Nachruf auf Jon Cortina, Jesuitenpater und Gründer von Pro Búsqueda

Von Beat Schmid

Hasta siempre, Jon Cortina

Weisshaarig, schlacksig, Zigarette im Mundwinkel und auch mal Kraftausdrücke brüllend. So stand er lachend im Tor in San José Las Flores, als ich Jon Cortina 1990 in der von der FMLN kontrollierten Zone in El Salvador zum ersten Mal sah. Einer aus der Gruppe der baskischen Jesuiten, die vor Jahrzehnten nach El Salvador gekommen waren und ihre Universität UCA zu einem Zentrum des kritischen Denkens und Handelns geformt hatten. Als Ingenieur leitete Cortina den Wiederaufbau der Hängebrücke über den Sumpulfluss und der Wasserleitung für das Dorf Guarjila, als Priester lebte und predigte er die Befeiungstheologie. Während der Großoffensive der FMLN 1989 wollte Jon zu seinen Gefährten nach San Salvador, aber die Leute baten ihn bei ihnen zu bleiben. "Hier bei uns bist du sicher", sagten sie ihm. Und sie hatten recht, wurden doch sechs Priester und zwei Hausangestellte von Armeeangehörigen ermordet. Jon lebte bei und mit seinen Leute, in den ländlichen Gemeinden fühlte er sich zu Hause und wurde geliebt. Als der Bischof den Dorfvorstand von Guarjila drängen wollte, das Haus von Jon für einen anderen Priester zur Verfügung zu stellen, war der lapidare Kommentar: "Jon ist einer von uns und lebt in diesem Haus so lange er will".

Nach dem Krieg setzt sich Jon unermüdlich für die Dörfer in Chalatenango ein, leitete Wiederaufbauprojekte, animierte zu Organisation und Gemeinschaftssinn. Die Pein einer Mutter, deren Kind während einer Antiguerrillaoperation von der Armee verschleppt worden war und deren Suche Jahre danach erfolglos geblieben war, animierte ihn zur Gründung der Organisation "Pro Busqueda". Dutzende von Fällen verschleppter Kinder - einige wurden in gutem Glauben auch von europäischen Eltern adoptiert - konnten aufgeklärt werden. Andere Familienangehörige, deren Kinder, Enkel, Nichten und Neffen (noch) nicht gefunden wurden, fanden einen Platz, um ihr Leid zu teilen und neue Kraft zu schöpfen.

Ende November erlitt Jon eine Hirnblutung und erlangte das Bewusstsein bis zu seinem Tod am 12. Dezember nicht wieder. Seine letzten Bilder waren seine geliebten Berge von Chalatenango und seine Leute aus Guarjila, die in Scharen nach Guatemala fuhren und ihn auf seiner letzten Reise begleiteten. "Ein Teil der Dorfseele ist von uns gegangen", schreibt der Dorfarzt. Machs gut Jon, du wirst uns fehlen.

Beat Schmid

 

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