Länderbericht Nicaragua

Der Pazifik-Atlantik-Kanal war das Thema des vergangenen Jahres in Nicaragua, das alle anderen Themen in den Hintergrund drängte. Mit der Bekanntgabe der Kanalroute im Juli 2014 und dem feierlichen Baubeginn am 22. Dezember verschwanden zwar nicht die Zweifel an dem Projekt, aber es entwickelte sich massiver Widerstand bei der bäuerlichen Bevölkerung, die dem Projekt weichen soll. Sonst war die Politik wie in den Jahren zuvor geprägt von einer starken Regierung, die ungestört ihre Ziele verfolgen konnte.

Ein Kanal, der das Land spaltet

 

Kanal
"Der Kanal ist großartig"


Seit der Bekanntgabe der Route des teuersten Bauprojekts der Welt am 7. Juli 2014 durch den chinesischen Investor HKND1, beherrschte der Kanal die politische Diskussion. Etwas, von dem es bisher nur sehr vage Vorstellungen gab, wurde konkret fassbar. Die Projektentwickler, das staatliche chinesische Bahnunternehmen CRCC2 und die britische Umweltberatungsfirma ERM3, hatten sich für die „Route 4“ entschieden. Von den sechs zur Auswahl stehenden Trassen soll sie die umweltfreundlichste sein. Der „Große Interozeanische Kanal Nicaraguas“ beginnt auf der Pazifikseite in Puerto Brito, im Verwaltungsbezirk Rivas, durchquert auf einer Länge von 105 km zwischen den Inseln Ometepe und Solentiname den Nicaraguasee, durchschneidet dann den Bezirk Río San Juan, berührt Naturschutzgebiete und Siedlungsgebiete indigener Gruppen in der autonomen Region RAAS und endet an der Karibikküste in Punta Gorda. Die geplanten Abmessungen sind gigantisch: 278 km lang, zwischen 230 und 520 m breit und bis 29 m tief soll der Kanal werden und damit auch passierbar für die größten Schiffe, für die der erweiterte Panamakanal immer noch zu klein ist.

Centro Humboldt
Laut dem Centro Humboldt wird eine Zone von 20km Breite entlang der Route vom Kanal und den Bauarbeiten in Mitleidenschaft gezogen


50 Milliarden US-Dollar soll der Kanal mit seinen Unterprojekten kosten. Zwei Riesenschleusen sollen den Höhenunterschied von 30 m überwinden. Ein künstlicher See auf der Karibikseite von fast 400 km² Oberfläche soll den erforderlichen Wasserverbrauch regulieren. Neben dem Kanal sind die folgenden fünf Unterprojekte geplant: zwei Hochseehäfen, eine Freie Produktionszone (Maquila) und ein internationaler Flughafen an der Pazifikseite, mit der dafür notwendigen Infrastruktur. Für die Menschen, die im Flughafen, im Hafen und vor allem in der Freien Produktionszone arbeiten werden, soll eine neue Stadt gebaut werden. Mit den erwarteten 140.000 Einwohner_innen wäre diese Stadt unter den zehn größten des Landes. Für die Unterstützung der Bauarbeiten werden ein eigenes Elektrizitätswerk und ein Stahlwerk errichtet. Das ganze soll in fünf Jahren fertig werden.4 Das sind die wesentlichen Informationen, auf die sich die Diskussion in Nicaragua und international seither stützen kann. Es wurden weder eine Machbarkeitsstudie noch eine Umweltverträglichkeitsstudie präsentiert und niemand weiß, wer die 50 Milliarden US-Dollar investieren wird.

 

 

Kritik


Diese Vorgehensweise hat zu viel Kritik geführt und im Land regt sich massiver Widerstand. Kritik und Widerstand konzentrieren sich auf drei Bereiche: die mehr als zurückhaltende Informationspolitik von HKND und Regierung, die Sorge um die Umwelt und das im Augenblick brisanteste Thema der Enteignung tausender Familien, die dem Kanalbau weichen müssen.

Die Informationen, die der Öffentlichkeit präsentiert werden, überzeugen viele nicht. HKND behauptet zwar, es gebe Investoren, die würden aber Wert auf Anonymität legen. So wird weiter spekuliert, ob das Projekt überhaupt ernst gemeint ist, ob es wirtschaftlich machbar ist oder ob sich dahinter geostrategische Interessen der chinesischen Regierung verbergen.

Die Sorgen um die Konsequenzen für die Umwelt durch den Kanalbau sind bei den Dimensionen des Projektes selbstverständlich, werden aber noch verstärkt durch die Art und Weise, wie sich die Projektentwickler mit dem Thema befassen. Bisher konnte man dabei nicht den Eindruck gewinnen, dass für HKND der Schutz der Umwelt große Bedeutung besitzt. So wurde am 22. Dezember 2014 der Baubeginn feierlich begangen, obwohl noch keine Umweltverträglichkeitsstudie vorliegt. Die damit betraute britische Firma ERM hat inzwischen mitgeteilt, dass die Studie frühestens im April 2015 fertig sein wird.

Im November hatte die nicaraguanische Akademie der Wissenschaften ein international besetztes Symposium zu den technischen und wissenschaftlichen Aspekten des Kanals durchgeführt und dazu selbstverständlich auch die das Projekt entwickelnden Organisationen eingeladen.5 Diese haben die Gelegenheit nicht genutzt, zu den vielen besorgten Fragen zu Biodiversität, Gewässerschutz und Risikoanalysen Stellung zu beziehen. Es bleibt die Hoffnung, dass sie wenigstens das Schlussdokument des Symposiums studieren werden.6 Wie fast alle, die sich mit der Umweltbelastung durch den Kanal beschäftigen, an vorderster Stelle ist da die Umweltschutzorganisation Centro Humboldt zu nennen, machte sich auch dieses Gremium die größten Sorgen um den Nicaraguasee. Dazu gibt es von Seiten HKND bisher keinerlei überzeugende Aussagen. Bei der Vorstellung der Kanalroute ist die Umweltberatungsfirma ERM auf einige Fragen wie beispielsweise Schutzgebiete eingegangen. Auch Risiken für den Nicaraguasee wie Verschmutzung durch Schiffsabwässer, Wassertrübung durch die Baggerarbeiten usw. hat ERM erwähnt, aber die Lösungsvorschläge blieben allgemein: „Höchste Anstrengungen bei der Implementierung der „best practice“ aufwenden, um Auswirkungen auf den Nicaraguasee zu vermeiden.“7 Was die „best practice“ ist, wenn trotzdem im Nicaraguasee, dem größten Süßwasserreservoir Mittelamerikas, ein Supertanker in ein Unglück verwickelt wird, darauf hätten viele gerne eine genauere Antwort gehabt.

Widerstand


Am meisten Widerstand wird dem Projekt im Augenblick von denen entgegengesetzt, die in den Gebieten wohnen, durch die der Kanal führen soll. Ab Ende August tauchten in den Gemeinden an der Kanalroute chinesische Angestellte auf und begannen, unterstützt von Polizei und Militär, die Grundstücke zu vermessen, ohne dass den Betroffenen irgendetwas erklärt wurde. Wie bei den zuvor geschilderten Kritikpunkten wurden auch hier die Probleme durch mangelnde Transparenz und fehlende Dialogbereitschaft auf Seiten von HKND und Regierung verschärft. Wer soll enteignet werden? Wie wird die Entschädigung ausfallen? Wohin sollen die Menschen umgesiedelt werden? Dazu gab es zuerst gar keine Antworten. Bekannt waren nur die Vereinbarungen des Lizenzvertrages der Regierung mit HKND und des dazugehörigen Gesetzes 840. Dort ist festgelegt, dass alles, was für das Projekt erforderlich ist, enteignet werden kann und dass die Entschädigung nach dem Katasterwert ermittelt wird. Der Katasterwert, die Basis für die Besteuerung, hat aber in der Regel nichts mit dem tatsächlichen Wert zu tun, sondern liegt weit darunter. Die Betroffenen haben also allen Grund zu befürchten, dass sie mit der Entschädigung niemals woanders ein gleichwertiges Grundstück erwerben können. Natürlich wollen viele Menschen auch nicht von dort weg, wo sie bisher gelebt haben. Vor allem in den Gegenden um Rivas, El Tule und Nueva Guinea kam es deshalb bald zu Demonstrationen, an denen sich Tausende beteiligten. Unter dem Motto „Wir wollen keinen Kanal“ und „Chinesen raus“ waren bis Mitte Dezember 16 Demonstrationen relativ friedlich verlaufen.

Demo

Entlang der geplanten Kanalroute fanden zahlreiche Demonstationen statt

 

Auch nachdem die Erfassung der Grundstücke beendet war - HKND spricht von 20.000 Betroffenen - gingen die Demonstrationen weiter. Mit dem offiziellen Baubeginn am 22. Dezember eskalierte die Situation. Die Polizei räumte gewaltsam eine mehrtägige Straßensperre, mit der Demonstrant_innen Angestellte von HKND behindern wollten. Bei der Räumung gab es Verletzte auf beiden Seiten - die Polizei behauptet sogar, sie wäre beschossen worden. Anführer_innen der Demonstrant_innen wurden tagelang in Polizeigewahrsam gehalten und behaupteten, die Polizei habe sie systematisch misshandelt. Sie
werden jetzt von der Menschenrechtsorganisation CENIDH betreut. Eine belgische Fotografin wurde des Landes verwiesen.

Auch nach dem offiziellen Baubeginn, der eher ein symbolischer Akt war, denn die begonnenen Bauarbeiten beschränken sich bisher auf vorbereitende Arbeiten wie den Ausbau der Zugangswege, herrscht weiter Unsicherheit. So hat Wang Jing, der Präsident des Unternehmens HKND, in seiner Rede anlässlich der Feier am 22. Dezember eine Art Arbeitsplan für das Jahr 2015 vorgelegt.8 Danach sollen die Enteignungen bis Mitte des Jahres abgeschlossen sein. Die eigentlichen Kanalbauarbeiten, Aushub und Bau der Schleusen, sollen anschließend beginnen.

In den Tagen nach der Eröffnungsfeier gab HKND bekannt, dass die 50.000 Arbeitsplätze, die mit dem Kanalbau entstehen sollen, zur Hälfte mit ausländischen, vorwiegend chinesischen Fachkräften besetzt werden. Für manche Nicaraguaner_innen, die das Kanalbauprojekt unterstützen, wird das eine Enttäuschung sein. Sie unterstützen das Projekt vor allem, weil sie an die versprochenen Vorteile für Nicaragua glauben. Der andere kleinere Teil der Gesellschaft hat diese Vorteile immer schon bezweifelt, aber die Gefahren deutlich erkannt. So ist die Gesellschaft im Augenblick tief gespalten. Nicht nur politisch spaltet der Kanal Nicaragua, er wird das Land auch geografisch teilen. Nur die wichtigste Nord-Süd Verbindung, die Panamericana, wird mit einer Brücke über den Kanal führen, sonst sind Fähren vorgesehen. Das wird besonders den abgelegenen Bezirk Río San Juan weiter marginalisieren.

Venezuela


Unsicherheit verbreiten die möglichen Folgen der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung Venezuelas, des zweitwichtigsten Handelspartners Nicaraguas. Seit Juni 2014 ist der Erdölpreis auf dem Weltmarkt von 110 US-Dollar auf die Hälfte gesunken. Allein die Tatsache, dass Venezuelas Exporte zu mehr als 90% von der Erdölforderung abhängen, macht deutlich, dass diese Entwicklung Konsequenzen haben muss. Und die wiederum werden sich auf Nicaragua, das seinen gesamten Bedarf an Erdölprodukten aus Venezuela importiert, auswirken. Die Folgen der Probleme Venezuelas sind für Nicaragua ambivalent. Einerseits profitiert das Land davon, dass Erdöl billiger wird, andererseits stehen der Regierung aber weniger Mittel für soziale Projekte zur Verfügung. Denn im Rahmen des Energieabkommens Petrocaribe kauft Nicaragua bei Venezuela das Erdöl zum Weltmarktpreis, muss aber nur die Hälfte sofort bezahlen und erhält für die andere Hälfte sehr günstige Kredite. Die Mittel, die sich daraus ergeben, dass das Erdöl zum vollen Preis an die Raffinerien weiterverkauft werden, nutzt die Regierung zur Finanzierung sozialer Projekte und Subventionen. Diese Mittel werden jetzt erheblich geringer ausfallen. Bis 2013 standen der Regierung jährlich rund 550 Mio US-Dollar zur Verfügung. Schon für die erste Hälfte des Jahres, also noch vor dem Absturz des Erdölpreises, hat die Zentralbank eine Summe ausgewiesen, die um 50 Mio US-$ unter dem Wert des Vorjahres lag.9 Bisher ließ sich das Problem noch durch Haushaltsumschichtungen auffangen. Aber es war ein erster Schock, der zeigte, wie abhängig die Regierung von der großzügigen Unterstützung Venezuelas ist. Wenn sich die Situation in Venezuela weiter so entwickelt wie im Augenblick und die Unterstützung ganz ausbleibt, muss das große wirtschaftliche und politische Konsequenzen haben.

Innenpolitik


Allgemein haben sich die Tendenzen der letzten Jahre in der Innenpolitik bestätigt oder verstärkt. Die Regierung Ortega ist weiter unangefochten und die bisher schon schwache Opposition verlor sogar weiter an Bedeutung. Sie wird kaum noch wahrgenommen und beschäftigt sich hauptsächlich mit sich selbst. Der Regierung fällt es leicht, sie in ihrer Unfähigkeit und Zerstrittenheit vorzuführen. Anfang des Jahres 2014 musste die Nationalversammlung 54 hohe Posten in verschiedenen Gremien wie im Obersten Wahlrat, Obersten Gerichtshof und im Rechnungshof neu besetzen. Viele hochrangige Mitglieder der Opposition hielten sich selbst für geeignet, die gut dotierten Stellen zu besetzen, waren aber bei den herrschenden Mehrheitsverhältnissen vom Wohlwollen der FSLN abhängig. Verdient hatten sich dieses Wohlwollen unter anderen zwei Verwandte des ehemaligen Präsidenten Arnoldo Alemán von der liberalen Partei PLC. Dessen Tochter María Dolores Alemán wurde in den Rechnungshof10 gewählt und sein Bruder Antonio Alemán als einer der obersten Richter wieder gewählt. Die PLC ist zwar heute bei Wahlen chancenlos, aber offensichtlich immer noch zu Deals mit der FSLN in der Lage. Nur die Nicaraguaner_innen davon zu überzeugen, dass dies die angebrachte Oppositionspolitik gegen die „Ortega-Diktatur“ sei, wie die Opposition die Regierung gerne bezeichnet, das gelingt ihr nicht. Bei den letzten Umfragen kamen die Oppositionsparteien, die bei den Wahlen im November 2011 noch 31% der Stimmen erreicht hatten, auf weniger als 10%. Die Zufriedenheit mit der Regierung ist entsprechend hoch. Sie lag im Laufe des Jahres 2014 immer weit über 50%. Das hängt nicht nur mit den vielen Sozialprogrammen zusammen, von denen vor allem der ärmere Teil der Bevölkerung profitiert, sondern inzwischen auch mit der Phantasielosigkeit der Opposition.

 

Unternehmerschaft


Wesentlich wichtiger als die Opposition ist für die Regierung die Unternehmerschaft. Ein Beispiel für deren großen Einfluss war im vergangenen Jahr in der Steuerpolitik zu beobachten. Mit Beginn des Jahres 2013 war in Nicaragua eine Steuerreform (Ley de Concertación Tributaria) in Kraft getreten, an deren Zustandekommen der Unternehmerverband COSEP intensiv beteiligt war. Er hatte erreicht, dass die vielfältigen Steuervergünstigungen, die vor allem den großen Unternehmen zu Gute kommen, bei der Reform nicht angetastet worden waren.

Die Konsequenz war, dass die Steuereinnahmen 2014 nicht die geplante Höhe erreichten. Um dem zu begegnen, erließ Präsident Ortega ein Dekret, in dem unter anderem der Steuersatz für den Handel an der Börse für landwirtschaftliche Produkte (bolsa agropecuaria) angehoben wurde. Da dort ausschließlich die großen Unternehmen handeln, lief der COSEP Sturm. Neun Tage Protestgeschrei in den Medien reichten aus: die Regierung zog das Dekret wieder zurück. Für das laufende Jahr 2014 verzichtete sie auf weitere Versuche, die Einnahmen zu erhöhen. Statt dessen gab es einen Nachtragshaushalt mit Ausgabenkürzungen. Aber es gab noch ein weiteres Problem für den COSEP. In der Steuerreform von 2012 war es ihm nur gelungen, die Steuervergünstigungen bis Ende 2014 zu verlängern. Da war es dann keine große Überraschung mehr, dass Ende des Jahres die Steuerreform noch einmal reformiert wurde. Ausgehandelt wurde sie wieder zwischen der Regierung und dem Unternehmerverband COSEP. Die Reform der Reform stand unter dem Motto, die privaten Investitionen zu stimulieren und die bisherigen Steuervergünstigungen für die großen Unternehmen noch einmal zu verlängern. Zusätzlich ist jetzt aber auch die Einfuhr von Jachten und Hubschraubern steuerfrei. Wie gesagt: es geht um die Stimulation der Investitionstätigkeit, mit dem Ergebnis, dass jetzt Kooperativen und kleine Betriebe höher besteuert werden als früher. Man darf annahmen, dass der COSEP und auch die Regierung mit diesem Ergebnis zufrieden sind.

Dieses innige Verhältnis zwischen Regierung und Unternehmerschaft, das seit Jahren beobachtet werden kann, hat in Nicaragua inzwischen auch Verfassungsrang. Im Februar des Jahres 2014 trat die Verfassungsänderung in Kraft, die seit dem Herbst 2013 in der Nationalversammlung verhandelt worden war. Neben dem Ausbau der Macht des Präsidenten, wie seine unbeschränkte Wiederwahl und seinem neuen Recht, Dekrete zu erlassen, die ohne Mitwirkung der Nationalversammlung Gesetzeskraft erlangen, wird darin auch das nicaraguanische Wirtschaftssystem neu definiert. In dem reformierten Artikel 98 ist jetzt die Rede von dem „Modell einer Allianz der Regierung mit dem Sektor der Klein- Mittel- und Großunternehmen und der Arbeiterschaft [...] in dem mittels ständigen Dialoges der Konsens gesucht wird.“11 Soll man wirklich glauben, dass es in Nicaragua Konsens ist, dass die Steuerlast von oben nach unten verteilt wird?

 

Aktivitäten des Ökumenischen Büros zu Nicaragua


Die Aktivitäten des Ökumenischen Büros zu Nicaragua spiegelten in diesem Jahr die politische Diskussion im Land wider. In mehreren Veranstaltungen des Büros war der Kanal das Thema oder ein wichtiger Teil der Veranstaltung.

Veranstaltung in München: „Der interozeanische Kanal in Nicaragua: Das größte Bauprojekt aller Zeiten - Traum oder Albtraum?“

 

Veranstaltung
Veranstaltung zum Nicaragua-Kanal: "Traum oder Albtraum?"

 

Am 19. November 2014 fand im EineWeltHaus in München eine Informationsveranstaltung des Ökumenischen Büros zum Nicaragua-Kanal statt. In seinem Referat präsentierte Eberhard Albrecht den aktuellen Stand des Projektes, ging kurz auf die Geschichte ein und gab einen Überblick von der politische Diskussion, die dazu im Land geführt wird. Mit den 25 Besucher_innen ergab sich eine lebhafte Diskussion. Mit großem Interesse wurden die Machbarkeit des Projekts und die vermuteten politischen Interessen Chinas diskutiert. Im Mittelpunkt der Diskussion stand aber, genauso wie in Nicaragua selbst, die Sorge um die Folgen für die Umwelt.

Referat beim Tagesseminar zu Zentralamerika in Leipzig: „Panama 1914 - Nicaragua 2014: Geostrategische Megaprojekte auf dem Isthmus“


Bei diesem Referat von Eberhard Albrecht ging es vorwiegend um die historische und regionale Einordnung des geplanten Nicaragua-Kanals. Das Projekt selbst konnte nur recht allgemein dargestellt werden, da zum Zeitpunkt des Referats die Route noch nicht fest stand.

Intensiv wurde auf die verschiedenen regionalen alternativen Projekte eingegangen: die Erweiterung des Panamakanals, die „trockenen Kanäle“ - Verbindungen mit Autobahnen, Eisenbahnen, Pipelines zwischen Pazifik und Karibik durch Mittelamerika -, die von Mexiko bis Kolumbien in Planung sind. Kosten, zu erwartende Umweltprobleme und die hinter den einzelnen Projekten zu vermutenden Großmachtinteressen wurden diskutiert. Außerdem gab es einen kurzen Einblick in die an gescheiterten Kanalbauprojekten reiche Geschichte Nicaraguas.

 

Referat bei der Konferenz der Nicaragua-Städtepartnerschaften: „Nicaragua, geprägt von einer starken, machtbewussten und zentralistischen Regierung“

 

Centro Humboldt
Mitarbeiter_innen der Umweltorganisation Centro Humboldt erläutern ihre Kritik an den Planungen zum Nicaragua-Kanal

Zu dem 3. Runden Tisch deutscher Städte mit Nicaragua-Partnerschaften am 9. Dezember 2014 in Erlangen war das Ökumenische Büro eingeladen worden, sich mit einem Impulsreferat zur aktuellen Lage Nicaraguas zu beteiligen. Die Teilnehmer_innen wollten diskutieren, was die aktuellen politischen Entwicklungen in Nicaragua für ihre Partnerorganisationen, die Projektarbeit und die zukünftige Zusammenarbeit bedeuten. Das Ökumenische Büro kam dem Wunsch gerne nach und Eberhard Albrecht referierte über „Nicaragua, geprägt von einer starken, machtbewussten und zentralistischen Regierung“. Neben den Verfassungsänderungen des vergangenen Jahres und einer  kurzen Beschreibung der Situation der nicaraguanischen Frauenbewegung war auch in diesem Fall der Bau des Kanals ein wichtiger Punkt. Besonders die Teilnehmer_innen mit Kontakten nach San Carlos am Río San Juan, das durch seine Lage am stärksten betroffen ist, diskutierten lebhaft über die Folgen, wenn der Süden durch den Kanal vom Rest des Landes abgeschnitten sein wird.

 

Workshop bei der Entwicklungspolitischen Fachtagung


Am 14. Februar organisierte das Nord-Süd-Forum München mit der Stelle für internationale Angelegenheiten des 3. Bürgermeisters die zweijährig stattfindende Tagung mit dem Titel: „Ran an die Ursachen. Wie verändern wir mit unserer Arbeit strukturelle und gesellschaftliche Rahmenbedingungen?“. Auf der ersten Fachtagung im Jahr 2010 wurden „Qualitätsstandards für Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit“ definiert. Die These 12 der Standards „Jedes Projekt soll auch die Bekämpfung der Ursachen im Auge behalten“ stand im Fokus der Veranstaltung. Zum Einstieg in das Thema referierte Thomas Gebauer, Geschäftsführer von „medico international“, über das Spannungsverhältnis zwischen Symptom- und Ursachenbekämpfung in der Projektarbeit. Anschließend wurden in mehreren Workshops verschiedene Handlungsfelder der Ursachenbekämpfung für Eine-Welt-Akteure beleuchtet: Einen der vier Workshops gestaltete unser Nicaragua-Referent Andrés Schmidt mit einer Vorstellung der vom Ökumenischen Büro durchgeführten Jugendbegegnungsmaßnahmen. Die Workshop-Teilnehmer_innen bewerteten dieses Beispiel positiv. Sie zeigten sich überzeugt, dass die Arbeit der Partnerorganisation Movimiento Comunal auf die Bekämpfung von Armutsursachen gerichtet ist, da sich hier Selbstorganisation an der Basis mit gezielten politischen Interventionen auf nationaler Ebene verbänden. An der Durchführung der Brigaden des Öku-Büros wurde positiv hervorgehoben, dass hier die größtmögliche Augenhöhe zwischen Teilnehmenden und Bevölkerung realisiert werde, da die ersteren nicht als Expert_innen, sondern als solidarische Gesprächspartner_innen aufträten.

Vorbereitung Solidaritätsreise 2015 nach Nicaragua


Im Sommer 2014 fiel der Startschuss zu einer weiteren Solidaritätsbrigade nach Nicargua im Sommer 2015. Wie in den Jahren 2011 und 2013 wird das Projekt in Zusammenarbeit mit dem Informationsbüro Nicaragua Wuppertal durchgeführt. Neu ist allerdings der Name: Auf die vielfache Rückmeldung unserer Teilnehmenden hin, der Ausdruck „Brigade“ wecke Assoziationen auf Militär und Staatssozialismus, heißt die Jugendbegegnung 2015 nun erstmals „Solidaritätsreise“. Schwerpunktthema wird diesmal: „Gesundheit“.

Agrarpolitische Reise nach Kuba und Nicaragua


Im Dezember 2014/Januar 2015 begab sich unser Nicaragua-Referent auf eine Delegationsreise zur Landwirtschaftspolitik in Kuba und Nicaragua. Die zwölfköpfige Gruppe bestand neben Aktiven der Nicaragua-Solidarität aus Gewerkschafter_innen und Wissenschaftlerinnen. Die Reise wurde an drei Wochenendseminaren vorbereitet, an denen sich das Ökumenische Büro mit seinen Kompetenzen und  Kontakten in Nicaragua beteiligte. In Nicaragua fanden Besuche mit unseren Partnerorganisationen Movimiento Comunal und ANAIRC statt.

1    Hong Kong Nicaragua Canal Development Investment Company (HKND Group) http://hknd-group.com/portal.php
2    China Railway Construction Corporation
3    Environmental Resources Management
4    Proyectos del Canal http://hknd-group.com/portal.php?mod=list&catid=24
5    http://www.cienciasdenicaragua.org/index.php/acerca-de/24-noticias-principal/103-taller-internacional-sobre-el-proyecto-de-canal-interoceanico-por-nicaragua-10-y-11-noviembre-2014-invitacion
6    Se requiere un análisis exhaustivo del costo-beneficio del proyecto del Canal http://www.envio.org.ni/articulo/4947
7    Gran Canal de Nicaragua Julio 2014 http://www.el19digital.com/app/webroot/tinymce/source/GranCanal/07.07.2014_ERM_Presentación_ del_Gran_Canal(v3).pdf
8    Discurso del Presidente Wang Jing en la Conferencia por la Obra de Inicio del Proyecto http://hknd-group.com/portal.php?mod=view&aid=152
9    Informe de Cooperación Oficial Externa 1er Semestre 2014 http://www.bcn.gob.ni/publicaciones/periodicidad/semestral/cooperacion/ICOE_1.pdf
10    Contraloría General de la República
11    Ley No . 854 , LEY DE REFORMA PARCIAL A LA CONSTITUCIÓN POLÍTICA DE LA REPÚBLICA DE NICARAGUA http://legislacion.asamblea.gob.ni/SILEG/Iniciativas.nsf/0/9e79461787f2f80f06 257c1600609ea0/$FILE/29-01-2014%20Ley%20No.%20854%20 Reformas%20Constitucionales.pdf

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