Editorial
Wenn man das Jahr 2017 mit einem Wort charakterisieren will, passt vielleicht am besten das Wort Umbruch. Umbruch gab es nicht nur bei uns im Ökumenischen Büro, wo es wieder einige Wechsel im Team gab, sondern viel gravierender war der allgemeine politische Umbruch in unseren Partnerländern: In Mexiko und Kolumbien, in denen man sich auf die Präsidentschaftswahlen 2018 vorbereitet und vor allem in Honduras, das nach dem Wahlbetrug von 2017 gerade die größte politische Krise seit dem Putsch 2009 durchmacht. Dazu herrscht in allen Ländern eine große Unsicherheit, was für Konsequenzen die unberechenbare Politik der US-Regierung unter Donald Trump in Zukunft haben wird. Die gravierendste Veränderung für uns im Ökumenischen Büro war aber der Tod unseres langjährigen ehrenamtlichen Mitglieds Klaus Pinzek. Mit all dem beschäftigt sich dieser Jahresbericht 2017.
Mexiko:
Überall im Land sieht man positive Anzeichen aber auch genau so viele negative. So hat 2017 das letzte Amtsjahr von Enrique Peña Nieto begonnen. Aber 2017 war auch das gewalttätigste Jahr seit dem Ex-Präsident Felipe Calderón 2006 den „Drogenkrieg“ erklärte. Auf der einen Seite verabschiedete das Parlament drei Jahre nach dem gewaltsam verursachten Verschwinden der 43 Studenten in Ayotzinapa ein Gesetz gegen das Verschwindenlassen. Auf der anderen Seite verabschiedete das gleiche Parlament auch das neue Gesetz zur Inneren Sicherheit, das die Militarisierung des Landes ausweiten wird. Aber man darf hoffen: Für die Präsidentschaftswahlen 2018 strebt erstmals eine Indigene die Kandidatur an.
Honduras:
Honduras hat 2017 bewiesen, dass es immer noch schlimmer werden kann. Das Jahr endete mit der größten politischen Krise des Landes seit dem Putsch 2009: Auf die verfassungswidrige Wiederkandidatur des bis dahin amtierenden Präsidenten Juan Orlando Hernández folgte in den Wahlen vom November ein manifester Wahlbetrug zu seinen Gunsten. Dagegen gingen die Oppositionsallianz und weite Kreise der Bevölkerung auf die Barrikaden. Das Regime reagierte mit tödlicher Repression. Kurz zuvor hatte eine internationale Gruppe unabhängiger Expert*innen (1) nachgewiesen, dass der Mord an Berta Cáceres im März 2016 eindeutig von einer kriminellen Vereinigung aus staatlichen Sicherheitskräften und Angehörigen der Betreiberfirma DESA des Staudammprojektes Agua Zarca geplant worden ist.
El Salvador:
Auch in El Salvador erkennt man 2017 Licht und Schatten. Beim Umweltschutz gab es auf der einen Seite das weltweit erste Verbot von metallischem (Gold-)Bergbau, auf der anderen Seite lässt ein dringend notwendiges Wassergesetz weiterhin auf sich warten. Hoffnung macht, dass sich nun endlich 17 ehemalige Militärs für das Massaker von El Mozote vor Gericht verantworten müssen. Auf der anderen Seite schwebt Trumps Migrationspolitik wie ein Damoklesschwert über dem mittelamerikanischen Land. Wenn wirklich bis zu 60.000 Menschen aus den USA nach El Salvador abgeschoben werden, ist nicht zu sehen, wie das kleine Land dies verkraften soll.
Nicaragua:
Nicaragua ist weiterhin eine Ausnahme an politischer und wirtschaftlicher Stabilität unter unseren Partnerländern, was sich an dem hohen Sieg der Regierungspartei FSLN bei den Gemeindewahlen zeigte. Die Bevölkerung ist zum großen Teil zufrieden, vor allem mit der wirtschaftlichen Situation. Aber gerade von Seiten der Wirtschaft drohen Gefahren von außen. Der wichtigste Partner Venezuela kämpft mit enormen Problemen und die USA drohen mit Sanktionen. Dazu verdichten sich die Anzeichen, dass der Traum vom interozeanischen Kanal sich als Schimäre entpuppen könnte.
Kolumbien:
Das Jahr 2017 wurde sowohl von der Umsetzung der Friedensverträge zwischen der kolumbianischen Regierung und den Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia („Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens“) FARC-EP geprägt als auch vom Beginn des Wahlkampfes um die Präsidentschaft und um den Senat. Die Wahlen finden 2018 statt und haben wegen der Größe des Landes auch regionale Bedeutung. Diese Situation hat zu einer Teilung des kolumbianischen Volkes geführt und bringt gesellschaftliche Auswirkungen mit sich, die sich vor allem auf die gefährdetsten Personengruppen negativ auswirken.
Aktivitäten des Ökumenischen Büros:
Exemplarisch unter den vielen in diesem Jahresbericht beschriebenen Veranstaltungen soll hier schon einmal auf die Solidaritätsreise nach Mittelamerika hingewiesen werden. Die in Kooperation mit dem Informationsbüro Nicaragua aus Wuppertal veranstaltete Reise führte im August 2017 nach Nicaragua und El Salvador. Dort besuchte die Gruppe befreundete Basisorganisationen, um einen Einblick in die aktuelle Lebenssituation der Bevölkerung zu gewinnen. Die angesprochenen Themen waren vielfältig: In Nicaragua erfuhr die Gruppe Wissenswertes zum Nicaraguakanal, zur Auswirkung des Klimawandels und zur Bedeutung kommunaler Radios, in El Salvador gab es Informationen zur Nachwirkung der bewaffneten Konflikte in den 1980er Jahren, zur aktuellen Jugendgewalt und zu Auswirkungen der Freihandelsverträge auf die Situation der Bevölkerung in El Salvador und Mittelamerika.
Veränderungen im Büro:
Auch 2017 gab es wieder einige Änderungen in unserem Team. Zwei Hauptamtliche wechselten und es gelang uns, eine neue Stelle zu schaffen. Der Wechsel in den Arbeitsbereichen Mexiko und Menschenrechte verlief sehr harmonisch, da er schon im Vorjahr eingeleitet worden war. Daniel Tapia, der 2016 ein Sabbatjahr eingelegt hatte, hat das Ökumenische Büro endgültig verlassen und an Cristina Valdivia, die ihn bisher sehr gut vertreten hat, übergeben. Auch auf der Finanzstelle gab es wieder einen Wechsel, denn Blanka Koffer verließ uns schon nach wenigen Monaten. Jetzt kümmert sich Helge Latzina fast ein Jahr um unsere Finanzen und hat sich bei uns gut eingelebt. 2017 ist Alejandro Pacheco neu zum Team des Ökumenische Büros gestoßen und hat sich als ideale Besetzung erwiesen.
Nach mehr als zehn Jahren hat Miriam Stumpfe ihre erfolgreiche Vorstandsarbeit beendet. Wir danken ihr herzlich für ihr Engagement und sind uns sicher, dass wir mit Alejandro Pacheco einen guten Nachfolger für sie im Vorstand gefunden haben
Allen Hauptamtlichen, ob sie sich verabschiedet haben, neu gekommen oder geblieben sind, danken wir ganz herzlich für ihren Einsatz. Das gilt auch für all die anderen, die auf unterschiedlichste Art zum Gelingen unserer Arbeit beigetragen haben: die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die Kooperationspartner*innen sowie unsere treuen und neuen Spender*innen.
Und schließlich möchten wir den Organisationen, die unsere Arbeit und unsere Projekte im Jahr 2017 finanziell unterstützt haben, herzlich danken. In alphabetischer Reihenfolge waren dies: Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, Engagement Global (BMZ), Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika, Katholischer Fonds, Kulturreferat der Landeshauptstadt München, Misereor, Oxfam Deutschland e.V.
Allen, denen wir zu Dank verpflichtet sind und denen, die sich uns freundschaftlich verbunden fühlen, wünschen wir weiterhin ein erfolgreiches Jahr 2018.
(1) Expert*innen: Der in diesem Jahresbericht verwendete * ist ein Mittel der sprachlichen Darstellung aller Geschlechter und Geschlechtsidentitäten, einschließlich jener abseits der gesellschaftlich vorherrschenden Vorstellung von Zweigeschlechtlichkeit.