Länderbericht Honduras
Im dritten Amtsjahr des Putsch-Nachfolgepräsidenten Porfirio Lobo bewegt sich Honduras an der Grenze zum failed state. Während die Demokratiebewegung mit ihrer Partei LIBRE die Oligarchie in Bedrängis bringt, nimmt die politische Gewalt gegen ihre Anhänger_innen zu. In vielen Teilen des Landes finden soziale Auseinandersetzungen statt, besonders um das Recht auf Land. Mitunter sind sie erfolgreich.
Gedenkveranstaltung für die Opfer politischer Gewalt
Nach dem Putsch gegen Manuel Zelaya im Jahr 2009 ist der Zustand vor dessen Präsidentschaft in vielerlei Hinsicht wieder hergestellt: Auf der Bühne der Weltpolitik ist Honduras nach den Turbulenzen des Putsches wieder zu einer formal anerkannten Demokratie geworden. Nach einem Kompromiss zwischen rechten und linken Regierungen Amerikas gilt der amtierende Präsident Lobo nun als legitimer Staatschef, der gestürzte Zelaya wurde Generalsekretär der neuen Partei LIBRE (Freiheit und Neugründung). Die USA errichten weitere Militärbasen in Honduras für den „Krieg gegen die Drogen“. Das neoliberale Wirtschaftsprogramm entspricht den Interessen der alten honduranischen Eliten und multinationalen Konzerne. Die EU schließt mit Honduras und anderen mittelamerikanischen Ländern ein so genanntes Assoziierungsabkommen ab und auch die Entwicklungshilfe fließt wieder.
Unterdessen wächst vor allem die Gewalt. Bereits vor dem Putsch war Honduras wie die Nachbarländer El Salvador und Guatemala durch eine hohe Kriminalität gekennzeichnet. Seit dem Jahr 2009 ist die Mordrate von 71 auf 92 Opfer pro 100 000 Einwohner weiter gestiegen und derzeit die mit Abstand höchste der Welt.1
Der staatliche Sicherheitsapparat, eng verstrickt mit den Interessen der Großgrundbesitzer und der internationalen Drogenkartelle, ist weit davon entfernt, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Es herrscht Straflosigkeit. Mit dem Versagen als Ordnungsmacht leidet die Glaubwürdigkeit der Regierung: Bei einer Umfrage des Instituts CID-Gallup im August dieses Jahres beurteilten 59 Prozent der Befragten die Regierungsführung als schlecht, 14 Prozent als gut. Dies ist der schlechteste Wert in Zentralamerika.2 Auch für den ehemaligen deutschen Botschafter Karl-Heinz Rode „[ist] die Straflosigkeit ein großes Hindernis auf dem Weg zur vollständigen Versöhnung innerhalb der honduranischen Gesellschaft.“ Bei einem Besuch der Journalist_innendelegation Honduras 2012 kritisierte er, dass es während der Amtszeit von Präsident Porfirio Lobo in Bezug auf die Menschenrechte keine realen Fortschritte gegeben habe. Die massiven Menschenrechtsverletzungen seien nicht strafrechtlich verfolgt worden, mit Ausnahme der Verurteilung eines rangniederen Polizisten wegen des Verbrechens der Folter.3
Die Bewegung wird gefährlich...
Ob die Regierung Lobo den Zustand vor Zelayas Präsidentschaft wieder herstellen kann, darüber entscheidet in erster Linie die Duldsamkeit der Bevölkerung. Nicht nur eigene Fehler bringen die alte Ordnung der zwölf Familien und zwei Parteien in Bedrängnis. Die aus der Widerstandsbewegung gegen den Putsch hervorgegangene Partei LIBRE hat sich konsolidiert und mit der Gattin von Manuel Zelaya, Xiomara Castro, eine populäre Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen im Herbst 2013 aufgestellt. Aus einigen der stark auseinander driftenden Meinungsumfragen der letzten Monate ging sie als potentielle Siegerin der Präsidentschaftswahlen hervor, was bereits jetzt das traditionelle Zweiparteiensystem stark erschüttert. Dass die alten Eliten bei der nächsten Wahl einen Teil ihrer Macht verlieren werden, gilt als sicher.
... und ist in Gefahr
Die Demokratiebewegung stellt für die Mächtigen in Honduras eine ernste Gefahr dar und bringt sie in Bedrängnis. Dies spiegelt sich auch in der politischen Gewalt, der die Aktiven der Bewegung ausgesetzt sind. Im Jahr 2012 gab es mindestens vier Morde an Aktiven der Partei LIBRE, sowie an zahlreichen Journalist_innen, Menschenrechtler_innen und wichtigen Persönlichkeiten aus den sozialen Bewegungen. Seit dem Putsch stieg die Zahl der politischen Morde auf über 300 an, von denen nach wie vor kein einziger aufgeklärt wurde.
"Von der Widerstandsbewegung an die Macht" – Delegiertentag der Partei LIBRE
Einen vorläufigen Höhepunkt an Skrupellosigkeit erlebte das Land Ende September, als ein bekannter Anwalt der Kleinbauernorganisationen aus dem Bajo Aguan-Tal, Alejandro Trejo, auf offener Straße in Tegucigalpa ermordet wurde. Das Widerstandsbündnis Espacio Refundacional wertete die Tat als „Teil der Politik des Terrors, die durch Morddrohungen, erzwungenem Exil, juristische Schikanierung, Verleumdungskampagnen, Anfeindungen und Morde versucht, den sozialen Kampf der Bevölkerung einzudämmen, die ihr Recht auf Land verteidigt.“ Wenig später warnte Präsident Lobo seinen Landwirtschaftsminister Cesar Ham und die Ministerin für Menschenrechte Ana Pineda, die Auftraggeber des Mordes an Trejo hätten sie beide als nächste im Visier, es seien bereits Anzahlungen an die Berufskiller geleistet worden.4
Ham und Pineda gelten in der Regierung Lobo als am ehesten interessiert an den Belangen der armen Bevölkerungsmehrheit. Es blieb unklar, ob Lobo der Bedrohung machtlos gegenüber stand oder sie sogar guthieß.
Die Widerstandsbewegung hat ihrerseits an Einigkeit eingebüßt. Zwar existiert formal immer noch die nach dem Putsch gegründete Dachorganisation der Widerstandsbewegung FNRP, faktisch agieren aber große Teile der Bewegung nur noch als Partei LIBRE, nach offizieller Wortwahl der parlamentarische Arm der FNRP. Ein anderer Teil, besonders Kleinbauern und -bäuerinnen und indigene Organisationen, bündeln ihre Kräfte im erwähnten Espacio Refundacional (etwa: Plattform zur Neugründung [von Honduras]). Diese Fraktion lehnt die Parteigründung als eine Legitimierung des bestehenden Unrechtsystems ab und führt dezentral verschiedene soziale Kämpfe, darunter die Auseinandersetzungen um Land im Aguan-Tal und den Kampf gegen die so genannten Charter Cities.
Internationale Interessen
Der Historiker Edgar Soriano vom Espacio Refundacional analysiert die internationale Interessenlage so: Zelaya habe sich mit den internationalen Versöhnungsabkommen von den Interessen der USA kaufen lassen, denen eine zahme politische Partei allemal lieber sei als eine vielfältige und unberechenbare soziale Bewegung. Die Interessen, die die Botschaft, das Militär und die Geheimdienste der USA in Honduras verfolgen, zielen in erster Linie auf Stabilität und die Sicherung ihrer regionalen Hegemonie gegenüber der Emanzipation Lateinamerikas. Die Kanalisierung des demokratischen Aufbruchs nach dem Putsch in eine politische Partei im alten System dürfte ihnen als das geringste Übel erscheinen.5
Die EU hat ebenfalls Interesse an einem stabilen Neoliberalismus in Honduras. Am Jahrestag des Putsches, dem 28. Juni, wurde dieses Jahr ausgerechnet in Tegucigalpa die Endfassung des so genannten Assoziierungsabkommens EU-Zentralamerika von den zentralamerikanischen Staatschefs unterschrieben. Gewinner des Abkommens dürften europäische Konzerne und die honduranische Elite sein. In einem Interview mit den Journalist_innen Kathrin Zeiske und Øle Schmidt äußerte Ex-Präsident Zelaya:
„Europa hat die Menschenrechte vergessen. Die Demokratie in Honduras war ihnen nicht viel wert, als es darum ging, Handelsverträge zu zeichnen. Sie zwingen unsere Bauern mit subventionierten Agrarprodukten aus Europa und den USA in die Knie. So bleiben wir in all diesen Dingen immer eine Kolonie. Europa ist die Wiege der Demokratie, die dortigen Regierungen sollten deswegen die Menschenrechte auch im Rest der Welt nachhaltig stärken. Im Diskurs tun sie dies, doch faktisch stehen Außenhandel und Ressourcensicherung an erster Stelle.“ 6
Das EU-Entwicklungsprogramm Proyecto de Apoyo al Sector de Seguridad (PASS) läuft indessen weiter. Das Programm unterstützt den honduranischen Sicherheitsapparat, der nachweislich in dem internationalen Drogenhandel und in die Durchführung des Putsches 2009 verwickelt ist, mit Geldmitteln und Ausbildung.
Zentraler Konfliktpunkt: der Zugang zu Land
Unterdessen finden im Land weiterhin zahlreiche soziale Kämpfe statt: Der schärfste und gewalttätigste Konflikt im Land sind seit dem Putsch die Landkämpfe im Aguan-Tal. Die Situation hier hat sich im Jahr 2012 kaum verändert und ist nach wie vor weit entfernt von einer Lösung. Die Zahl der organisierten Kleinbauern seit dem Putsch stieg um mindestens 14 auf über 60 Personen an. Die in verschiedenen lokalen Vereinigungen organisierten Kleinbauern und -bäuerinnen kämpfen um Landtitel, die ihnen während einer Landreform in den 1980er Jahren zugesprochen wurden, die sie aber im Laufe der Zeit durch Druck, Armut oder illegale Aneignung wieder an die Palmölmagnaten Morales, Facussé und Carnales abgeben mussten. Während die Bauern und Bäuerinnen unter dem geputschten Präsident Zelaya einer Verhandlungslösung näher gekommen waren, reagierte der amtierende Präsident Lobo mit einer Rücknahme der Reformen Zelayas und der Militarisierung der Region im Rahmen der Operation „Xatruch II“. Die Bauern und Bäuerinnen kämpfen seither ums Überleben. Neben bisher ergebnislosen Gerichtsprozessen und Verhandlungen mit dem nationalen Agrarinstitut (INA) führen sie Demonstrationen und Landbesetzungen durch. Hierbei sind sie mit dreierlei Kräften der Repression konfrontiert: Die Polizei löst Demonstrationen gewaltsam auf, Militär und Polizei beenden Landbesetzungen, das Militär führt Straßensperren und Einschüchterungen durch, die paramilitärischen privaten Sicherheitskräfte der Großgrundbesitzer begehen Morde und Brandstiftungen, lassen Führer der Kleinbauernorganisationen verschwinden, die in fast allen Fällen straffrei bleiben. Ende Mai waren Beobachter des UNO-Hochkommissariats für Menschenrechte, der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) und der Europäischen Union bei einer Anhörung verschiedener Nichtregierungsorganisationen in Bajo Aguan zugegen. Sie konstatierten vorherrschende Straflosigkeit und den mangelnden Willen der Regierung zu einer politischen Lösung des Konfliktes in Bajo Aguan. Solange die Regierung nicht gewillt ist, den berechtigten Landforderungen der Bauern und -bäuerinnen nachzukommen, werden die Menschenrechtsverletzungen kein Ende nehmen.
Straßenkontrolle in der Landkonflikt-Region Bajo Aguan
Mit vereinten Kräften und Unterstützung von honduranischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen richteten die Kleinbauern und -bäuerinnen des Aguán-Tals ein Menschenrechtszentrum ein, das Observatorio Permanente de Derechos Humanos del Aguan (OPDH), das im Februar seine Arbeit aufnahm. Internationale Aufmerksamkeit, so die Einschätzung von dessen Mitarbeiter Wilfredo Paz, ist für den Fortgang des Konflikts von entscheidender Bedeutung: Auch er erhält häufig Morddrohungen per SMS.
In diesem Konflikt stehen nicht nur organisierte Kleinbauern und -bäuerinnen einer Handvoll schwerreicher Großgrundbesitzer mit Privatarmeen gegenüber. Es ist auch der Konflikt zweier Entwicklungsmodelle: Die kleinbäuerliche Landwirtschaft mit ihrem Ideal einer regionalen Ernährungssouveränität auf der einen und industrielle Monokulturen für die Weltmarktproduktion auf der anderen Seite. Hier decken sich die Interessen der Regierungen von USA, EU und Honduras an einem neoliberalen Wirtschaftsmodell mit denen der Großgrundbesitzer. Diese Konstellation macht es umso dringender, Solidaritätsarbeit auf zivilgesellschaftlicher Ebene mit den Kleinbauern und -bäuerinnen zu leisten.
Aktivist_innen von OFRANEH erwirken Landvermessung in Vallecito
Ähnlich gelagert ist die Situation der Garifuna, einer afro-karibischen Ethnie, deren Gemeinden sich traditionell an der Karibikküste von Belize, Guatemala und Honduras befinden. Die Bedrohung geht hier von Tourismusprojekten, internationalem Drogenhandel, Vernachlässigung durch die staatlichen Institutionen und Landraub durch Großgrundbesitzer aus. Sie haben daher die Organisation OFRANEH gegründet, die die kulturelle Identität der Garifuna verteidigt und für deren Leben in Würde eintritt. Nach dem Putsch gehörte OFRANEH zu den bedeutenden Organisationen der Widerstandsbewegung. Sie betreibt unter anderem fünf lokale Radiosender. Die Organisation erreichte, dass die Behörden ein illegal enteignetes Grundstück der Garifunagemeinde Vallecito der Nutzung des Großgrundbesitzers Villalobos entzogen. Eine von OFRANEH ausgerufene internationale Unterstützungskampagne hatte bewirkt, dass Präsident Lobo den Fall zur Chefsache erklärte. OFRANEH plant nun, auf dem Gelände die erste Garifuna-Universität zu errichten.
Sendestudio von Radio Waruguma, einer der fünf Sender von OFRANEH
Ungerechte Landverteilung ist ein Dauerkonflikt in vielen Landesteilen. Am 17. April, dem internationalen Tag des kleinbäuerlichen Widerstands, besetzten 13 Campesino-Organisationen in fünf Departements des Landes Ländereien, die Großgrundbesitzer ihnen nach der Landreform der 80er Jahre wieder abgenommen hatten.
Eine Schlüsselrolle in diesen Auseinandersetzungen spielt das nationale Agrarinstitut INA. Dessen Direktor Cesar Ham, ursprünglich ein linker Sozialdemokrat, war von der Regierung Lobo ins Amt berufen worden, um dessen Post-Putsch-Regierung zu größerer Glaubwürdigkeit zu verhelfen. In dieser Funktion sitzt Ham nun zwischen den Stühlen: Dort wo er Erfolge für die Kleinbauern und -bäuerinnen erzielt, zieht er sich die Feindschaft der Hintermänner seiner Regierung zu. Im September eröffnete ihm Präsident Lobo, dass er ihn vor einem drohenden Attentat nicht mehr schützen könne.
„Modellstädte“: Neokoloniales Investitionsprojekt gescheitert
Einen Konflikt, der ebenfalls die Bedrohung von Kleinbauern und -bäuerinnen zum Gegenstand hatte, konnte die Bewegung im Oktober 2012 für sich entscheiden: Das Projekt so genannter „Charter Cities“ wurde für verfassungswidrig erklärt. Es handelt sich hierbei um ein Vorhaben des US-Ökonomen Paul Romer, der mit Einwilligung der honduranischen Regierung ein oder mehrere Gebiete in Honduras ausländischen Investoren als privates Staatsgebiet zur Verfügung stellen wollte. Ein internationales Konsortium hätte hier die Regierung geführt und nach dessen Bedarf Gesetze erlassen und Arbeitskräfte aus Honduras rekrutiert. Nach Querelen mit den nationalen Behörden trat Romer jedoch vom Vorsitz des Planungsgremiums zurück. Währenddessen protestierten die Kleinbauern und -bäuerinnen aus den betroffenen Gebieten. Personen aus der Widerstandsbewegung reichten ca. 70 Verfassungsklagen ein. Sie sehen darin einen klaren Verfassungsbruch und den Ausverkauf der nationalen Souveränität. Überraschenderweise wurde den Klagen vom Obersten Gerichtshof stattgegeben. Regierung und Investoren erklärten das Projekt für gescheitert.
LGBT-Community geht trotz schwerer politischer Gewalt in die Politik
Eine Bevölkerungsgruppe, die ständigen Bedrohungen und Angriffen ausgesetzt ist, ist die LGBT-Community. Lesben, Schwule und Transgender hatten sich ab dem ersten Tag der Widerstandsbewegung gegen den Putsch im Jahr 2009 angeschlossen und haben innerhalb der breiten und heterogenen Bewegung große Anerkennung und Sichtbarkeit erkämpft. Andererseits waren sie mit am stärksten von Repression und Gewalt betroffen. Diese Ambivalenz zeigt sich auch in den Ereignissen des Jahres 2012: Am 22. April wurde innerhalb der Partei LIBRE der Runde Tisch für Sexuelle Vielfalt (Mesa de la Diversidad en la que personas de la Comunidad Lésbico, Gay, Travesti, Transexual, Bisexual e Intersexual (LGTTBI)) gegründet und der schwule Aktivist Erick Martínez Ávila wurde für eine Kandidatur als Abgeordneter nominiert. Nur wenige Tage später – Anfang Mai – wurde Martínez Ávila ermordet an einer Ausfallstraße von Tegucigalpa aufgefunden, nachdem er zwei Tage lang vermisst worden war. Der LGBT-Aktivist Fernando Reyes schrieb uns damals: „Sie haben uns wieder einen Jugendlichen geraubt, der so vielversprechend war. Wir sind empört und voll tiefem Schmerz!“
Am 5. Juli 2012 ist der prominente LGBT-Menschenrechtler Donny Reyes mehrfach von einem bewaffneten Mann auf einem Motorrad bedroht worden. Ungeachtet entsprechender Anordnungen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission stellten die Behörden Donny Reyes keinerlei Schutzmaßnahmen zur Verfügung. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission hatte 2009 schon einmal Schutzmaßnahmen für Donny Reyes angeordnet. Die Behörden kamen damals den Anordnungen nicht nach und setzten Donny Reyes somit einer großen Gefahr aus. Seine Anfrage, man möge ihm Leibwächter zur Verfügung stellen, wurde damals aufgrund mangelnder Ressourcen abgelehnt.
Erick Vidal Martinez, der als Stellvertreter des ermordeten Martínez Ávila kandidieren sollte, hat nun dessen Kandidatur übernommen. Er ist somit der zweite offen schwule Kandidat für eine Abgeordnetenwahl in Honduras. Erstmals wird auch eine Trans-Frau im November 2013 kandidieren: Claudia Spellman kandidiert als Abgeordnete für das Departement Cortés. Wie progressiv diese Kandidaturen sind und wie sehr sie gegen gesellschaftliche Feindbilder ankämpfen müssen, zeigt sich an dem Kommentar, den der honduranische Journalist Eduardo Maldonado in einem landesweit ausgestrahlten Programm bezüglich der Kandidatur Spellmans machte. Er verglich die Tatsache, dass Spellman mit einem männlichen Namen auf dem Wahlzettel stehe, aber ein weibliches Gesicht habe, mit der Möglichkeit anderer Kandidaten, das „Bild eines Hundes, eines Huhns, Schweins oder Esels“ auf dem Wahlzettel zu zeigen.
Indigene Kämpfe mit weitreichender Perspektive
Eine weitere Partnerorganisation des Ökumenischen Büros, die Indigenen-Organisation COPINH (Consejo Cívico de Organizaciones Populares e Indígenas de Honduras) im südwestlichen Hochland, hatte im Jahr 2012 ebenfalls mindestens zwei politische Morde zu beklagen. Die bei COPINH organisierten Lenca-Indigenen engagieren sich gegen den Bau von Staudämmen in ihren Siedlungsgebieten, kämpfen um ihr Recht auf Land und für Ernährungssouveränität und wehren sich gegen Landraub für Projekte der Green Economy. Für ihre gewaltfreien Aktivitäten für die Rechte von Indigene und Kleinbauern und -bäuerinnen erhielt die Direktorin von COPINH, Berta Cáceres, im Juni des Jahres den Eichstätter Shalom-Menschenrechtspreis. Innerhalb der Demokratiebewegung ist COPINH wie auch OFRANEH profiliertes Mitglied des Espacio Refundacional. AktivistInnen von COPINH sind landesweit unterwegs, um Betroffene zu beraten, die sich in ähnlichen Auseinandersetzungen um Staudämme und Landraub befinden. In ihrer Region im südwestlichen Hochland unterhält die Organisation zwei unabhängige Radiosender, die den Kern der freien Basisradiobewegung in Honduras bilden.
Die alte „Ordnung“ wird sich in Honduras nicht wieder herstellen lassen. Das System bewegt sich an der Grenze zum failed state und lässt sich nur noch mit politischer Gewalt aufrecht erhalten. Am 7. Dezember 2012 bezichtigte Präsident Lobo den Oligarchen und Medienunternehmer Jorge Canahuati, Vorbereitungen für einen Putsch gegen ihn zu treffen. Canahuati war bereits am Putsch gegen Zelaya beteiligt. Lobo hatte sich für eine Säuberung der Polizei von der Organisierten Kriminalität stark gemacht.
Welche Mittel die Eliten noch einsetzen werden, um ihre Macht zu verteidigen, ist nicht abzusehen. Die Regierungen der EU werden erfahrungsgemäß wegschauen, solange es geht. Das Assoziierungsabkommen ist ihnen wichtiger.
Auf den Zustand permanenter Straflosigkeit und der Illegitimität staatlicher Institutionen reagieren unsere Partnerorganisationen mit einer Intensivierung der Menschenrechtsarbeit. Internationale Präsenz ist im Wahljahr 2013 wichtiger denn je, denn je gefährlicher die Kräfte werden, die für ein neues Honduras kämpfen, desto gefährdeter sind sie.
Aktivitäten des Ökumenischen Büros zu Honduras
Die Demokratiebewegung in Honduras hat einen großen Bedarf an Solidaritätsarbeit. Gemessen an den Solidaritäts-Netzwerken etwa zu Chile, Nicaragua und El Salvador in den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der aktiven Gruppen zu Honduras im deutschsprachigen Raum relativ klein geblieben. Die Aufgaben sind jedoch vergleichbar: Den Aktiven in der honduranischen resistencia dient der Kontakt nach Europa als Schutz vor Menschenrechtsverletzungen, aber auch als motivierender Impuls, mit ihrem Kampf nicht alleine zu sein. Sie bitten in Gesprächen um konkrete Menschenrechtsarbeit zu einzelnen Fällen und um die Erhöhung der internationalen Sichtbarkeit der Demokratiebewegung. Unsere Partnerorganisationen in Honduras bitten auch um physische Präsenz der internationalen Gemeinschaft, und nicht zuletzt um Unterstützung bei der Finanzierung ihrer Arbeit.
„So viel wie gebraucht würde, schaffen wir nicht“ – Hauptamtliche Arbeit und Überregionaler Arbeitskreis „Honduras-Delegation“
All dem versuchen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten gerecht zu werden. Auf Beschluss des Plenums widmen unsere Referent_innen für El Salvador und Nicaragua einen Teil ihrer Arbeitszeit der Solidarität mit der Demokratiebewegung in Honduras.
Neben der Arbeit der Münchner Haupt- und Ehrenamtlichen stützen wir uns besonders auf die überregionale Arbeitsgruppe „Honduras-Delegation“. Diese ist aus der vom Ökumenischen Büro initiierten Honduras-Delegation 2010 hervorgegangen und hat seither, verteilt über mehrere Länder und verschiedene deutsche Städte, einen wesentlichen Teil der Solidaritätsaktivitäten zu Honduras im deutschsprachigen Raum geleistet. Unsere beiden hauptamtlichen Mitarbeiter_innen Eva Bahl und Andrés Schmidt sind Mitglied dieser Gruppe.
Journalist_innen-Delegation Honduras 2012
Die Journalist_innen-Delegation war unsere zentrale Aktivität zu Honduras im Jahr 2012. Das Projekt ist aus gemeinsamen Überlegungen honduranischer und europäischer Aktivist_innen entstanden und wahrscheinlich das erste seiner Art.
Homepage der Honduras-Delegation
Hintergrund
In Honduras existiert ein Netzwerk von etwa 15 freien Regional- und Lokalradios. Wie die Koordinatorin der Projekt-Partnerorganisation COFADEH, Bertha Oliva, betont, spielen diese Radios als Mittel einer unabhängigen Kommunikation eine fundamentale Rolle. Besonders in einer Gesellschaft, in der die Medien sich in der Hand weniger Eigentümer befinden, die deren politischen Diskurs vorgeben, seien die Meinungsfreiheit und das Recht auf Information ein fundamentales Thema für die Verteidigung der Menschenrechte.
Von den Mitarbeiter_innen der kommunitären Radios erfuhren wir bei Besuchen in den Jahren 2010 und 2011 von den Schwierigkeiten, eine Sendeerlaubnis zu erhalten, von Sabotageakten gegen die technische Ausstattung sowie von persönlichen Bedrohungen und Attentaten gegen die Radioaktivist_innen selbst.
Konzept
Nachdem uns Vertreter_innen der FNRP und von Menschenrechtsorganisationen wiederholt um die Präsenz von Journalist_innen gebeten hatten, beschloss die Honduras-Delegation, ein Projekt aus der Taufe zu heben, das folgendes leisten sollte:
• Schutz der Radioaktivist_innen durch internationale Präsenz
• Austausch über journalistische Praxis durch die Zusammenarbeit deutscher und österreichischer Journalist_innen mit den Radiomacher_innen vor Ort
• Verbreitung von Informationen über die Situation in Honduras in deutschsprachigen Medien
• Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Medien in Honduras, Deutschland und Österreich.
Teilnehmer_innen der Journalist_innendelegation 2012 mit honduranischen Radioaktivist_innen bei einem gemeinsamen Seminar in Tegucigalpa.
Koordinatorin des Projekts war Kirstin Büttner, Mitglied der Honduras-Delegation aus Berlin. Das Ökumenische Büro fungierte als Trägerorganisation und offizieller Ansprechpartner. Eine Gruppe von sechs Journalist_innen aus Deutschland und Österreich verbrachte im Sommer 2012 etwa zwei Monate in Honduras. Zwei Teams begleiteten die Radioprojekte der Indigenen-Organisation COPINH im südwestlichen Hochland und der Garifuna-Organisation OFRANEH an der Karibikküste.
Vorbereitung
Die Teilnehmer_innen wurden in einem Vorbereitungsworkshop am 20.-22. April in Berlin auf ihren Einsatz vorbereitet. Um der Doppelrolle der Teilnehmenden als Journalist_innen und Menschenrechtsbeobachter_innen gerecht zu werden, wurden Kenntnisse vermittelt über die allgemeine Situation in Honduras, das Verhalten in Konfliktsituationen und über journalistische Praxis in konfliktiven Regionen. Wir konnten dafür Referentinnen aus der Honduras-Delegation, von CAREA e.V. und von Reporter ohne Grenzen gewinnen.
Beim Vorbereitungsseminar mit der Journalistin Kathrin Zeiske
Die Gruppe richtete ein Unterstützungsnetzwerk für Notfälle ein, an dem sich unter anderen die Bundestagsabgeordneten Thilo Hoppe, Heike Hänsel und Tom Koenigs sowie die Europaabgeordnete Ska Keller beteiligten.
Im Rahmen eines Workshops beim BUKO-Kongress in Erfurt im Mai stellte unser Referent Andrés Schmidt das Projekt vor und diskutierte mit den Teilnehmenden über dessen Möglichkeiten und Gefahren.
Durchführung
Projektpartner in Honduras waren die Menschenrechtsorganisation COFADEH, die Indigenen-Organisation COPINH und die Garifuna-Organisation OFRANEH. Bei COFADEH in Tegucigalpa erhielten die TeilneherInnen der Delegation ein vertiefendes Einführungseminar in die Arbeit der unabhängigen Journalist_innen in Honduras sowie ihre Rolle als Menschenrechts-beobachter_innen. Das Seminar schloss mit einer Pressekonferenz in der deutschen Botschaft.
Von Ende Juni bis Anfang September begleiteten die Journalist_innen die Organisationen COPINH und OFRANEH bei ihrer Arbeit. Dabei arbeiteten sie mit den Radiosendern der Organisationen zusammen und begleiteten diese auch bei Reisen. Etwa nach El Salvador, wo sich ein Netzwerk zur Aufnahme politischer Flüchtlinge aus Honduras im Aufbau befindet, oder in die Urwaldregion Mosquitia zu einem nationalen Treffen indigener Organisationen. Die Berichte der Delegation sind auf der Homepage der Honduras-Delegation in 18 Einzelreportagen dokumentiert.7
Im Sendestudio von Radio La Voz de Zacate Grande
Am Ende der Reise begleiteten zwei der Teilnehmer_innen eine Mobilisierung von OFRANEH zur Wiederaneignung eines Landstücks, dass der dort ansässigen Garifuna-Gemeinde von der Großgrundbesitzerfamilie Reynaldo Villalobos unrechtmäßig abgenommen worden war. OFRANEH rief das staatliche Agrarinstitut INA auf, dafür zu sorgen, der Gemeinde ihr Land, für das sie einen offiziellen Besitztitel innehat, wieder zugänglich zu machen. Als die Techniker der Behörde angesichts der schweren Bewaffnung des Sicherheitsdienstes von Villalobos zögerlich wurden, iniitierte OFRANEH eine internationale Protestkampagne, an der sich das Ökumenische Büro beteiligte. Eine Woche lang wurden unzählige Schreiben und Anrufe an die zuständigen Stellen in Honduras gerichtet, bis das INA die Neuvermessung des Landes mit bewaffneter Unterstützung tatsächlich durchführte und einen Räumungstitel gegen die Familie Villalobos beantragte.
Weiterführende Arbeit
Die Delegation veröffentlichte Berichte und Reportagen in zahlreichen deutschsprachigen Medien, darunter MENSCHEN-MACHEN-MEDIEN (Ver.di), Neues Deutschland, Magazin für Menschenrechte, Weltsichten, Radio Onda, Amerika21.de, Lateinamerika Nachrichten, Lateinamerika Anders.
Mit öffentlichen Veranstaltungen macht die Delegation ihre Ergebnisse publik. So führte die Delegation am 20. November im Berliner taz-Café eine Veranstaltung über den gefährlichen Arbeitsalltag honduranischer Journalist_innen durch. Gastreferent war der honduranische Journalist Felix Molina.
Der Radiojournalist Felix Molina: "Ohne Meinungsfreiheit ist kein Dialog möglich"
Auf Einladung der Ellwanger Ortsgruppe von amnesty international berichtete unser Honduras-Referent am 13. November über die Situation der an der honduranischen Karibikküste beheimateten Garifuna-Ethnie und deren Kampf um ein würdevolles Leben und ihre kulturelle Identität. Grundlage seines Vortrags waren die Erfahrungen des bei OFRANEH eingesetzten Teams des Journalist_innenprojekts.
Durch Spendenaufrufe und Stiftungsanträge unterstützt die Journalist_innen-Delegation die Radiosender von COPINH und OFRANEH auch finanziell.
In einem Auswertungsgespräch äußerten unsere Gastgeber_innen von COPINH, es sei von besonderer Bedeutung, dass die Dynamik und politische Rolle von COPINH und die weltweite Bedeutung des Einsatzes für indigene Rechte gut verstanden wird. Ausdrücklich wiesen sie auf den Bedarf an weiterer internationaler Präsenz hin und luden kompetente internationale Freiwillige zur Mitarbeit ein. Bei Journalist_innen seien Recherchen und Lobbyarbeit bei den Regierungen der Herkunftsländer und bei der EU wichtig. Bedarf bestehe auch an der Verbesserung der Kommunikationsstrukturen von COPINH mit der internationalen Zivilgesellschaft, an Fähigkeiten in Videoproduktion und künstlerischen Kompetenzen.
Veranstaltungen mit Fernando Reyes und Präsentationen seines Films „En mis Tacones – Auf meinen Highheels“
Von Anfang Juni bis Ende August war der LGBT-Aktivist, Künstler und Filmemacher Fernando Reyes auf Einladung der Filmemacherin Doris Dörrie zu Gast in München. In Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Büro führte er in der Stadt und bundesweit zahlreiche Veranstaltungen durch, bei denen er über die gefährdete Situation von LGBT-Aktivist_innen in Honduras berichtete und für Solidarität warb.
Er präsentierte seinen Film „En mis Tacones“ u.a. in Hamburg beim SexArbeitFilmFest, im Rahmen einer queeren Vorlesungsreihe an der Universität Frankfurt, in Wendland beim „Rebellischen Zusammentreffen“, in München beim Wohn- und Kulturprojekt „Stattpark OLGA“, in der Kneipe „Balan“ und an der Hochschule für Film und Fernsehen. Weitere Veranstaltungen fanden in Kooperation mit dem Ladyfest Leipzig und dem queeren Bündnis Walter Tróchez in Berlin statt.
Fernando Reyes und Mitarbeiterinnen des Öku-Büro bei einer Veranstaltung im Münchner Kultur- und Wohnprojekt Stattpark OLGA
Eine weitere Filmvorführung fand bereits im Februar im Queerkafe in München statt. Bei dieser Veranstaltung übernahm Eva Bahl vom Ökumenischen Büro die thematische Einführung und stand nach dem Film für Fragen zur Verfügung.
In Folge der Veranstaltung von Fernando Reyes und Eva Bahl in der Queeren Vorlesungsreihe an der Frankfurter Universität erschienen Artikel über LGBT-Kämpfe in Honduras in der Asta-Zeitung der Uni Frankfurt und in der Zeitung Queerulant_in des Schwulenreferates der Uni Gießen.
Bertha Cáceres, Direktorin von COPINH, zu Gast in Europa
Verleihung des Eichstätter Shalompreis an Berta Cáceres
Am 16. Juni nahm Bertha Cáceres Flores von der Indigenen-Organisation COPINH den Shalompreis 2012 in der Residenz in Eichstätt entgegen. Der Menschenrechtspreis wird vom AK Shalom der Katholischen Unversität Eichstätt vergeben und ist mit 18.500 Euro einer der höchstdotierten Menschenrechtspreise in Deutschland. Die Honduras-Delegation hatte Cáceres bei einer Reise nach Honduras porträtiert und für den Preis vorgeschlagen. Anlässlich der Preisverleihung organisierte die Gruppe eine Veranstaltungsrundreise mit mit ihr durch Italien, Österreich und Deutschland.
Veranstaltung mit Berta Cáceres in München
Am 18. Juni referierte Berta Cáceres im EineWeltHaus München über den Widerstand von COPINH gegen Projekte der Green Economy. Was hierzulande als eine vielversprechende Option im Kampf gegen den Klimawandel diskutiert wird, bei der sogar die Länder des Südens verdienen könnten, ist für die indigenen Gemeinden eine neue Form von Kolonisierung: In Honduras wehren sich hunderte betroffene Gemeinden gegen den Bau von Staudämmen und Projekte des internationalen Klimaschutzes wie REDD („Verringerung von Emissionen aus Entwaldung und zerstörerischer Waldnutzung“) und CDM („Kreditvergabe-Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung“). Denn diese Projekte des internationalen CO2-Handels bedeuten für sie Vertreibung, Repression und Verlust ihrer Lebensgrundlagen. Ihre Gegner_innen sind, wie so oft, die Nachfolgeregierung des Militärputsches 2009 sowie nationale und internationale Konzerne.
Das Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit organisierte die Veranstaltung gemeinsam mit dem Lateinamerika Arbeitskreis des Nord-Süd-Forum München und dem Umweltinstitut München e.V.
Rundreise von Berta Cáceres zu den Folgen der Green Economy und zum Assoziierungsabkommen
Cáceres´ Rundreise endete mit einem Aufenthalt in Berlin, bei dem sich im Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel der Vorschlag entwickelte, 2013 ein öffentliches Hearing einzuberufen (vor dem Europaparlament, oder auch im Entwicklungspolitischen Ausschuss des Bundestags) zu dem Vertreter_innen aus den zentralamerikanischen Ländern eingeladen werden könnten, um in Form aus erster Hand über die Auswirkungen der Green Economy-Projekte REDD und CDM in ihren Regionen berichten zu können.
Auf einer öffentlichen Veranstaltung im Berliner Haus der Demokratie sprach Cáceres über den Zusammenhang von Menschenrechtsverletzungen und dem geplanten Assoziierungsabkomnen EU-Zentralamerika. Zu Details und Auswirkungen des Abkommens hielt unser Mitarbeiter Andrés Schmidt ein Koreferat.
ILA-Ausgabe mit Schwerpunkt Honduras
Knapp ein Jahr nach Erscheinen unserer Honduras-Broschüre „Wir waren unsichtbar“ lud das Bonner Lateinamerika-Magazin ila die Honduras-Delegation dazu ein, ein Schwerpunkt-Heft mit neuen Informationen zu Honduras zu gestalten. Die Februar-Ausgabe 2012 enthält Artikel von Mitgliedern der Honduras-Delegation zu Landwirtschaft, Menschenrechtsarbeit, Journalismus, indigenem Widerstand und dem Landkonflikt in Bajo Aguan. Daneben gibt es Beiträge von Persönlichkeiten aus der honduranischen Demokratiebewegung: Zu Wort kommen der Gewerkschaftsführer Carlos H. Reyes, die feministische Sängerin Karla Lara, der Historiker Edgar Soriano und der Filmemacher Fernando Reyes. Ex-Präsident Manuel Zelaya wirft im Interview mit Kathrin Zeiske und Øle Schmidt der Europäischen Union einen Verrat an Demokratie und Menschenrechten vor: Zugunsten eines schnellen Abschlusses des Assoziierungsabkommens EU-Zentralamerika ignoriere sie die Menschenrechtsverletzungen des Regimes in Honduras.
Die komplette Auflage des Heftes war nach vier Wochen vergriffen, sodass das Heft nachgedruckt werden musste.
Menschenrechtsbeobachtung in Honduras
Seit dem Putsch betonen unsere Partnerorganisationen die Wichtigkeit internationaler Präsenz in den konfliktiven Gebieten des Landes. Im Verlauf unserer Besuche stellten wir fest, dass die punktuellen Besuche von Delegationsreisen zwar große Aufmerksamkeit erregen, aber in vielen Fällen eine permanente Präsenz von internationalen Beobachter_innen die wirksamere Maßnahme wäre. Wir arbeiten seither daran, mit Organisationen in Nordamerika, Europa und Honduras eine Infrastruktur für Ausbildung und Einsatz von Menschenrechtsbeobachter_innen aufzubauen. Bei einem Gespräch im Rahmen ihrer Europa-Rundreise äußerte die Direktorin von COPINH, Berta Cáceres, die Einschätzung, dass die Menschenrechtsverletzungen bis zur Wahl im November 2013 noch gravierender werden dürften, weil die Umfragewerte der Partei LIBRE die alten Eliten in Bedrängnis brächten. Auch wenn COPINH als Mitglied des Bündnisses Espacio Refundacional der Partei kritisch gegenüber steht, empfahl sie die Organisation einer Wahlbeobachtung, da im Zusammenhang mit den Wahlen die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen zu befürchten seien (Siehe Seite 35 Die Bewegung wird gefährlich). Ähnliche Einschätzungen äußerten die Teilnehmer_innen des Journalist_innenprojekts 2012 nach Gesprächen mit Organisationen vor Ort.
Aufgabe des Ökumenischen Büros und der Honduras-Delegation im Jahr 2013 wird der Aufbau einer Infrastruktur für Menschenrechtsbeobachtung (MRB) und Wahlbeobachtung sein, wobei die MRB als Langzeitprojekt nach dem Vorbild der Arbeit von CAREA e.V. in Chiapas und Guatemala angelegt ist.
Öffentlichkeitsarbeit zu Honduras
Es ist ein Anliegen der Honduras-Delegation, alle sich bietenden Möglichkeiten zu nutzen, die Situation in Honduras bekannt zu machen und für Solidarität mit der Demokratiebewegung zu werben. Aktive aus dem Ökumenischen Büro waren beteiligt an den folgenden Aktivitäten:
Lateinamerika Woche Nürnberg
Die Organisatoren der Veranstaltungswoche im Januar präsentierten unsere Fotoausstellung „Gegen die Unsichtbarkeit“ in der Gaststätte des Kulturzentrums Villa Leon. Dort hielt am 26. Januar unser Referent für Honduras einen Vortrag über den Zusammenhang zwischen Menschenrechtsverletzungen und der Durchsetzung des neoliberalen Wirtschaftsmodells. Ein Drittel der während der Veranstaltungsreihe gesammelten Spenden ließen die Veranstalter_innen aufgrund der Vermittlung des Öku-Büros den Kleinbauernorganisationen in Bajo Aguan zukommen.
Workshop bei STUBE Bayern
Am 24.-26. Februar organsierte die evangelische Studienbegleitung für migrantische Studierende das Wochenendseminar „Zivilgesellschaft und Demokratie - welche Konzepte passen für die Länder des Südens?“ Unser Referent führte mit den ca. 30 internationalen Teilnehmer_innen einen ganztägigen Workshop durch. Gemeinsam wurden die Entstehung und Rolle einer Zivilgesellschaft am Beispiel der honduranischen Demokratiebewegung nach dem Putsch 2009 herausgearbeitet. Die Teilnehmer_innen verglichen dieses positive Beispiel mit den Verhältnissen in ihren Herkunftsländern und in Deutschland.
Vortrag in Solothurn zur Menschenrechtslage
Am 2. Juni hielt Andrés Schmidt auf Einladung der Schweizer Menschenrechtsorganisation Peacewatch einen Bildvortrag zur Menschenrechtssituation in Honduras nach dem Putsch. Anlass war die Jahreskonferenz der Organisation, auf der die Teilnehmer_innen sich für eine Ausweitung von deren Arbeit auf das zentralamerikanische Land entschieden hatten.
Präsentation der Fotoausstellung „Gegen die Unsichtbarkeit“
Die 30-teilige Ausstellung mit hochwertigen Bildern honduranischer und deutscher Fotograf_innen bietet Informationen zur Geschichte des Landes seit dem Putsch und zur Lage in den Konfliktregionen. Im Jahr 2012 wurde die Ausstellung in den Städten Nürnberg, Hamburg, Heidelberg, Graz und Eichstätt gezeigt.
Radiobeitrag aus dem Öku-Büro
Tyna Baginsky von Radio Lora München produzierte auf Grundlage eines Interviews mit unserem Mitarbeiter Andrés Schmidt ein halbstündiges Radiofeature über das (nun gescheiterte) Projekt der Modellstädte in Honduras. Der Beitrag wurde auf Radio Lora und auf ColoRadio Dresden gesendet.
http://www.freie-radios.net/51802
1 http://www.unodc.org/unodc/en/data-and-analysis/homicide.html
2 http://www.newsinamerica.com/pgint.php?id=20114
3 http://hondurasdelegation.blogspot.de/2012/07/von-der-journalistinnen-delegation-2012_09.html
4 http://www.latribuna.hn/2012/10/05/develan-plan-para-matar-a-3-ministros/
5 http://amerika21.de/analyse/52096/libre-honduras
6 http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/hoffnungslos-aus-der-art-geschlagen
7 http://www.hondurasdelegation.blogspot.de/search/label/JournalistInnen