Editorial

Das Jahr 2015 könnte sich als das Jahr erweisen, in dem sich die Kolumbienarbeit des Ökumenischen Büros konsolidiert hat. Dies ist dem großen Engagement der Ehrenamtlichen des Arbeitskreises Kolumbien zu verdanken. Neben dieser sehr erfreulichen Entwicklung gibt es aber auch ein trauriges Ereignis zu berichten. So mussten wir zum Ende des Jahres 2015, nach über 30 Jahren, den Flugdienst des Ökumenischen Büros einstellen. Wir bedanken uns bei unseren langjährigen Kund*innen1 für die Treue, mit der sie die Arbeit des Büros unterstützt haben, und hoffen, dass sie in Zukunft auch ohne den Flugdienst ihr Ziel gut erreichen.

 

Kurzer Überblick zur Länderarbeit des Ökumenischen Büros

El Salvador:

Die Parlaments- und Kommunalwahlen haben bei leichten Gewinnen von ARENA die Mehrheitsverhältnisse kaum verändert. Sowohl ARENA als auch FMLN sind im Parlament weiterhin auf die Unterstützung der Kleinen angewiesen. Nicht nur das erschwerte der FMLN das Regieren, sondern auch eine Justiz, die sich offen auf die Seite der Mächtigen stellte. Zum entscheidenden Problem entwickelt sich die zunehmende Gewalt, die sich aus verschiedendenen Quellen speist.

 

Honduras:

2015 war das Jahr der Demonstrationen zehntausender empörter Bürger*innen gegen Korruption. Sie forderten den Rücktritt des Präsidenten Juan Orlando Hernández und die Einsetzung einer internationalen Kommission gegen die Straflosigkeit. Schwerpunkt–themen des Büros blieben wie im Vorjahr die Kämpfe indigener Gemeinden für ihr Territorium. Emblematisch dafür ist die Auseinandersetzung um das Wasserkraftwerk „Agua Zarca“ auf Lenca-Gebiet unter Beteiligung des Siemens-Joint Ventures Voith Hydro. Zudem setzten wir uns weiter nachdrücklich für die Rechte der LGBTI*-Community in Honduras ein, der mit der Ermordung der Trans*Aktivistin Angy Ferreira ein schwerer Schlag versetzt worden war.

 

Kolumbien:

Im vergangenen Jahr sind die Voraussetzungen dafür geschaffen worden, dass 2016 ein Friedensabkommen zwischen der Regierung und der Guerillaorganisation FARC unterzeichnet werden kann. Nachdem auch der Beginn von Friedensgesprächen mit der zweiten Guerilla-organisation ELN für 2016 erwartet wird, rückt in Kolumbien nach 50 Jahren das Ende des bewaffneten Konfliktes in greifbare Nähe. Ob für andere Probleme, die teilweise eng mit den bewaffneten Konflikten verknüpft sind, wie der Anbau von Koka, Drogenhandel und die damit zusammenhängende Gewalt auch Lösungen gefunden werden, muss sich noch zeigen. In der Arbeit des Kolumbien AK spielten strukturelle Probleme, wie die Ausbeutung der Rohstoffe des Landes, eine wichtige Rolle.

 

Mexiko:

Das gewaltsame Verschwindenlassen von 43 Studenten aus Ayotzinapa hat im zweiten Jahr die mexikanische Politik dominiert, ohne dass Polizei und Justiz das Geringste zur Aufklärung beigetragen haben. Auch auf internationaler Ebene hat eine unabhängige Expert*innengruppe und die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte das Nichtstun der Regierung öffentlich gemacht. Es scheint so, als ob der Fall Ayotzinapa, von dem manche sich eine Wende im Bereich der Menschenrechte erhofft hatten, versickern soll wie andere zuvor. Er soll zu einem Fall in der Reihe der vielen werden, die Organisationen aus dem In- und dem Ausland immer wieder anprangern: Systematische Folter und gewaltsames Verschwindenlassen sind in Mexiko die Regel.
Durch unser Wandbildprojekt in München gelang es uns wie früher schon mit ähnlichen Projekten den Bezug zu Mexiko optisch eindrucksvoll zu verdeutlichen.

 

Nicaragua:

Zwei Themen standen im Zentrum der Arbeit des Ökumenischen Büros: die Solidaritätsreise in das Departamento Matagalpa nach Molino Sur und die Beobachtung des Projektes des interozeanischen Kanals. Die Reiseteilnehmer*innen halfen beim Bau eines kommunalen Zentrums und eines lokalen Radiosenders. Bei ihren Kontakten mit nicaraguanischen Organisationen stand das Thema Gesundheit im Vordergrund. In der Politik war 2015 der Kanal wiederum das wichtigste Thema. Obwohl es immer noch keine Gewissheit gibt, dass er wirklich gebaut werden soll, wird er auch im Jahr 2016 die politische Diskussion beherrschen.


Neben den Aktivitäten zu den Partnerländern war für uns im Ökumenischen Büro 2015 die „Mobilisierungstour für ein Gutes Leben und gegen G7“ sehr wichtig. Sie führte vom BUKO-Kongress in Münster über den Gegengipfel in München zu den Gegenaktivitäten rund um Elmau. Mit Aktivist*innen aus Kolumbien, Mexiko, Honduras, El Salvador, Elfenbeinküste und Tunesien wurden an 15 Stationen in verschiedenen Städten und im Wendland Themen wie Freihandel, Landraub, Militarisierung, Flucht und Migration diskutiert.

2015 brachte uns auch einen personellen Wechsel. Andrés Schmidt, der sich fast zehn Jahre lang als Referent für Nicaragua und dann auch Honduras ganz enorm engagiert und unsere Arbeit wesentlich mitgeprägt hat, wofür wir ihm herzlich danken, hat von der hauptamtlichen Arbeit erfolgreich in die ehrenamtliche gewechselt. Dafür hat Samuel Weber seinen Lebensschwerpunkt nach München verlagert, sich inzwischen sehr gut in unser Team eingegliedert und in die Arbeitsbereiche Nicaragua und El Salvador eingearbeitet.
Allen hauptamtlichen Mitarbeiter*innen danken wir ganz herzlich für ihren Einsatz. Das gilt auch für all die anderen, die auf unterschiedlichste Art zum Gelingen unserer Arbeit beigetragen haben: die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen sowie auch unsere treuen Spender*innen und Kund*innen des Flug- und Zugdienstes. Unser ganz besonderer Dank gilt aber den Mitarbeiter*innen des Flugdienstes für ihre hervorragende Arbeit, die bei Klaus Pinzek fast 30 Jahre gedauert hat!
Und schließlich möchten wir auch den Organisationen, die uns im Jahr 2015 finanziell unterstützt haben herzlich danken. In alphabetischer Reihenfolge waren dies: Aktion Selbstbesteuerung, Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, Engagement Global (BMZ), Katholischer Fonds, Mission Eine Welt, Kulturreferat der Landeshauptstadt München, Kurt-Eisner-Verein, Netzwerk München, Petra-Kelly-Stiftung, Stiftung Umverteilen.
All jenen, denen wir zu Dank verpflichtet sind und denen, die sich uns freundschaftlich verbunden fühlen, wünschen wir weiterhin ein erfolgreiches Jahr 2016.

 

1   Kund*innen: Die in diesem Jahresbericht verwendete so genannte „Gender Gap“ ist ein Mittel der sprachlichen Darstellung aller Geschlechter und Geschlechtsidentitäten, einschließlich jener abseits der gesellschaftlich vorherrschenden Vorstellung von Zweigeschlechtlichkeit.

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