aus Zentralamerika, denen Massenabschiebungen
drohen. Wichtiges Element des Austauschs waren Einschätzungen zu historischen und aktuellen ultrarechten und faschistischen Bewegungen. Dazu gehörte auch ein Besuch in der KZ-Gedenkstätte Dachau.

Luis Alberto López Martínez, Gründungs- und Leitungsmitglied des „Komitees der Familienangehörigen von verstorbenen und verschwundenen Migrant*innen aus El Salvador“ (COFAMIDE) hatte die schwierige Aufgabe über den Umgang mit extrem viel Leid und Tod zu berichten. Durch Luis‘ Erzählung und die mitgebrachten Bilder rückte den zuhörenden und Zusehenden das Ausmaß der Problematik und die Bedeutung der Suche nach Angehörigen oder ihren sterblichen Überresten ganz nahe. Dabei ließ sich das europäische Pendant, das Sterben von Migrant*innen im Mittelmeer, nicht ausblenden und der Vergleich zwischen den Kontinenten aus der Sicht eines Betroffenen warf ein scharfes Schlaglicht auf die eigene Verantwortung.Unsere beiden Gäste setzten zum Ende unserer Reise ein schönes Zeichen der wechselseitigen Solidarität indem sie trotz Kälte und Erschöpfung an der Demonstration zum Müncher Transgender Day of Remembrance (siehe Aktivitäten zu Honduras) teilnahmen.

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