Länderbericht Nicaragua
Fast während des ganzen Jahres 2013 wurde die Politik in
Nicaragua von den Außenbeziehungen geprägt, insbesondere durch die
Vergabe der Konzession für den Bau eines Kanals zwischen Atlantik und
Pazifik an ein chinesisches Unternehmen. Erst Ende Oktober schob sich
mit der angekündigten Verfassungsreform die Innenpolitik in den
Vordergrund.
Die Situation im Innern ist davon bestimmt,
dass die Regierung im Land völlig unangefochten ist und ihre Pläne ruhig
vorantreiben kann. Die seit den Wahlen 2011 stark dezimierte Opposition
hat immer noch kein Konzept gegen die erfolgreiche Politik der
Regierung gefunden. Zwei Drittel der Nicaraguaner_innen sind inzwischen
mit Präsident Daniel Ortega zufrieden. Damit steht er an vierter Stelle
der Beliebtheit der Staatsoberhäupter auf dem amerikanischen Kontinent.
Aus Umfragen (Latinobarómetro 2013) ist zu entnehmen, dass diese hohe
Zufriedenheit mit der wirtschaftlichen Situation zusammenhängt.
Nicaragua ist zwar weiterhin das zweitärmste Land in dieser Region und
die Menschen sehen, wie seit Jahren, als das größte Problem die
schlechte wirtschaftliche Situation an. Aber die Nicaraguaner_innen
sehen für sich persönlich wirtschaftliche Fortschritte und sind sehr
zuversichtlich, dass die Regierung die Probleme lösen wird.
Nach wie vor sorgen die Sozial- programme für breite Unterstützung durch die Bevölkerung: Die Grundnahrungsmittel für Schulspeisung werden vom Welternährungs- programm finanziert.
Die
starke Stellung der Regierung hat auch Einfluss auf die sozialen
Bewegungen. Nicht mehr sie setzen die Themen, sondern die Regierung. Die
Bewegungen reagieren nur noch.
Wirtschaftspolitik
Die
Wirtschaftspolitik der Regierung, der die Nicaraguaner_innen
anscheinend vertrauen, ist im Kern weiterhin neoliberal. Ausländische
Investitionen werden gefördert, vor allem in den freien Produktionszonen
(Maquilas) und im Bergbau, und man setzt auf Freihandelsabkommen.
Nachdem am 1. August für Nicaragua und Honduras als erste der
zentralamerikanischen Länder das Assoziierungsabkommen mit der
Europäischen Union in Kraft trat, feierte die Regierung Ortega dies als
großen wirtschaftspolitischen Erfolg. Die erste Konsequenz desselben sah
man Ende Oktober, als erstmals ein Schiff mit 42.000 Tonnen Zucker den
Hafen Corinto Richtung Europa verließ. Das exportierende Unternehmen
gehört zum Wirtschaftsimperium des reichsten Mannes des Landes, Carlos
Pellas. Dies ist ein Beispiel dafür, woher das hohe wirtschaftliche
Wachstum der letzten Jahre in Nicaragua stammt: Neben dem Goldexport
wurde es durch die Steigerung der Agrarexporte erreicht und die größten
Profiteure sind Großunternehmen.
Im Bereich der Exporte zeigten sich
aber im vergangenen Jahr erstmals auch Probleme, die in Zukunft noch
größer werden könnten. Wegen sinkender Weltmarktpreise für Kaffee und
sinkender Produktionsmengen nach dem massiven Befall der Kaffeepflanzen
mit der Pilzkrankheit Kaffeerost werden die Einnahmen aus dem
Kaffeeexport deutlich sinken. Dabei werden sich die Auswirkungen des
Kaffeerostes in den kommenden Jahren noch verstärken. Ein weiteres
Problem könnte sich auch aus der wirtschaftlichen Situation Venezuelas
ergeben. Venezuela, nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner
Nicaraguas, hat im Augenblick enorme Probleme und muss daher
möglicherweise seine für Nicaragua so günstigen Bedingungen bei der
Versorgung mit Erdölprodukten modifizieren.
Im Hinblick auf die
mögliche Verteuerung beim Erdölimport aus Venezuela muss man den
konsequenten Ausbau der Versorgung mit erneuerbarer Energie durch die
nicaraguanische Regierung positiv hervorheben. Bei der Stromerzeugung
stammen jetzt mehr als 50 Prozent der Primärenergie aus erneuerbarer
Energie und der Anteil steigt ständig. Geplant ist, später einmal 90
Prozent zu erreichen.
Die Regierung Ortega hat gute Gründe, Chavez ein Denkmal zu errichten
Grenzkonflikte mit den Nachbarn
Nachdem
im November 2012 der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag in
einem Grenzstreit zwischen Nicaragua und Kolumbien einen großen Teil des
von Kolumbien beanspruchten Seegebietes Nicaragua zugesprochen hatte,
kam es zu erheblichen Spannungen zwischen den beiden Ländern. Nicaragua
begann, die ihm zugesprochene exklusive Wirtschaftszone zu nutzen und in
den neuen Gebieten Fischfang zu betreiben. Im Juni wurde bekannt, dass
Nicaragua in diesen Gebieten auch Erdölkonzessionen vergeben hatte und
im August begann das US-Unternehmen Noble Energy Ltd. mit
Probebohrungen. Nicaragua vergab weitere Konzessionen an die spanische
Firma Repsol. Von da ab gingen die Wogen hoch. Kolumbiens Präsident
Santos erklärte kategorisch, das Urteil des IGH sei nicht umsetzbar.
Dabei berief er sich auf die kolumbianische Verfassung, die
Grenzänderungen infolge von Verträgen mit anderen Staaten nur dann
zulasse, wenn diese vom Parlament ratifiziert wurden. Daniel Ortega
reagierte prompt und bot an, einen solchen Grenzvertrag abzuschließen –
selbstverständlich mit dem vom IGH festgelegten Grenzverlauf. Nachdem
klar war, dass Kolumbien aber genau dies nicht wollte, sondern einen
bilateralen Vertrag zur Korrektur des Grenzverlaufes nutzen wollte, rief
Nicaragua am 16. September erneut den Internationalen Gerichtshof an.
Nicaragua bat darin das Gericht, sein Urteil vom November 2012 zu
präzisieren, im besonderen bezüglich des „exakten Grenzverlaufs“ und der
Rechte und Pflichten der beiden Länder in den umstrittenen Gebieten.
Dieses moderate Auftreten Nicaraguas kontrastierte mit dem Verhalten des
kolumbianischen Präsidenten Santos, der versuchte, die Nachbarn Costa
Rica und Panama gegen Nicaraguas „Expansionismus“ zu mobilisieren. Dabei
nutzte Santos zur Abgabe seiner Erklärungen demonstrativ ein in der
Karibik stationiertes Kriegsschiff. Seitdem hat sich die Situation
wieder beruhigt und man wartet auf die Reaktion des Gerichtes. Mit
Sicherheit fördern das Geschick und die Besonnenheit, die Ortega bisher
in dem Konflikt zeigte hat, seine Popularität bei den
Nicaraguaner_innen.
Innenpolitik
In der
Innenpolitik stand im zweiten Jahr hintereinander das „Gesetz gegen die
Gewalt gegen Frauen“ im Zentrum des Geschehens. Nachdem das Gesetz im
Juli 2012 nach jahrzehntelangem Druck der Frauenbewegung eingeführt
worden war, wurde es in diesem Jahr 2013 massiv angegriffen.
Konservative Gruppen von Rechtsanwälten legten Verfassungsbeschwerde
dagegen ein. Ihr Hauptargument war die Behauptung, dass das Gesetz gegen
das Gleichheitsprinzip verstoße. Wesentlich überzeugender war die
Entgegnung der Frauenbewegung, dass das Gesetz nichts anderes tue, als
die Ungleichheit, in der die Frauen leben, anzuerkennen. Der Oberste
Gerichtshof verwarf zwar die Verfassungsbeschwerde, forderte aber
trotzdem eine Reform des Gesetzes. Kern der Reform, die im September
2013 mit nur vier Gegenstimmen von der Nationalversammlung beschlossen
wurde, ist die Wiedereinführung des Schlichtungsverfahrens in weniger
schlimmen Fällen von Gewalt. Darunter fallen alle Straftaten, bei denen
die Höchststrafe unter fünf Jahren liegt. Die Frauenbewegung setzte der
Wiedereinführung des Schlichtungsverfahrens starken Widerstand entgegen.
Sie hatte dafür gute Gründe: Den Frauenmorden im Jahr 2012 waren in 30
Prozent der Fälle Schlichtungen vorausgegangen. Dass sich die
evangelische wie die katholische Kirche vehement für die die Reform
stark machten, überraschte nicht. Aber auch die FSLN zeigte nach der
Einführung des totalen Abtreibungsverbots im Jahr 2006 wieder einmal,
dass ihr Frauen- und Familienbild meilenweit von dem entfernt ist, was
sie sich selbst zuschreibt, nämlich revolutionär zu sein. Teile der
Frauenbewegung, wie zum Beispiel das Colectivo 8 de Marzo, erkennen
jedoch an, dass das Gesetz auch nach der Reform immer noch das
fortschrittlichste seiner Art in Zentralamerika ist.
Die Frauenbewegung protestiert gegen die Straflosigkeit bei Männergewalt
Verfassungsänderung
Sauber, gesund und hübsch – Die Familienpolitik der FSLN ist engagiert, aber konservativ
Seitdem
die FSLN im November 2011 bei der Wiederwahl Daniel Ortegas die
qualifizierte Mehrheit erreicht hatte, war immer einmal wieder die Rede
von einer Verfassungsänderung. Am 4. November 2013 war es so weit. An
diesem Tag brachte die Fraktion der FSLN den Antrag auf eine Änderung
der Verfassung in die Nationalversammlung ein1
. Die internationale Presse und die Kritiker_innen im Lande stürzten
sich zuerst auf das, was allseits erwartet worden war, die Einführung
der unbeschränkten Wiederwahlmöglichkeit des/r Präsidenten/in. Ortega
will seine nicht verfassungskonforme Wiederwahl 2011 legalisieren und
wahrscheinlich bei den nächsten Präsidentschaftswahlen wieder antreten,
hieß es da. Aber darum geht es nicht alleine, es ist eine sehr
weitreichende Änderung der Verfassung geplant. Von den 202 Artikeln
sollen 39 modifiziert werden. Das betrifft viele verschiedene
Politikfelder. Manche Änderungen sind belanglos, sie haben rein formalen
Charakter. So soll im Artikel 10 die Beschreibung der Grenzen des
Staatsgebietes entsprechend dem Urteil des Internationalen Gerichtshof
in den Haag vom November 2012 angepasst werden und die im Osten
gelegenen Autonomiegebiete sollen in Zukunft nicht mehr „Atlantikküste“
sondern „Karibikküste“ heißen. Andere Vorschläge aber haben eine große
Bedeutung für die Politik des Landes. Die Macht des Präsidenten, der
jetzt schon eine starke Stellung hat, wird zu Lasten der Legislative
erheblich ausgebaut. Neben der schon erwähnten Möglichkeit der
unbeschränkten Wiederwahl wird der/die Präsident/in in Zukunft Dekrete
erlassen können, die Gesetzeskraft haben. Er/sie kann also ohne
Mitwirkung der Nationalversammlung die Gesetzgebung gestalten. Neu ist
auch, dass Angehörige des Militärs Staatsämter übernehmen dürfen.
Bisher
noch gar nicht in der Verfassung verankert war der Begriff der direkten
Demokratie. Dazu wird es Mechanismen wie Referenden, Plebiszite,
Beteiligung der Bürger_innen bei der Erstellung des Haushalts der
Gemeinden („partizipative Haushalte“) und Bürgerbeteiligung im Rahmen
der existierenden „Familienkabinette“ geben. Aus dieser
Bürgerbeteiligung an der Basis werden Räte auf lokaler, regionaler und
nationaler Ebene gebildet. Dass es diese Gremien schon gibt und sie
bisher eindeutig von der FSLN dominiert werden, macht diese Form der
direkten Demokratie jedoch ziemlich suspekt.
Erwähnenswert ist noch,
dass auch der geplante Kanal Eingang in die Verfassung finden soll. Die
inzwischen dazu verabschiedeten Gesetze sollen nur mit qualifizierter
Mehrheit geändert werden können.
Eine abschließende Beurteilung ist
im Augenblick nicht möglich, da die Verfassungsänderungen noch nicht
verabschiedet sind. Tendenzen sind jedoch schon zu erkennen. Einige
Neuerungen werden die politischen Machtverhältnisse stark beeinflussen.
Die Exekutive wird gestärkt, die Bedeutung des Militärs wächst und
generell werden demokratische Freiräume eingeengt. Der Initiative ist
deutlich anzumerken, dass sie Teil der Strategie Ortegas und der FSLN
ist, einmal errungene Machtpositionen abzusichern. Das betrifft auch das
Verhältnis der Regierung zum Unternehmertum. Das Verfahren der Abkommen
zwischen Regierung, Unternehmen und Gewerkschaften soll in die
Verfassung eingehen. Dort ist in Zukunft die Rede von der Allianz
zwischen der Regierung und der Unternehmerschaft, die auf dem Prinzip
einer gemeinsamen Verantwortung basiere.
Atlantik-Pazifik-Kanal
Das
bedeutendste Ereignis des Jahres 2013 war mit Sicherheit die
Entscheidung Nicaraguas, einen Kanal vom Atlantik zum Pazifik bauen zu
wollen. Den Traum, einen Kanal quer durch das Land zu bauen, gibt es
seit der Zeit der spanischen Conquista. Seither haben sich in- und
ausländische Eliten aus Wirtschaft und Politik immer wieder damit
befasst, aber das öffentliche Interesse erlahmte mit der Zeit, denn mehr
als Ideen entstand nie. So war die Resonanz auch gering, als sich im
Laufe des Jahres 2012 auch die Regierung Ortega immer konkreter mit dem
Thema beschäftigte. Sie brachte ein Gesetz ein, das für den „Großen
Kanal Nicaraguas zwischen Atlantik und Pazifik“ einen rechtlichen und
institutionellen Rahmen schuf. Das Gesetz wurde von der
Nationalversammlung verabschiedet und man spekulierte, dass das Vorhaben
mindestens 30 Milliarden US-Dollar kosten würde. Wo das Geld herkommen
sollte, war nicht zu erkennen.
Ein Jahr lang blieb es still um das
Projekt. Dann ging alles plötzlich sehr schnell. Im Mai erwähnte Ortega
erstmals in einer Rede, dass ein chinesisches Unternehmen mit Sitz in
Hong Kong die Möglichkeiten, einen Kanal zu bauen, untersuchen würde.
Genaues erfuhr die Öffentlichkeit am 5. Juni. An dem Tag präsentierte
die Regierung in der Nationalversammlung den Dringlichkeitsantrag für
eine Gesetzesinitiative für einen Rahmenvertrag mit dem Unternehmen Hong
Kong Nicaragua Canal Development Investment Co (HKND). Dem Unternehmen
sollte eine Konzession, gültig für 50 Jahre, zum Bau eines Kanals
erteilt werden. Die Beratung des Parlaments dauerte nur wenige Stunden,
Anhörungen zum Beispiel von Umweltschutzorganisationen gab es nicht.
Zwei Tage später wurde das Gesetz verabschiedet. Die Diskussion über die
Realisierung des Jahrhundertprojektes „Atlantik-Pazifik-Kanal“ konnte
praktisch erst beginnen, nachdem alles schon entschieden war. Und zu
diskutieren gibt es wirklich genug: Wie sieht das Projekt eigentlich
konkret aus? Ist solch ein Kanalbau überhaupt machbar? Welche Probleme
sind zu erwarten? Wer ist dieses Unternehmen HKND, das ein Projekt
abwickeln will, das auf 40 Milliarden US-Dollar geschätzt wird? Wer wird
davon profitieren?
Sehr viel ist bisher nicht bekannt. Der Chinese
Wang Jing, alleiniger Eigentümer des Unternehmens HKND, war bisher nur
im Telekommunikationsbereich tätig. Die Konzession an HKND wurde für den
Bau und den Betrieb vergeben, beläuft sich auf 50 Jahre und kann von
HKND um weitere 50 Jahre verlängert werden. Das Projekt umfasst einen
Kanal, den auch Containerschiffe passieren können, die für den
Panamakanal zu groß sind, eine Eisenbahnlinie, eine Ölpipeline, zwei
Häfen und einen Flughafen. In der Nähe der Häfen am Pazifik und an der
Karibik soll jeweils eine freie Produktionszone (Maquila) angesiedelt
werden.
Nicht bekannt ist bisher, wo genau der Kanal verlaufen soll.
Es stehen vier Routen zur Auswahl, die alle den Nicaraguasee queren und
mindestens die dreifache Länge des Panamakanals haben werden. Im
Augenblick wird eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. In deren Rahmen
sollen im Dezember 2013 potenzielle Investor_innen und der genaue
Verlauf des Kanals bekannt gegeben werden.
Neben der Ungewissheit in
Bezug auf die eventuellen Folgen, wenn sich das Land für 100 Jahre in
die Abhängigkeit von einem Privatunternehmen begibt, betreffen die
größten Befürchtungen die zu erwartenden Umweltschäden, vor allem die
Folgen für den Nicaraguasee. Die Befürchtungen kommen von
Umweltschutzorganisationen wie dem Centro Humboldt, aber auch von
Präsident Ortegas Berater in Umweltfragen, Jaime Incer Barquero. Wie
soll der See seine Funktion als Trinkwasserreserve für das Land
erfüllen, wenn er täglich von Öltankern befahren wird? Was bedeutet der
Wasserverbrauch der notwendigen riesigen Schleusen für das Ökosystem,
für Flora und Fauna?
Die von den Befürworter_innen des Projekts
vorausgesagten positiven wirtschaftlichen Folgen für das Land sind so
extrem, dass sie nicht überzeugen können. Die Regierung erwartet, dass
sich mit dem Bau des Kanals innerhalb von fünf Jahren die
Wirtschaftsleistung des Landes (BIP) verdoppelt und die Zahl der
formellen Arbeitsplätze verdreifacht. Wie und warum das so kommen wird,
erklärt niemand. In dem Gesetz ist nur festgelegt, dass ab
Betriebsbeginn HKND zehn Jahre lang 10 Millionen US-Dollar zahlen muss
und dass ab diesem Zeitpunkt jedes Jahr 1% des Aktienkapitals in den
Besitz des nicaraguanischen Staat übergehen müssen, wodurch dessen
Einnahmen aus den Kanalgebühren entsprechend steigen werden.
Im
Augenblick ist die größte Hoffnung der Kritiker_innen des Projekts, dass
es aufgrund der zahlreichen Ungereimtheiten gar nicht erst zum
Baubeginn für den Kanal kommen wird. Damit wäre aber der Spuk nicht
verschwunden, denn ein so genannter „trockener Kanal“, das heißt
Eisenbahnlinie, Ölpipeline, Häfen und Maquilas, würde dann immer noch
gebaut werden.
Allem Anschein nach sieht die Regierung Ortega in dem
Projekt mit dem Unternehmer Wang Jing so etwas wie die Lösung aller
ihrer Probleme. Und davon gibt es einige. Die Zukunft der umfangreichen
und so wichtigen Unterstützung aus Venezuela ist ungewiss. Die
Sozialversicherung muss dringend reformiert werden, unter anderem, weil
dass das Nationale Institut für Soziale Sicherheit (INSS) Schulden von
600 Millionen US-Dollar angehäuft hat, die zum Teil noch aus der Zeit
von Somoza stammen. Am dringendsten wären jedoch spürbare Investitionen
im Erziehungswesen, um wirklich zu strukturellen Verbesserungen zu
kommen. Dass es immer noch vermutlich 300.000 arbeitende Kinder gibt,
ist nicht nur schlimm für die Kinder, die in der Regel nicht zur Schule
gehen, sondern auch für die Zukunft des Landes. Im Augenblick hört man
von der Regierung aber zu all dem nur: Wenn der Kanal kommt, wird alles
gut.
Und die Zivilgesellschaft?
In dem Maße,
wie sich die Regierung um die Bedürfnisse der Bevölkerung kümmert,
verlieren die unabhängigen sozialen Bewegungen an Bedeutung. Dies ist
besonders zu spüren in den Bereichen Landwirtschaft, Gesundheit,
Straßenkinder und Arbeitsrechte. Nach wie vor die stärkste Bewegung ist
die Frauenbewegung, mit eigenen Zielsetzungen und starken
Organisationen.
In einigen Bereichen nähern sich die zuvor
parteipolitisch unabhängigen Bewegungen der FSLN an. So erinnerte die
Partnerorganisation des Ökumenischen Büros, das Movimiento Comunal (MCN)
beim Festakt zu seinem 35jährigen Jubiläum an seine Herkunft aus den
Comites de Defensa Sandinista der 80er Jahre. Auf der Ehrentribüne saßen
aktuelle Parteigrößen der FSLN. Nur in einigen Regionen, darunter
Matagalpa, ist es der Organisation gelungen, durch internationale
Zusammenarbeit seine parteipolitische Unabhängigkeit aufrecht zu
erhalten.
Andere Organisationen, wie zum Beispiel die
Menschenrechtsorganisation CENIDH, arbeiten verstärkt mit der rechten
Opposition zusammen.
Jubiläumskongress des Movimiento Comunal Nicaragüense
Foto: Karina Lange
Auch
wenn derzeit keine konkreten repressiven Maßnahmen gegen die sozialen
Bewegungen gemeldet werden, der Druck durch die Machtpolitik der
Regierung ist hoch. Mit Sorge betrachten wir die vielseitigen Maßnahmen
der FSLN zum Umbau Nicaraguas zum Einparteiensystem. Auch wenn wir viele
der Projekte der Regierung begrüßen, werden wir weiter den sozialen
Bewegungen zur Seite stehen, die sich dieser Politik mit eigenen
Positionen entgegen stellen.
Aktivitäten des Ökumenischen Büros zu Nicaragua
Solidaritätsbrigade 2013
Unsere
Nicaragua-Arbeit stand 2013 ganz im Zeichen der Solidaritätsbrigade,
die wir nach 2011 zum zweiten Mal in Kooperation mit dem
Informationsbüro Nicaragua Wuppertal durchführten.
Die
Solidaritätsbrigaden ermöglichen den Teilnehmer_innen, Einblick in die
Situation und den Alltag in Zentralamerika zu erlangen, Menschen und
Basisorganisationen kennenzulernen, sich auszutauschen und Informationen
zu sammeln. Die Auswirkungen der ungerechten Weltwirtschaftsordnung und
einer Wirtschafts- und Sozialpolitik, die die Interessen der armen
Bevölkerungsmehrheit ignoriert, können so unmittelbar erfahren werden.
So lernen die Teilnehmer_innen, einen Bezug zwischen der Situation im
„Süden“ und den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen im
„Norden“ herzustellen. Schwerpunktthema war in diesem Jahr die Frage,
wie es in Nicaragua um die Geschlechterverhältnisse bestellt ist und
welche Organisationen sich in diesem Bereich engagieren. Neben der hohen
Relevanz des Themas in der aktuellen gesellschaftlichen Debatte
Nicaraguas war für diese Entscheidung ausschlaggebend, dass das Thema
von unserer Partnerorganisation Movimiento Comunal de Matagalpa
ebenfalls vorgeschlagen wurde.
Vorbereitung
An
den drei Vorbereitungswochenenden im Frühjahr erarbeitete sich die
zehnköpfige Gruppe eine allgemeine Informationsgrundlage: Anhand von
Referaten, zum Beispiel zur Geschichte Nicaraguas, zur Rolle der
Frauenbewegung, zur Politik von IWF und Weltbank oder zu Inhalten und
Organisationsformen sozialer Bewegungen in Nicaragua, erlangten die
Teilnehmer_innen eine fundierte Basis zum Verständnis der
nicaraguanischen Wirklichkeit. Ebenso wichtig ist uns in der
Vorbereitungsphase, dass sich funktionierende Gruppen- und
Entscheidungsstrukturen aufbauen, da die Gruppe während der Reise stark
aufeinander angewiesen ist. Ein weiterer zentraler Aspekt ist die
Auseinandersetzung mit kulturellen Verschiedenheiten bereits vor dem
Aufenthalt. Dies geschah durch ein interkulturelles Training, bei dem
die Aspekte Rassismus und Dominanz eine wichtige Rolle spielten.
Bauprojekte mit dem Movimiento Comunal in Matagalpa
Anfang
August trafen sich die zwölf brigadistas in Matagalpa. Geplant war,
drei Wochen lang in der Gemeinde Pancasan mit der Partnerorganisation
Movimiento Comunal Nicaragüense de Matagalpa (MCM) eine casa comunal,
ein Gemeindeaktionszentrum, zu errichten.
Das MCM ist eine
unabhängige Organisation mit dem Ziel, die Selbstorganisation zur
Verbesserung der Lebensverhältnisse der städtischen und ländlichen
Bevölkerung zu fördern. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen in der
kleinbäuerlichen Landwirtschaft, der Katastrophenprävention, der
Gesundheitsprävention, und dem Umweltschutz. In der politischen Bildung
nehmen die Themen der politischen Partizipation und der
Geschlechterverhältnisse einen großen Raum ein. Für diese Arbeit
benötigen sie die Gemeindeaktionszentren in den Dörfern.
Doch das
anvisierte Grundstück hatte kurz zuvor eine alleinerziehende Mutter von
der Gemeinde bekommen. Janett Castillo vom MCM reagierte schnell und
unkompliziert – sie präsentierte den enttäuschten brigadistas gleich
mehrere Alternativen.
Nach fünf Tagen Bauzeit fehlt nur noch das Dach
Foto: Karina Lange
Für
die Brigade ging es zunächst in das Dorf La Reyna in der Gemeinde San
Ramón. Der Bau eines quiosco – eines kleinen Treffpunktes für
Jugendliche – stand nun auf dem Plan. „Wir wollen hier Getränke und
Essen verkaufen, um Geld für unsere Jugendgruppe zu verdienen“,
erläuterte die 20jährige lokale Vorsitzende Johanna Del Carmen Diaz
Mátuz und freute sich über die spontane Unterstützung. Angelernt wurde
die Brigade vom jungen Lenin Ruiz, der geduldig die Arbeitsschritte
erklärte. Beton mischen, Bambus schlagen und mit der Machete Bäume
schälen traute er uns zu, während er die Konstruktion übernahm. Staunend
lernten die brigadistas, wie aus einem Wasserschlauch eine Wasserwaage
wird.
Vormittags wurde gearbeitet, nachmittags wurden gemeinsame
Ausflüge unternommen. Carlos Rugama Diaz, ebenfalls Koordinator des MCM
in La Reyna, wusste viel über die Geschichte des Dorfes, seine Goldmine,
die Zerrissenheit während des Contrakrieges oder die heutige Arbeit auf
den Mais- und Bohnenfeldern zu berichten.
Die Brigadegruppe bot
einen Theaterworkshop für die Gemeinde an. Hier wurden die
Geschlechterverhältnisse, als diesjähriger inhaltlicher Schwerpunkt der
Brigade, thematisiert und diskutiert.
Nach einer eindrucksvollen
ersten Woche stand dann der Bau einer casa comunal in El Bocón, einem
kleinen Dorf in der Gemeinde San Isidro, an. Das MCM hatte inzwischen
alle organisatorischen Vorbereitungen getroffen. Der Empfang der Brigade
war herzlich. Das an einem Berghang abgeschieden liegende Dorf wartete
schon viele Jahre auf ein Gemeindeaktionszentrum.
Baustelle in El Bocón
Foto: Angela Mischke
Wieder
wurden die brigadistas von Familien aufgenommen, die in ihren Häusern
zusammenrückten. Durch den gemeinsamen Alltag, geteilte Mahlzeiten,
Arbeit und Ausflüge wurden es für alle zwei bereichernde Wochen.
Der
steinige, trockene und unebene Boden musste für das Fundament des Hauses
ausgehoben werden. Nach der schweren Arbeit mit Spitzhacken und
Eisenstangen in der Hitze der Sonne war es eine willkommene Abwechslung,
im Schatten der Bäume Stahlträger zu konstruieren.
Bei einem
Ausflug auf den Gipfel des Berges Cerro Pelón war die Brigade bereits
mit ihren Familien zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen. Alle
stimmten in Lieder wie Bella Ciao und La Puerta Negra ein, die
brigadistas und Kinder sich gegenseitig beigebracht hatten.
Zum
Abschluss der beiden Wochen in El Bocón fand dort der zweite Workshop
zum Thema Geschlechtergerechtigkeit statt. Die Neugier und das
Interesse, sich mit den brigadistas über Geschlechterverhältnisse
auszutauschen, zeigt, dass mehr als nur eine casa comunal entstanden
ist. So war dann auch der Abschied traurig und es flossen einige Tränen.
Bericht: Thorsten Brandt
Am 5. Dezember wurde die casa comunal eingeweiht
Gesprächsprogramm mit dem Schwerpunkt Geschlechterverhältnisse
Die
meisten der 14 Organisationen, die die Gruppe während ihrer
zweiwöchigen Interviewreise durch Nicaragua kennen lernte, beschäftigen
sich mit den Geschlechterverhältnissen. In Matagalpa Stadt, traditionell
eine Hochburg der Frauenbewegung, trafen wir auf das Colectivo de
Mujeres de Matagalpa (CMM). In großen Lettern prangen Männernamen an der
Wand ihres Zentrums im Stadtkern Maggiatals. Den Namen der Männer sind
Verbrechen wie „Vergewaltiger“, „unverantwortlicher Vater“ oder
„freigesprochener Frauenmörder“ zugeordnet. Mit dieser „Mauer der
öffentlichen Anprangerung“ will das Kollektiv mit der Straflosigkeit
brechen und die Namen von nicht verurteilten Männern öffentlich machen.
Die Brigadist_innen staunen über den Mut der betroffenen Frauen und die
radikale Methode.
„Sind alle im Bus?“, ruft Koordinatorin Karina
Lange vom Informationsbüro Nicaragua nach einem wuscheligen Umstieg in
den überfüllten gelben Überlandbus. Alle sind da und genießen die
vulkanische Landschaft auf dem Weg in die Hauptstadt Managua. Ein
Großteil der Frauenbewegung sieht das im Januar 2012 verabschiedete
Gesetz 779 zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen als Schritt vorwärts.
Es sei allerdings kein ausreichender Etat zu dessen Umsetzung
eingerichtet worden. Die Koordinatorin vom Colectivo de Mujeres 8 de
Marzo, Luz Marina Tórrez Velasquez, erklärt der Brigade die
widersprüchliche Geschlechter- und Familienpolitik des Präsidenten
Daniel Ortega von der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront FSLN.
CIPRES,
das Zentrum für die Erforschung und soziale Entwicklung der ländlichen
Regionen, ist eine wichtige Institution für viele Kooperativen im Land.
CIPRES gibt in ihren Programmen Frauen die Priorität, sie arbeiten
jedoch gleichzeitig mit Männern. „Die Leute sagen, ´ja, gebt den Frauen
Hühner, aber die Kuh? Das ist doch Angelegenheit der Männer´“, erzählt
die Präsidentin von CIPRES, Irma Ortega Sequeira. „Wir befähigen Frauen
dazu, die Kühe zu impfen, und lehren Männer, Hühner zu halten“. Sie
wollen erreichen, dass Männer die Erziehungs- und Hausarbeit als
gemeinsame Verantwortung begreifen.
Wenn es mehr Geld gäbe, würde Irma gerne mehr Fortbildungen mit Männern machen, so haben die Frauen Vorrang.
Blanca
Herrera meint, dass eigentlich der Staat die Aufgaben übernehmen
müsste, die ADIC erfüllt: die Menschen über ihre Rechte aufklären,
Projekte zur kommunalen Entwicklung durchführen. Aber die
Regierungsprogramme hängen davon ab, wer gerade Repräsentant_in ist -
und das sind meistens Männer. Dennoch: sie wollen mit ihrer Arbeit
diejenigen erreichen, die an den Programmen der Regierung nicht
teilhaben.
Andere Organisationen setzen ihren Schwerpunkt auf die
politische Einflussnahme. Janett Castillo vom Movimiento Comunal de
Matagalpa (MCM) unterstützt die Menschen darin, sich zu organisieren,
für ihre Rechte einzustehen und auf diesem Weg ihre Lebenssituation zu
verbessern. Die Frauenpolitik Ortegas brächte auf institutioneller Ebene
einige Fortschritte. Grundsätzlich würden die Probleme jedoch nicht
angegangen, weshalb die Institutionen ihre Wirkung oft nicht entfalten,
kritisiert Janett. Außerdem trage die Regierung zur Spaltung der
feministischen Bewegung bei.
Zu Gast bei der Frauenorganisation FEM in Estelí
Foto: Sarah Schmidt
In
Estelí trifft Diana Martinez, Gründerin der Fundación Entre Mujeres
(Stiftung Unter Frauen, FEM) mit einigen Kleinbäuerinnen der
Organisation zusammen. Der Regen prasselt auf das Dach, unter dem die
Kleinbäuerinnen stolz von ihren Erfahrungen mit der FEM erzählen. Diana
teilt die in der Frauenbewegung verbreitete kritische Haltung gegenüber
der Regierung, die auf ihren rosa Wahlplakaten mit den Slogan
„Christlich, Sozialistisch, Solidarisch!“ wirbt. Die FEM ist ein seit
1996 existierender Zusammenschluss von rund 250 Kleinproduzentinnen in
sechs Kooperativen in der Region um Estelí. Im Frühjahr dieses Jahres
hat die FEM die „Abteilung für Maskulinität“ ins Leben gerufen, um im
Kampf gegen das Patriarchat und den machismo gemeinsam mit Männern eine
neue Maskulinität zu entwickeln.
Der Brigade bleibt eindrücklich,
wie die verschiedenen Organisationen vom Willen und der Tatkraft, die
Bedingungen emanzipatorisch zu verändern, geeint werden. „Wir haben die
Sterne noch nicht erobert, aber wir sind auf dem Weg“, meint Irma.
Bericht: Britta Baumann und Evelyn Linde
Nachbereitungsprojekte
Für
die Verarbeitung und Verbreitung der Informationen, die die Brigade bei
ihrem fünfwöchigen Aufenthalt in Nicaragua zusammengetragen hatte, nahm
sich die Gruppe drei Projekte vor:
• Erstellen
einer einstündigen Radiosendung, die bei einer Reihe freier Lokalsender
in Deutschland gesendet werden wird
• Verfassen
von Artikeln in den Zeitschriften Lateinamerika Nachrichten (Ausgabe
Dez. 2013), Ak (Ausgabe Nov. 2013), Infoblatt (Ausgabe 1/2014)
• Erstellen eines Beitrags zum Bildungsmaterial des Informationsbüro Nicaragua Wuppertal
Ein
Nachbereitungs- und Auswertungsseminar der Gruppe fand am 13.-15.
Dezember in Kassel statt. Die beiden Koordinator_innen erhielten einiges
Lob: „Der Zugang zu den Leuten und der Realität, den Karina und Andrés
ermöglicht haben, war einzigartig“, meinte ein Teilnehmer. Eine andere
Teilnehmerin, mit Blick auf die Begegnungen in Nicaragua: „So viele
tolle Charaktere kennen zu lernen, hat meine Liebe zu den Menschen sehr
verstärkt“.
Die Ergebnisse unserer Reise wurden bei zwei weiteren Events präsentiert:
Politischer Reisebericht aus Nicaragua im „Stattpark OLGA“
Am
8. Oktober 2013 präsentierten unser Nicaragua-Referent und zwei
Teilnehmerinnen der Solidaritätsbrigade einen Bildervortrag zu ihrer
Reise. Die ca. 20 Besucher_innen im Wohn- und Kulturprojekt „Stattpark
OLGA“ in München erhielten einen Reisebericht aus erster Hand. Im
Zentrum stand die Frage, wie der eigene Hintergrund die Wahrnehmung der
politischen Verhältnisse in Nicaragua beeinflusst. Vor dem Vortrag gab
es typisch lateinamerikanisches Essen.
Reisebericht bei der Tagung der Hessen-Koordination der Nicaragua-Gruppen
Am
28. September hielt unser Nicaragua-Referent in Brucköbel bei Frankfurt
einen Bildervortrag über „Geschlechterverhältnisse in Nicaragua“, auf
Grundlage der Eindrücke unserer Reise. Die über 25 Aktiven der
hessischen Nicaragua-Solidarität diskutierten über die Aufgaben der
Solidaritätsgruppen bei der Unterstützung der Frauenorganisationen in
Nicaragua.
Projekt: „Junge Menschen in Aktion“ in San Ramón
Dank
der Spende eines ehemaligen Brigade-Teilnehmers konnte das Movimiento
Comunal de Matagalpa ein weiteres Projekt durchführen: Im Landkreis San
Ramón im Süden des Departements Matagalpa bildet ein hauptamtlicher
Mitarbeiter 240 junge Erwachsene aus zwölf verschiedenen Dörfern zu
sogenannten Gesundheitspromotor_innen aus. Zu den Themen
AIDS-Prävention, Drogen, verfrühte Schwangerschaften und „Umwelthygiene“
werden Kenntnisse vermittelt. Umwelthygiene umfasst die Themen
Abholzung und Grundwasser sowie Mülltrennung und Baumaufzucht für den
Eigenbedarf. Gemäß dem Selbstverständnis des Movimiento Comunal ist das
Ziel des Projekts, durch Selbstorganisation und die Nutzung eigener
Ressourcen die Lebensbedingungen in den Gemeinden zu verbessern. Das
Projekt wird im dritten Jahr durchgeführt.
Seminar „Partizipative und interaktive Konzepte für die Bildungsarbeit zu Lateinamerika“
Am
21. und 22. September organisierte das Ökumenische Büro gemeinsam mit
dem Informationsbüro Nicaragua Wuppertal und dem Münchner Nord-Süd-Forum
ein Seminar für Multiplikator_innen der politischen Bildungsarbeit zu
Lateinamerika im Ammerhaus bei Peißenberg.
Die 15 Teilnehmer_innen
lernten neue Methoden und Inhalte des Globalen Lernens kennen. Sie
erhielten damit Anregungen, wie sie mit unterschiedlichen Gruppen
gesellschaftspolitische Themen rund um Lateinamerika und deren globale
Zusammenhänge spannend und reflektiert erarbeiten können.
Grundlage
des Seminars waren die vom Informationsbüro Nicaragua herausgegebenen
Materialien „Bildungslabor Lateinamerika“ und „Fokuscafé Lateinamerika“,
an deren Erarbeitung unter anderen die Nicaragua-Brigade 2011 beteiligt
war.
1 Ley de Reforma Parcial a la Constitución Política de la República de Nicaragua: http://legislacion.asamblea.gob.ni/SILEG/Iniciativas.nsf/0/9e79461787f2f80f06257c1600609ea0/$FILE/REFORMA%20PARCIAL%20A%20LA%20CN%20%20POL%C3%8DTICA%202013.pdf