Mit einer Unterschrift wird alles gut

Von Gabi Fischer

In der politischen Diskussion um mögliche Wege zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen vor allem in der "Dritten Welt" spielen zwischen transnational operierenden Unternehmen und ArbeiterInnen bzw. derer VertreterInnen unterschriebene Abkommen und Verhaltenskodizes eine sehr wichtige Rolle. Dabei gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte: Der Ethik-Code des Red (Zentralamerikanisches Netzwerk der Frauen in Solidarität mit den Arbeiterinnen in den Maquilas) (siehe S. ???) hat zwei Ziele: die Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie Mobilisierung und Sensibilierung nicht nur der Arbeiterinnen, sondern auch der Bevölkerung. Der Code soll von den einzelnen BetreiberInnen der Fabriken unterschrieben werden, die Kontrolle übernehmen im besten Fall die Arbeiterinnen selbst, mit nationaler und internationaler Unterstützung.

Die Kampagnen aus dem Norden setzen mit ihren Forderungen nach Ethikcodes dagegen auf der Ebene der Konzerne an, was die Kontrolle sehr schwierig macht.

Die bisher einzige, relativ unabhängige Kontrollinstanz eines derartigen Abkommens existiert in der Maquila "Mandarin" in El Salvador. Dort lassen die US-Textilkette GAP und die zum Otto-Versand gehörende Marke "Eddie Bauer" produzieren. Mit Hilfe einer rufschädigenden Kampagne, die ein Zusammenschluß von US-Gewerkschaften in den USA (nicht ohne Eigeninteressen) gegen GAP führte, ließ sich der Konzern dazu bringen, einen "Code of Conduct" zu unterzeichnen. Dieser Code wurde auch von den US-Gewerkschaften, dem Betreiber der Maquila und den VertreterInnen der ArbeiterInnen der Maquila unterzeichnet und gilt für die ganze Maquila und nicht nur für die Marke GAP. Zugesagt wurde ein unabhängiges Monitoring, in dem unter anderem das Menschenrechtsinstitut der salvadorianischen Jesuitenuniversität UCA teilnimmt. Bei Beanstandungen über das Nichteinhalten des Codes werden diese GAP gemeldet, und GAP gibt den Druck an den Maquila-Betreiber weiter, indem damit gedroht wird, die Aufträge zurückzuziehen. Die Öffentlichkeit soll erst dann eingeschaltet werden, wenn GAP sich zu nichts bewegen läßt. Solange das nicht der Fall ist, werden die Konflikte auf Konzernebene ausgetragen, die Gesellschaft bekommt nichts davon mit, alles ist prima. Eine politische Diskussion wird damit a priori abgewürgt.

Nach ähnlichem Muster geht die europaweite Clean-Clothes-Campaign (CCC) mit ihrer deutschen Sektion KSK (Kampagne für saubere Kleidung) vor.

Die deutsche CCC entstand im März 1995 auf Anregung der bereits seit 1990 bestehenden niederländischen Sektion der CCC. Aus den Niederlanden kam zu diesem Zeitpunkt der Aufruf an NGOs anderer europäischer Länder, eine europaweite CCC zu gründen. Im Oktober 1996 gründete sich die deutsche Sektion offiziell. Im TrägerInnenkreis der CCC-Deutschland sind mittlerweile zahlreiche namhafte NGOs wie Südwind, Christliche Initiative Romero sowie kirchliche Gruppen und Gewerkschaften vertreten. Unterstützt wird die CCC von 46 Organisationen, Schirmfrau ist Rita Süßmuth (CDU). Seit September 1998 wurde eine hauptamtliche Stelle der Kampagnenorganisation für die BRD beim DGB angesiedelt.

Die CCC sieht die Hauptverantwortung für die Ausbeutung in den Weltmarktfabriken in allen Teilen der Welt bei den international agierenden Einzelhandelskonzernen und setzt somit dort an. Mit Hilfe von Öffentlichkeitsarbeit und Protestaktionen sollen Einzelhandelskonzerne wie Otto, C&A, H&M, Quelle etc. unter Druck gesetzt werden, damit die jeweiligen Geschäftsführungen bereit sind, über die Unterzeichnung eines Codes of Conduct zu verhandeln. Diejenigen Unternehmen, die diesen Ethikcode unterzeichnen, dürfen dann das Label der CCC benutzen und sich somit auch in die Konkurrenz um die Abschöpfung des sozialen Marktsegmentes begeben.

Diese "Sozialcharta für den Handel mit Kleidung" beinhaltet acht soziale Mindeststandards, die auf ILO-Konventionen beruhen: Recht auf Organisierung und auf Kollektivverhandlungen, Verbot der Diskriminierung und Verbot der Zwangsarbeit, Einhaltung der Mindestaltersgrenze, das Recht auf angemessenen Lohn, Einhaltung höchstzulässiger Arbeitszeiten, Arbeitsschutz und Sicherheit des Beschäftigungsverhältnisses. Die Einhaltung dieser Mindeststandards soll durch eine unabhängige Kontrollinstanz überprüft werden, an deren Finanzierung sich die Einzelhandelsunternehmen beteiligen sollen.

Es fanden bereits mehrere Gespräche mit Geschäftsführern von Otto, C&A, Karstadt und Quelle statt, bei denen die Unternehmen "... die Arbeitsrechtsverletzungen, in die sie über ihren internationalen Warenbezug verwickelt sind, bedauerten" und Interesse an der Fortsetzung der Gespräche zeigten (Presseerklärung der CCC).

Es ist unbestritten, daß KonsumentInnen eine gewisse Macht haben. Die CCC suggeriert ihnen allerdings, schon allein durch den Kauf von belabelten Produkten einen Beitrag zur Verbesserung von weltwirtschaftlichen Mißständen zu leisten, da sie Produkte der Unternehmen bevorzugen, die augenscheinlich "sozial verträglich" produzieren lassen. Politisches Handeln oder das Sich-Einsetzen für Veränderung wird auf die reine Kaufentscheidung reduziert.

Doch auch die Öffentlichkeits- und Bewußtseinsarbeit der CCC bleibt fragwürdig. Bestehende Weltmarktstrukturen werden nicht in Frage gestellt. Es wird akzeptiert, daß Unternehmen sich weltweit die Rosinen an schlechten Arbeitsbedingungen und kostengünstiger Produktion herauspicken, solange sie absolute Mindeststandards einhalten. Die Förderung dieses unternehmerischen Verhaltens durch die Politik von IWF, Weltbank und damit durch die Politik der Industrienationen wird dabei so gut wie nicht nicht thematisiert. Eine grundsätzliche Kritik an der Abhängigkeit der Länder im Süden von den politischen und vor allem wirtschaftlichen Interessen der Industrienationen wird nicht geübt. Man kann sogar soweit gehen zu behaupten, daß von Kampagnen wie der CCC Weltmarktstrukturen nicht nur akzeptiert, sondern auch zementiert werden. Durch das Label wird das Verhalten der weltweit operierenden Unternehmen legitimiert und gleichzeitig ein Minimum an sozialem Zugeständnis als äußerst positive Errungenschaft dargestellt.

 

Zurück